„Nicht jeder Humor ist zwangsläufig lustig!“
Drei Jahre nach Michel Hazanavicius‘ französischer Eurospy-Persiflage „OSS 117 – Der Spion, der sich liebte“, im Jahre 2009 also, erschien deren erste Fortsetzung „OSS 117 – Er selbst ist sich genug“, die sich beim originalen OSS 117 sowie Bond & Co., aber auch der Komödie „Abenteuer in Rio“ aus dem Jahre 1964 bedient.
„Sie können mir helfen, einen Teil davon zu erforschen – und sei er auch noch so intim.“
Im Jahre 1967 kriselt es beim französischen Geheimdienst. Altnazi Professor von Zimmel (Rüdiger Vogler, „Anatomie“), der sich nach dem Zweiten Weltkrieg nach Brasilien abgesetzt hat, möchte dem französischen Staat einen Mikrofilm mit einer Liste französischer NS-Kollaborateure gegen ein hübsches Sümmchen Geld übereignen. Geheimagent Bonisseur de La Bath alias OSS 117 (Jean Dujardin) soll nach Rio reisen, ihm das Geld aushändigen und das pikante Dokument an sich nehmen. Doch nachdem er zuvor in Gstaad ein Blutbad unter chinesischen Gangstern angerichtet hat, steht er auf der Abschlussliste fernöstlicher Mafiosi. Zudem missglückt der erste Versuch der Geldübergabe, OSS 117 muss vom Mossad gerettet werden. Dabei lernt er die Israelin Dolorès Koulechov (Louise Monot, „MR 73“) kennen, die von Zimmer in ihre Heimat bringen soll, um ihn dort vor ein Kriegsgericht zu stellen. Gemeinsam macht man von Zimmels Sohn Heinrich (Alex Lutz, „Female Agents – Geheimkommando Phoenix“) ausfindig, der in einer Hippie-Kommune lebt und seinen Vater verachtet. Heinrich führt die Agenten nur zu gern zu ihm, doch es stellt sich heraus, dass von Zimmel ganz andere Pläne verfolgt und nie wirklich ein Interesse daran hatte, besagten Mikrofilm auszuhändigen…
„What a jerk!“
Schon der Auftakt in Gstaad produziert zahlreiche Filmtote; im weiteren Verlauf schießt man aber mehr noch gegen die politische Korrektheit, indem sämtliche im Film auftretenden Ethnien und Nationalitäten – inklusive der französischen – beleidigt werden und außerdem nicht mit Frauen-, Juden-, Nazi- und Hippieklischees gegeizt wird. Der Humor entsteht dabei aus dem Umstand, dass der Film sich nicht in erster Linie über diese Menschen lustig macht, sondern über die alten Eurospy-Heuler, die er persifliert, denn in mal mehr, mal weniger subtiler Form zählten derartige Inhalte zum damals von ihnen vermittelten Weltbild. OSS 117 ist auch diesmal kein Held, sondern ein ungebildeter, chauvinistischer, antisemitischer, dafür umso mehr von sich eingenommener Klotzkopf, der seine Unwissenheit und seine Vorurteile in den Gesprächen mit dem Mossad offenbart.
„Wir Franzosen haben eben gute Gene!“
Ebenso viel Wert legen Hazanavicius und sein Team aber auf Ausstattung und Ästhetik, womit sie die Illusion erzeugen, sich in einem ‘60er-Jahre-Streifen zu befinden, und sich zugleich vor dem Genre und dessen Ästhetik verbeugen. Das ist dann häufig weniger Persiflage denn Hommage und reicht von Splitscreen-Montagen (die indes auch herrlich parodiert werden) über Rückprojektionen bis zu Mode, Interieur und Musik. Ein Augenschmaus für Freunde jener Kinodekade! Seinen Humor bezieht die Fortsetzung ferner wie gewohnt aus Slapstick-Einlagen, Running Gags, etwas Sprachwitz und (Culture-Clash-)Situationskomik, letztere beispielsweise als de La Baths Lebenseinstellung und der Hippie-Lifestyle aufeinandertreffen – welche sich unter Drogeneinfluss doch stark angleichen…
„Deutschland besteht nicht nur aus Nazis, mein Herr!“ – „Ich kenne diese Theorie...“
Unser vermeintlicher Top-Agent wird auch im größten Kugelhagel nicht getroffen, wie hier demonstrativ veranschaulicht wird und was er mit seinen Vorbildern aus dem Action-Bereich gemein hat. Zu schaffen macht ihm aber seine Höhenangst, deren Ursprung in gleich drei Rückblenden aufgedröselt wird. Auf dem Weg zum Finale darf man einer „wilden“ Verfolgungsjagd im Krankenhaus am Tropf hängend beiwohnen, bis der Showdown schließlich spektakulär auf der Jesus-Statue in Rio de Janeiro stattfindet.
„Die CIA ist nicht Amerika!“
Die Gag-Dichte ist höher als im Vorgänger, womit „OSS 117 – Er selbst ist sich genug“ tatsächlich noch mehr Spaß macht. Wir bekommen ferner eine krude Definition von Diktaturen vermittelt, können uns an einigen Oben-ohne-Szenen sowie an einer Wrestling-Einlage erfreuen und darüber staunen, dass der französische Umgang mit den eigenen Nazi-Kollaborateuren einer der durchaus hintersinnigen Aufhänger dieser Komödie ist, die sich gut als Mischung aus „Die nackte Kanone“ und „Austin Powers“ beschreiben lässt und sich lediglich nach wie vor etwas schwer damit tut, bei allem bunten Treiben und haarsträubendem Unfug seine nicht uninteressante Geschichte auf fesselnde Weise zu erzählen. Möglicherweise lässt man sich als Zuschauerin oder Zuschauer bei der Erstsichtung aber auch nur allzu leicht abzulenken. Meine 7,5 von 10 mordlüsternen Chinesen sind daher für diese gar nicht so doofe, liebevoll ausgestattete und insbesondere von Dujardin göttlich gespielte Parodie vielleicht sogar etwas knapp bemessen.
Nachgetragen sei noch, dass Oliver Kalkofe bei der Erstellung des Synchronbuchs und der Synchronisation Dujardins offenbar wieder sehr gute Arbeit leistete.