So wirklich gelungen ist Tarik Salehs Abstecher in den Animationsfilm leider nicht. Sowohl auf der visuellen als auch auf der narrativen Ebene kann der Film nicht überzeugen. Schauen wir uns zuerst die Animation an, die ja sicherlich die eigentliche Hauptattraktion des Films ausmachen sollte.
Saleh arbeitet mit weitestgehend mit manipulierten Fotos seiner Protagonisten (die übrigens nicht identisch sind mit der Voice Cast, falls irgendjemand darauf hoffte). Diese Fotos werden dann als Grundgerüst für die Animation genutzt. Neu ist diese Technik im Animationsfilm nicht mehr. Man denke an den wesentlich originellen ungarischen Animationsfilm "The District" oder an Oshii Mamorus völlig durchgeknallten "The Amazing Lives of the Fast Food Grifters". Saleh macht allerdings sicherlich sein eigenes Ding draus, nur ist dies leider einfach nicht gut.
Das visuelle Konzept der Figuren sieht in etwa so aus, wie wenn westliche Werbe-Grafik-Designer probieren, die Ästhetik von Anime und Manga irgendwie auf Fotos drauf zu photoshoppen - machen wir doch einfach den Kopf und die Augen größer! Das hat schon bei "Alice" genervt, aber da war es wenigstens technisch gut gemacht. Die Animationen in "Metropia" sind aber eine einzige Katastrophe! Der Film präsentiert uns über die gesamte Laufzeit von allen Figuren lediglich zwei Perspektiven: eine Frontsicht und ein Profil, jeweils in Augenhöhe aufgenommen. Die sich ewig wiederholenden Perspektiven hat man sich spätestens nach einer halben Stunde völlig übersehen und wünscht sich, dass irgendetwas einmal visuelle Akzente setzen würde, was aber einfach nicht passiert.
Die Gesichtsanimationen reihen sich in das dröge Konzept. Im wesentlichen gibt es etwas vektorisiertes Stretching im Augenbrauchen- und Mundbereich, dass es in keinster Weise schafft, irgendwelche emotionalen Ausdrücke zu vermitteln. Die "Belebung" der Charaktere (wofür "Animation" ja eigentlich steht) bleibt völlig aus, und dadurch auch jegliche emotionale Bindung zum Zuschauer.
Nicht dass die Geschichte selbst dafür sonderlich viel Anreiz geben würde. Böser Konzern will die Menschheit per Gedankenkontrolle unterjochen, armer Normalo durchschaut mit Hilfe von Femme Fatal das Vorhaben und stellt sich dem Konzern entgegen... gähn... Gut, man muss ja nicht immer gleich die Neurfindung des Rades erwarten, aber der einzige originelle Gedanke in dem Film ist, dass das Mittel zur kollektiven Gehirnwäsche ausgerechnet ein Shampoo ist. Das sorgt vielleicht für den ein ander anderen Schenkelklopfer auf der anschließenden Stammtischdiskussion. Ansonsten verliert sich die Story leider in lieblos zusammengebastelten Variationen von "1984"-haften Dystopien und Retro-Noir-Science-Fiction, die unter anderem durch "Renaissance" und "Film Noir" auch im Animationsfilm so langsam ein alter Hut ist.
Die wenigen satirischen Spitzen schießen meist ins Leere oder wirken deplaziert, die Handlung ist unoriginell und spannungsarm, die Figuren lassen einen aus visuellen wie narrativen Gründen kalt. Eine paar schöne Designs gibt's sicherlich zu bewundern, besonders in den Hintergründen und (ebenfalls fotomanipulierten) Settings, aber die extreme visuelle Redundanz lässt einen wünschen, Saleh hätte sich lieber erst einmal an einem Kurzfilm probiert. Also nein, das ist weder optisch noch inhaltlich sonderlich aufregend. Verschenktes Potential!
Also, wem "Renaissance" schon zu dröge war (mir übrigens nicht!), der wird bei "Metropia" sicherlich kaum wachbleiben können. Wer sich allgemein für Animationsfilm interessiert, sollte sich zuerst den Trailer anschauen und sehen, wie einem die Optik gefällt und dabei beachten, dass er es etwas anderes den ganzen Film lang nicht zu sehen bekommen wird.
Ach ja, und ich kann so langsam kein Sepia als tonangebende Farbe der neuen Kino-Millenniums mehr sehen! Wozu drehen die Leute eigentlich noch Farbfilme?