Underground (1995)

DER jugoslawische Film!

„Underground“ ist eines der großen Meisterwerke der 90er - über die kaum einer redet! Erzählt wird komplett kurios, kreativ und unberechenbar zwischen Jeunet, Brooks, Lubitsch, Fellini und Klimow aus einem zerbombten, osteuropäischen Landstrich in dem sich eine Gruppe Partisanen am Ende des zweiten Weltkriegs unter der Erde verschanzt und denkt, der Krieg ginge (ewig?) weiter. Als sie u.a. in den 60ern ihr Versteck verlassen, erwartet die „Kriegsbrüder“ eine deprimierende Realität… 

Geniale Groteske

„Underground“ ist ein komplexes und größtenteils auch gegensätzliches, widersprüchliches Biest. Und ich liebe dessen Sperrigkeit! Erst recht wenn man dabei dermaßen spaßig, kinetisch, ungebremst, ungeniert und energiegeladen ist wie dieser gallige Genremix. Zu sagen, die komplette Geschichte des Balkan oder auch nur von Jugoslawien, Serbien und Co. sei hier enthalten, wäre etwas zu hoch gegriffen. Das schafft kein Film. Aber dennoch bricht „Underground“ in seinen fast drei Stunden sehr viel runter und bringt es (metaphorisch wie handfest) auf den Punkt. Das ist mal tragisch und traurig, mal frivol und mal feiernd, mal surreal und mal bodenständig, immer menschlich und unterhaltsam. Das Ding ist eine durchgängige Party - und zwar teils auf Gräbern und auf Leichen! Es ist episch. Episch! Ich kann’s nicht anders sagen. Das beinhaltete so, so, so viel. Alles steckt voller Leben - und Tod! Alles ist voller List, Lust und Leidenschaft. Ich habe selten einen kraftvolleren und potenteren Film gesehen. Von Slapstick bis zu kriegerischen Bildern, die ich nie im Leben vergessen werde und die es mit „Komm & Sieh“ aufnehmen können. Ein Land im Teufelskreis, in der Klemme, in der Knochenmühle der Zeit und der menschlichen Makel. Das gibt dem Affen Zucker, das bricht der Gans das Genick und das gibt dem Pferd den Gnadenschuss. Das ist zeitlos und eine selbsterfüllende Prophezeiung. Das macht keinen Sinn und sagt doch alles. Wagemutig und konsequent ohne Ende. 

Good Night, Lenin! 

Fazit: kurios, virtuos, rigoros… „Underground“ ist eine der krassesten und epischsten europäischen Mammutproduktionen, die je gestemmt wurden. Ein Sinnesgewitter. Nie stillstehend. Und auch noch thematisch wie gesellschaftlich mega vielschichtig. Besser geht’s kaum. Ein Sozialist hing am Glockenseil! Brudermord ist kein Ehrenmord! Wir sind alle nur Tiere mit dem Kopf unter der Erde!