Düsternis bricht über den Bildschirm herab. Grobkörnige, zitterige Schwarzweiß-Bilder, so ursprünglich und erschreckend, wie irreal und verstörend. Schier abschreckend. Überall Schatten, überall Unklarheiten, nirgendwo Dialog. Dann sehen wir eine in Laken gehüllte Kreatur, die von den Credits als "God Killing Himself" identifiziert wird. Dieses Wesen erbricht seine Gedärme, und schneidet seinen Leib in einer quälend langen Einstellung auf. Aus dem kaum erkennbaren Mischmasch aus Blut, Fleisch und Gott entsteht eine zweite Kreatur, diesmal "Mother Earth", die, sich den Busen haltend, durch die verstörende Umgebung läuft. Nach ihrer Reise durch erschreckende Bildhintergründe entnimmt sie dem erigierten Geschlechtsorgan eines anderen Gottes den Samen und befruchtet sich selbst. Sie gebiert "Son of Earth - Flesh on Bone", der draußen in der Wüste von Nomaden-artigen Wesen gefoltert und zerstückelt wird.
Dazu wummert ein unheilvolles Industrialbrummen, meist überlagert mit einem allgegenwärtigen Herzrhythmus-Bass, der im Laufe des Filmes immer schneller wird. In den brutalen Szenen, in denen die hermaphrodite Kreatur, die von der Frau geboren wurde, hingeschlachtet wird, hören wir sogar Vogelzwitschern. Die Bilder bleiben ein unbeantwortetes Rätsel. Die Kamera ist mal statisch, mal amateurhaft gebrochen, ein weiteres Mal wild entfesselt. Sie zoomt ohne Rücksicht auf Schärfe an die Szenerie heran, ohne dem Zuschauer überhaupt die Möglichkeit auf Orientierung oder Erleuchtung zu geben. Die Bilder sind eher wie aufziehende Gewitterwolken, in die man hinaufschaut, und grausige Fratzen erkennt - oder wie ein Rorschachtest, der keine universelle Bedeutung zu haben scheint, uns allen aber etwas mitgeben kann.
Begotten ist das Partizip Perfekt des englischen Wortes "beget", das so viel heißt wie "zeugen" oder "erzeugen". Regiedebütant E. Elias Merhige hat auf jeden Fall etwas Einzigartiges erzeugt. Ein Film voller visueller Gewalt, von buchstäblicher, wie sinnbildlicher Kraft, ein Stück Zelluloid, dessen Herkunft, schier unglaublich ist. Merhige drehte diesen Gewaltakt von Film 1989, jedoch fühlt sich "Begotten" an, als käme er direkt aus einer mittelalterlichen Hölle, und wenige Bildfetzen hätten den Weg zu uns überlebt. Ein alptraumhafter Rausch, der anscheinend keine klare Geschichte oder Aussage vermitteln möchte, sondern einen frei auslegbaren, interpretierbaren Standpunkt einhält. Einen klaren, eindeutigen Sinn hinter den sonderbaren Bildern, die von Regisseur Merhige in mühseliger Arbeit Frame für Frame nachbearbeitet, verfremdet und künstlerisch beschädigt wurden, zu finden, scheint ein sinnloses Unterfangen, und vermutlich auch nicht vom Regisseur gewollt.
"Begotten" wird als "metaphysischer Splatterstreifen" beschrieben, und ist somit definitiv nichts für den Mainstream-Filmzuschauer, sondern eher für jene Menschen, die bereits die Grenze zu dem andersartigen Film überschritten haben, und an David Lynchs "Eraserhead" und an den Werken Stan Brakhages Gefallen gefunden haben. Ein raues, ungemein innovatives Erstlingswerk, das uns einmal mehr zeigt, dass es noch so viel Neues gibt, das wir filmisch noch nicht erkundet haben. Ein filmisches Wachrütteln, ein Aufzeigen neuer Wege, neuer Ideen, neuer Filmsprachformen. Ein wichtiger Schritt nach vorne, dahin, wo noch nie ein Filmemacher zuvor gegangen ist.