Ein Vater und sein Sohn gegen den Rest der Welt: In der Verfilmung des gleichnamigen Romans von Cormac McCarthy schlägt sich Viggo Mortensen als Vater mit seinem Sohn durch eine apokalyptische Endzeitwelt, in der permanent grauenhafte Gefahren lauern: Hunger, Kälte, Stürme - und brutale Gruppen von Menschen, die nur noch durch gnadenlosen Kannibalismus überleben. In dieser Welt versucht der Vater, seinem Sohn ein letztes Stück Hoffnung aufrechtzuerhalten.
„The Road" ist ein visuell überwältigender Film und dürfte inhaltlich - dank der grandiosen Vorlage - zu den klügsten und glaubhaftesten Endzeitfilmen gehören. Die ruhige, erstaunlich zurückhaltende Kamera fängt die tote Welt, in der es keine Tiere und immer weniger Pflanzen gibt, in monochrom braunen Bildern ein, deren Farben mitunter so stark ausblassen, dass sie beinahe schwarz-weiß wirken. Die (teilweise computeranimierten) Kulissen von menschenleeren Ruinenstädten, verbrannten Wäldern, von denen nur noch Baumskelette stehen, oder endlosen leeren Feldern und Straßen vermitteln ein intensives Gefühl der Einsamkeit und völligen Hilflosigkeit. Dazu passt auch, dass es keine konkrete Erklärung gibt, was eigentlich geschehen ist - darum geht es hier schließlich auch nicht. „The Road" ist das philosophische Gedankenexperiment eines Vaters, der immer wieder nach Gründen suchen muss, warum er seinen Sohn mit allen Mitteln am Leben hält, wenn das Leben, das ihm bevorsteht, nur aus Trauer, Angst und Leid bestehen wird. Die Antwort, die nicht explizit genannt wird, aber doch immer wieder hervorschimmert, lautet: weil Überleben das Einzige ist, was sie dem grausamen Schicksal noch entgegen halten können.
In seiner radikalen Düsternis bleibt „The Road" weit von bekannteren Endzeitfilmen wie etwa den „Mad Max"-Streifen entfernt. Das gilt auch für die Inszenierung: Es gibt keine Actionszenen, keine skurrilen Kostüme oder zentralen Hauptgegner. Die enorm intensiven Spannungssequenzen brechen immer wieder unvermittelt über Figuren und Zuschauer herein, wenn sie etwa im Keller eines scheinbar leeren Hauses eine grausige Entdeckung machen und sich urplötzlich mit einer Kannibalenfamilie konfrontiert sehen. In den allermeisten Fällen besteht die Überlebenschance hier im Fliehen - auch darin bleibt der Film sehr realistisch. Wer also einen Apokalypsen-Action-Reißer erwartet, ist hier definitiv fehl am Platz.
Einige kleine Schwächen muss man ihm aber dennoch zugestehen. Zum einen werden Kenner der Vorlage wohl mit Sicherheit enttäuscht werden - angesichts der Wortgewalt des brillanten Romans ist es aber auch nahezu unmöglich, eine adäquate Verfilmung zu inszenieren. Leider bleiben darüber hinaus aber die Charakterporträts der beiden zentralen Figuren recht blass, obwohl sie die allermeisten Szenen des Films bestimmen. Auch die schleichende Wandlung des Vaters vom Beschützer zum grausamen Bestrafer eines Diebes fällt hier etwas zu schnell aus, sodass man seine psychologischen Beweggründe nicht hundertprozentig nachvollziehen kann. Und so traurig die Vorgeschichte mit der toten Ehefrau und Mutter (Charlize Theron) auch ist, bleiben die Rückblenden zu knapp und willkürlich ausgewählt, um ihrem Charakter irgendetwas an Tiefe zu verleihen. Auch ist die Schlussszene einen Hauch zu optimistisch ausgefallen - zwar gibt es einen kleinen Hoffnungsschimmer, aber die aufdrehende Musik und die hellen Farben suggerieren ein Rundum-Happy-End, das nicht einmal ansatzweise vorhanden ist.
Trotzdem gehört „The Road" zu den düstersten, realistischsten und packendsten Beiträgen seines Genres. Dank der grandiosen Leistung der beiden Hauptdarsteller, die auch über weite Strecken wortlos ihre Emotionen vermitteln können, beeindruckenden Bildern und immer wieder heftigen Spannungssequenzen kann er schockieren, mitreißen und richtig Angst machen. Ein intensives Werk über die Frage, was den Menschen im Kern am Leben hält.