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Einer wie Edward Norton sucht sich seine Rollen mittlerweile danach aus, ob er interessante, möglichst vielschichtige Charaktere innerhalb einer komplexen Geschichte verkörpern kann, - was gäbe da mehr her, als eine Doppelrolle zu bekleiden, für die er eineiige Zwillinge mimt, die, zumindest rein äußerlich und vom Bewegungsapparat her kaum unterschiedlicher ausfallen könnten.
Regisseur, Co-Autor und Nebendarsteller Tim Blake Nelson schlägt mit seiner Krimi-Komödie viele unterschiedliche Wege ein, nur mit dem Kern der Geschichte betritt er reichlich ausgetretene Pfade.

Professor Bill Kincaid (Norton) ist ein erfolgreicher Autor und Lehrer im Bereich der klassischen Philosophie. Als er vom Tod seines Bruders in Oklahoma hört, reist er umgehend dorthin, um festzustellen, dass dieser noch ganz lebendig ist. Brady (auch Norton) hat hingegen ganz andere Pläne, denn als Drogendealer will er einen unbequemen Partner treffen und Bill benötigt er für die Zeit als Alibi. Doch das Treffen gerät völlig aus dem Ruder und bringt die Brüder in höchste Gefahr, denn ihr Plan droht aufzufliegen…

Norton sieht man die Spielfreude deutlich an, vor allem die Rolle des schrägen Marihuana-Freundes hat es ihm sichtlich angetan. Wie ein Hillbilly mit strähnigen Haaren, einigen Tattoos und ungepflegtem Bart ist er meistens zugedröhnt, bringt aber in solchen Momenten ein paar interessante Weißheiten, die denen seines scheinbar beleseneren Bruders kaum in etwas nachstehen. Billy hingegen ist anfangs nicht sehr angetan von Bradys Plan, zumal er hierfür seine Mutter (Susan Sarandon) treffen muss, der er die verkorkste Kindheit mit frühem Drogenmissbrauch nach wie vor anlastet.
Der erfolgreiche Philosoph stößt dabei einige Male an seine Grenzen, nicht nur auf intellektueller Ebene.

Nelson tobt sich im Bereich des stetigen Tempowechsels ordentlich aus, bemüht für die ruhigen Momente ein Love Interest, setzt bei den meisten Dialogen auf eine Pointe zwischen Humor und Nachdenklichkeit und weiß mit einigen eher unerwarteten Gewaltszenen zu überraschen, da neben so manchen Rednecks auch mehr oder minder unfreiwillige Beteiligte mitmischen, vom jüdischen Drogendealer, einem Kieferorthopäden in Geldnot, einer schwangeren White Trash Lady bis hin zu einer dubiosen Studentin.
Nahezu alle Figuren sind treffend besetzt und performen überzeugend, jedoch stranden bei dem Storykonstrukt einige Beteiligte oder bleiben allenfalls Stichwortgeber.
Ähnlich verhält es sich mit den Parts der Verwechslungen, denn da ahnt man bereits weit im Vorfeld, welche Konsequenzen in der jeweiligen Situation zu erwarten sind.

Was den Streifen bei alledem dennoch zu einem positiven Gesamteindruck verhilft, ist einerseits Nortons Spielfreude und die Nuanciertheit seiner Charaktere, als auch die Leichtigkeit der kompletten Darbietung, auch wenn man zuweilen ernstere und durchaus hintergründige Themen anschneidet.
Nelson gelingt diese Gradwanderung recht gut und selbst die kurzen Gewaltausbrüche erscheinen kaum als Störfaktoren.
Im Endeffekt hapert es eher an der laschen Grundidee, der wenig Originalität und noch weniger Innovation anhaften.
Ansonsten bietet „Leaves of Grass“ eine sympathische Komödie zwischen Marihuanaplantage, Synagoge, typischen Redneck-Spelunken und ländlicher Einfältigkeit, in der es zum Showdown zu manch verzwickter Situation kommt.

Witzig, zwischen den Zeilen ab und an anspruchsvoll, toll gespielt, sauber festgehalten, nur das Kernstück der Geschichte vermag nicht vollends zu überzeugen.
6,5 von 10

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