Ganz klar, die 80er Jahren waren das Jahrzehnt des Mickey Rourke. „Im Jahr des Drachen“, „Angel Heart“, „9 ½ Wochen“ und „Johnny Handsome“ machten ihn zu einem der gefragtesten Schauspieler in Hollywood. Er war die ideale Besetzung für die Typen, die nicht nur die schönen Seiten des Lebens verkörperten. Das Gegenprodukt zu Richard Gere. Durch zahlreiche Drogenexzesse, seine unrühmliche Ehe mit Schauspielerin und Model Carrie Otis und eine unglückliche Rollenwahl, erlosch der Stern von Rourke am schnelllebigen Hollywood Himmel aber in den 90er Jahren auch wieder. Vereinzelte Rollen in kleineren Produktionen waren wohl kaum mehr, als der Versuch, sich über Wasser zu halten. Erst in den letzten Jahren konnte Rourke wieder vermehrt, auch schauspielerisch und nicht nur durch immer neue Schlagzeilen über Schönheits-OPs, von sich reden machen. Die Drogenfarce „Spun“, „Once upon a time in Mexico“ und „Mann unter Feuer“ mit Denzel Washington zeigten den Aufwärtstrend, der sich wohl mit einer großen Rolle in der Frank Miller Verfilmung „Sin City“ seinem Höhepunkt nähert. In seiner Hochphase zum Ende der 80er Jahre entstand auch „Auf den Schwingen des Todes“, der in der Reihe der Rourke Filme immer ein wenig untergeht.
Ein Grund für dieses leichte Unterschlagen mag sein, dass der Film wohl letztlich nicht das geworden ist, was sich die Macher darunter vorgestellt hatten. So wollte sich etwa Regisseur Mike Hodges nachträglich von dem Film distanzieren und seinen Namen zurückziehen. Ganz so schlimm ist das Endergebnis dann aber doch nicht.
Basierend auf einem Roman des britischen Autors Jack Higgins erzählt „Auf den Schwingen des Todes“ die Geschichte des IRA Killers Martin Fallon, der nach einem Bombenanschlag, bei dem durch einen unglücklichen Zufall ein Bus mit Schulkindern anstelle eines Militärkonvois gesprengt wurde, aussteigen möchte. Sein Ziel sind die USA, doch zunächst muss er nach London um sich neue Papiere zu besorgen. Dort gerät er in die Fänge des Mafiosi Jack Meehan (Alan Bates), der von Fallon einen letzten Mord fordert, eher er ihm seine Papiere übergeben will. Nach langem Zögern willigt Fallon ein und tötet einen konkurrierenden Mafiosi, wird dabei aber von dem Priester Da Costa (Bob Hoskins) beobachtet. Durch einen Trick, er nutzt das Beichtgeheimnis aus, gelingt es Fallon den Priester zum Stillschweigen zu bewegen. Doch für Meehan reicht das nicht und so sind bald der Priester und seine blinde Nichte in größter Gefahr. Dazu kommen noch Fallons ehemalige IRA Komplizen (unter Anderem Liam Neeson) und die Polizei, die sich an die Fersen des geläuterten Killers heften.
Der Film wird gerne als Action Drama angepriesen, was aber so sicherlich nur bedingt richtig ist. Insbesondere der Actionanteil ist doch sehr gering und spielt eher eine untergeordnete Rolle. Viel mehr ist „Auf den Schwingen des Todes“ ein durchaus spannender Thriller, der aber leider einige Möglichkeiten verspielt. So wird etwa der IRA- Hintergrund von Fallon immer mehr in den Hintergrund gedrängt und verkommt letztlich nur zu einer Randnotiz, die für die weitere Handlung des Films nicht weiter nötig ist. Auch die Gründe, die aus dem Elitekiller einen Flüchtigen machen bleiben zu schwammig und werden nie weiter beleuchtet. Denn auch wenn man annimmt dass der Tod der unschuldigen Kinder sicherlich ausschlaggebend war, so bleibt die Figur des Fallon doch über weite Teile des Films zu verschlossen um diese auch nachvollziehen zu können. Insbesondere wenn man bedenkt, dass die IRA immer mal wieder auch Unschuldige mit ihren Anschlägen in den Tod gerissen hat.
So entwickelt sich der Film aber zu einer eher standardisierten Thrillergeschichte, die zwar immer wieder mit der ein oder anderen Wendung aufwarten kann, dabei aber nie so ganz abschütteln kann, dass alles doch recht konventionell gehalten ist. Der geläuterte Killer, der die unschuldigen Leben des Priesters und seiner behinderten Nichte schützen möchte, dabei natürlich Gefühle für die Nichte entwickelt und letztlich als Lösung der Probleme den Kampf mit dem Verbrechersyndikat aufnimmt. Nein, neu ist das alles nicht.
Mike Hodges schafft es zwar immer wieder den Film aus ausgetretenen Pfaden zu führen, aber wenn man bedenkt, dass Hodges auch Filme wie „Get Carter“ „Pulp“ oder den ein Jahr nach „Auf den Schwingen des Todes“ entstanden „Black Rainbow“ gedreht hat, dann ist es schon ein wenig enttäuschend wie wenig er bei diesem Film riskiert hat.
Zumindest auf seine Darsteller kann er sich aber verlassen. Mickey Rourke spielt einmal mehr die Rolle des durchaus fragwürdigen Helden und er spielt sie richtig gut. Immer irgendwo zwischen Coolness und der Unsicherheit ob er das richtige tut legt er die Figur des Fallon an und kann damit eindeutig punkten. Er erreicht zwar nie die Intensität die er in „Angel Heart“ an den Tag legt, aber überzeugend ist das allemal. Übertroffen wird er noch von Bob Hoskins, der als Priester mit düsterer Vergangenheit bei Militär eine der besten Rollen seines Lebens spielt und jede Szene eindeutig dominiert und ihr seinen Stempel aufdrückt. Da bleibt für die anderen Darsteller wenig Raum übrig neben diesem überzeugend auftrumpfenden Hauptdarstellergespann. Liam Neeson hat zu wenig Screentime und kommt nur im undankbaren, weil stark vernachlässigten IRA Nebenplot zum Zuge, weiß aber durchaus zu gefallen. Auch Alan Bates als Gegenspieler von Rourke kann überzeugen, muss aber ebenfalls zu sehr zurückstecken. Nahezu sträflich vernachlässigt werden die wenigen Darstellerinnen, die kaum über Stichwortgeber hinausgehen. Am ehesten kann hier noch Sammi Davis als blinde Anna überzeugen.
Ähnlich wie auch die Story, ist die Inszenierung des Films eher als gehobener Durchschnitt zu betrachten. Die wenigen Actionszenen sind ansprechend umgesetzt, wirken aber teilweise auch etwas aufgesetzt. Gleiches gilt auch für das Ende, dass zwar durchaus überraschen kann, aber in seiner Entstehung nicht so recht zum Rest des Films passen will. Es gelingt Mike Hodges auf jeden Fall, den Film mit der nötigen Spannung und auch Ernsthaftigkeit zu inszenieren und so ist es letztlich dann doch verwunderlich, dass er seinen Namen zurückziehen wollte.
„Auf den Schwingen des Todes“ ist sicherlich nicht der beste Film von Mickey Rourke und auch Regisseur Mike Hodges hat schon bedeutend besseres abgeliefert. Aber für einen spannenden Heimkino Abend ist der Film durchaus geeignet und kann mit einem großartig aufgelegten Darstellerduo Rourke/Hoskins aufwarten, das auch über die ein oder andere Unstimmigkeit und verpasste Chance innerhalb des Drehbuchs hinwegsehen lässt. Sicherlich, wer einen Film sehen möchte, der die IRA thematisiert, der sollte dann doch lieber zu „Im Namen des Vaters“ oder ähnlichen Kalibern greifen und auch wer einen eher Action orientierten Film erwartet ist hier falsch. Trotzdem sollte man sich nicht abschrecken lassen, denn auch abseits davon hat „Auf den Schwingen des Todes“ durchaus seine Qualitäten.
7 von 10 Punkten.
Review wurde auch auf www.filmbesprechungen.de veröffentlicht.