Ein Mann (Viggo Mortensen) und sein Sohn (Kodi Smit-McPhee) ziehen durch ein verwüstetes Land Richtung Süden, vorbei an den Resten unserer Zivilisation.
Eine namenlose und eigentlich auch unwichtige Katastrophe hat das Leben wie wir es kennen endgültig zerstört. Die Tiere sind alle tot, die Wälder abgebrannt, die wenigen noch lebenden Menschen kämpfen um die letzten Nahrungskonserven, werden zu Kannibalen oder bringen sich aus Verzweiflung selbst um.
Wer von John Hillcoat`s „The Road“ nun einen dieser typischen Endzeit-Streifen mit jeder Menge harter Action erwartet dürfte hier sprichwörtlich im falschen Film sein, denn der inhaltliche Schwerpunkt liegt auf ganz anderen Themen.
Der Streifen stellt vielmehr die elementare Frage, was im Leben wirklich wichtig ist. Ist es das heutzutage so unendlich wichtige und grenzenlos überbewertete Beiwerk, dass uns unser Leben so bequem macht, uns andererseits aber von uns selbst und anderen so weit entfernt. Oder ist es dass, was uns als einzelne Menschen ausmacht, was wir im Herzen tragen…
„The Road“ zeigt uns dies, in dem alles, was ablenkt und unnütz ist einfach plötzlich weg ist bzw. nicht mehr funktioniert. Keine Fernsehgeräte, keine PC`s – nur noch der Mensch, seine Gefühle, Gedanken und seine Grundbedürfnisse stehen im Vordergrund.
Die Mutter (Charlize Theron) des Jungen kommt mit dieser neuen Situation nicht klar und suizidiert sich. Der Vater jedoch sieht in seinem Sohn Hoffnung auf eine Zukunft. Diese aus Liebe geborene Hoffnung gibt ihm die Kraft die Geschehnisse ertragen zu können und sich selbst aufzuopfern für das Leben des Kindes.
Viggo Mortensen spielt diesen Mann, der alles andere als ein Über-Charakter ist, wirklich sehr gut. Man spürt durch sein Spiel förmlich diese Zerrissenheit seiner Film-Figur. Da ist einerseits der unbändige Wille, dem Kind eine Lebensgrundlage für die Zeit nach seinem Tod zu schaffen, andererseits kommt immer wieder auch die Unsicherheit im Umgang mit den neuen Gegebenheit zum tragen, ganz zu schweigen von der wehmütigen Erinnerung an das „alte“ Leben, seine Frau und deren Entscheidung, die Einsamkeit….
Wo ich an dieser Stelle gerade beim Cast bin, muß ich auch ein klares Lob an Charlize Theron aussprechen. Obwohl sie nur sehr wenige Szenen hat, schafft sie es ohne viele Worte zu vermitteln, was in ihr vorgeht und dadurch die Entscheidung zum Selbstmord nachvollziehbar zu machen.
Kodi-Smit-McPhee, der den Jungen spielt, wirkt ebenfalls natürlich und glaubhaft, auch wenn er hier drehbuch- und rollenbedingt keine allzu schwierige Aufgabe zu erledigen hatte.
Regisseur John Hillcoat hat mit diesem Film etwas geschafft, was selten funktioniert. Nämlich, dass der Streifen auf zwei Ebenen funktioniert – auf der oberflächlich unterhaltsamen und gleichzeitig auf einer tiefer liegenden und länger anhaltenden intellektuellen Schiene.
Der ganze Film basiert auf dem mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichneten gleichnamigen Roman von Cormac McCarthy, der selbst noch in hohem Alter Vater wurde und dessen Ängste bezüglich seiner eigenen Lebenserwartung und der ihm verbleibenden gemeinsamen Zeit mit seinem Sohn, hier sehr deutlich eingeflossen sind.
In Anbetracht einer derart ausgezeichneten Vorlage liegt die Meßlatte sowohl für eine Drehbuchadaption als auch den fertigen Film auf beachtlicher Höhe.
Joe Penhall, der Drehbuchautor, und Regisseur Hillcoat waren sich ihrer Sache wohl auch unsicher, wurden aber durch die positive Reaktion McCarthy`s über die Qualität des vorliegenden Films beruhigt.
Ob man sich als Zuschauer auf die vielen Denkanstösse des Films einlassen kann oder will liegt in der ehrlichen Auseinandersetzung mit den beiden Fragen, die der Junge immer wieder im Film stellt..
Are you one of the good guys?
Do you carry the fire (inside)?