„Schon eigenartige Typen, diese Filmleute…“
Der von Heinz Drache („Die Tür mit den sieben Schlössern“ und andere Edgar-Wallace-Verfilmungen) gespielte West-Berliner Kriminalhauptkommissar Hans Georg Bülow ermittelte von 1985 bis 1989 in sechs Episoden der öffentlich-rechtlichen Krimireihe. Sein dritter und mir bisher als einziger bekannte Fall „Tödliche Blende“ wurde von Rolf von Sydow geschrieben, von Horst Flick („Was soll bloß aus dir werden“) inszeniert und am 13. Juli 1986 erstausgestrahlt. Es blieb Flicks einziger „Tatort“.
„Ich finde es widerlich, wie hier mit Künstlern umgegangen wird!“
Kriminalhauptkommissar Bülow steht einem Filmteam mit seinem Sachverstand zur Seite, als dieses ein Krimi dreht. Er bemängelt dem Regisseur Martin Durell (Eckart Dux, „Das Halstuch“) gegenüber den mangelnden Realismus, wird mit Verweisen auf die Dramaturgie aber überstimmt. Zugleich hat Bülow den Mord an der Fotografin Karin Ackermann aufzuklären, der sich bald als Auftakt einer Mordserie im Umfeld des Filmteams erweist und starke Parallelen zu ungeklärten Frauenmorden vor einiger Zeit in Wiesbaden aufweisen. Zu Schauspielerin Maria Borck (Hannelore Cremer, „Birdie“), die Bülow als mögliche Zeugin befragte, entwickelt er ein derart enges Verhältnis, dass er nach ihrer Ermordung offiziell vom Fall abgezogen wird, mit Segen seines Vorgesetzten (Horst Schön, „Meine Stunden Null“) jedoch de facto weiterermittelt. Ein missglückter Mordanschlag des Täters liefert dann entscheidende Hinweise – pikanterweise auch den, dass er eine Polizeiuniform trägt…
Geiselnahme, Schüsse, eine Art SEK-Einsatz – was „Tödliche Blende“ direkt zu Beginn auffährt, entpuppt sich als Szenen des Filmdrehs, dem Bülow beiwohnt. Die anschließende Diskussion über Realismus im Kriminalfilm ist vergnüglich und verleiht diesem „Tatort“ eine Meta-Ebene, ist diese Krimireihe doch selbst regelmäßig derartigen Debatten ausgesetzt. Das war es dann aber auch beinahe schon mit der Herrlichkeit, denn Bülow ist zwar ganz gut am Glas, ansonsten aber ein altkluger alleinstehender Mann „im besten Alter“, der unsympathischer rüberkommt, als es beabsichtigt gewesen sein dürfte. Das klassische Whodunit? ist mäßig spannend inszeniert und die Morde finden offscreen statt, stattdessen regieren gestelzte, aufgesagte Dialoge. Die Vielzahl eingeführter Figuren nimmt ein Stück weit die Film- und Schauspielbranche aufs Korn, bleibt einem aber fremd; in erster Linie sticht die ihre Figur Maria Borck recht angenehm spielende Hannelore Cremer hervor – bis sie aus der Handlung herausgemordet wird.
Für einen „Tatort“ der 1980er-Dekade, also jener eines Horst Schimanski, ist das alles etwas arg steif und piefig inszeniert und weist zudem erzählerische Schwächen auf: Der Täter wird zwar am Ende enttarnt, sein Motiv bleibt aber völlig unklar. ‘80er-Kult oder – Zeitkolorit ist hier (bis auf die Blusenmode) nicht auszumachen und vom Drehort Berlin bekommt man auch enttäuschend wenig zu sehen. Das war leider nix.