total depression
„Frühling lässt „kein“ blaues Band…“
Der Film schildert die Geschichte eines Vaters (V.Mortensen) und seinem Sohn, die als Überlebende einer postapokalyptischen Naturkatastrophe versuchen sich in den Süden des Landes, zum Meer durchzuschlagen. Ihre Hoffnung besteht darin, dort lebenswertere Bedingungen vorzufinden als das im landesinneren der Fall ist. Hab und Gut in einem Einkaufswagen verstaut, wandern sie durch unwirtliche, tote, von der Katastrophe gezeichnete Landschaften. Immer von der Angst begleitet verhungern zu müssen, oder von herumstreunenden Gangs um ihr Letztes gebracht, oder gar getötet zu werden. Anarchie ist das Gesetz der Stunde. Der Vater entsinnt sich in Rückblenden an die Vergangenheit, an den Beginn der Katastrophe. Mutter (C. Theron) und Vater geraten zu jener Zeit aufgrund der lebensbedrohlichen, ausweglosen Umstände immer wieder in Zwietracht. Im Strudel aus Angst und Verzweiflung, flieht die desillusionierte Mutter in den Selbstmord. Im Schatten des anhaltend getrübten Horizonts ohne Sonne, bei eisigen Temperaturen wandern Vater und Sohn, namenlosen Geistern gleich, einem unbekannten Ziel entgegen, unwissend was sie dort erwartet. Auf ihrer Reise müssen sie sich feindlich gesinnter Menschen erwehren, was dem Gesundheitszustand des Vaters mehr und mehr zusetzt. Der Weg in den Süden und zum Meer ist lang und beschwerlich....
„…Dich hab’ ich „nicht“ vernommen!“
Der Film basiert auf dem Roman von Cormack McCarthy der bereits die Romanvorlage zum oscarprämierten Film „No Country for old Men“, verfilmt durch die Coen Brüder, lieferte. So unterschiedlich die Geschichten auch sein mögen, so nachhaltig wirken sie auf den Zuschauer.
Man stelle sich vor, von heute auf morgen ändert sich das ganze Leben. Keine Arbeit keine Freunde, eine zerbrochene Infrastruktur. Nichts ist mehr so wie es gestern noch war. Wertvorstellungen haben sich verschoben. Geld liegt unbeachtet und wertlos auf den Straßen, während Wasser und trocken Brot zu unvorstellbar kostbarem Wert avancieren. Die Welt, sowohl im physischen als auch psychischen Sinne ist aus den Fugen geraten, aufgrund von Ereignissen die kein Mensch zu ändern vermag. Eine über Jahrtausende geschaffene Entwicklungsstufe wird innerhalb kürzester Zeit gekippt und auf Steinzeitniveau zurück geworfen. Diese Vorstellungen begleiten mich beim schauen des Films.
Wir sehen kein simpel gestricktes Popkornkino, ganz im Gegenteil. Wer eher auf der Realität entrückte und mit fx Technik protzende Streifen steht, dem sei hiervon abgeraten. Regisseur John Hillcoat der bisher nur durch „The Proposition - Tödliches Angebot“ (2005) einem größeren Publikum bekannt sein dürfte, zeichnet mit diesem Film eine beklemmende Atmosphäre, eingebettet in düstere Bilder. Dies wird m. E. glaubhaft transportiert. Die Szenerie wirkt sehr realistisch, so wie sie für mich nach einer globalen Katastrophe durchaus vorstellbar wäre. Wenn selbst Kannibalismus eine Option ist das Überleben zu sichern, kann man erst ermessen, in welch auswegloser Situation sich die Menschen befinden. Der Wille des Vaters niemals aufzugeben, ständig den Sohn wie eine Glucke beschützend und die wenigen Besitztümer und Lebensmittel zusammen zu halten wurde gelungen herausgearbeitet. Der Sohn, so rein, so unschuldig, so unbescholten, wie ein Fremdkörper in einer lebensfeindlichen Welt, so naiv den wenigen vermeintlich guten Menschen helfen zu wollen, ist ebenso klar in Szene gesetzt worden.
Der Film wirft eine interessante Frage auf; wie würden wir uns nach einer vergleichbaren Katastrophe verhalten, wenn uns Menschen begegnen die sich verletzt, ohne Lebensmittel durch eine karge Landschaft schleppen, und um Hilfe bitten, da ansonsten Hunger und Erfrierungstod drohen? Genauso wie für sie, ist jedoch auch für uns ungewiss ob und wann die nächste lebensrettende Nahrungsration in der Einöde der zerstörten Städte zu finden ist.
Zumeist getragen von melancholischen Streichinstrumenten des OST von Nick Cave, wird stellenweise ein Eindruck vermittelt, der Film plätschere in seiner Depression träge dahin. Ich denke der Regisseur hat genau dies beabsichtigt. Wer „The day after“ (ohne tomorrow!) mag, dem ganzen einen trostloseren Anstrich verpasst, dem sei dieser Film empfohlen.
Bleibt zu hoffen einer solchen Situation niemals ausgesetzt zu sein, ob als Folge einer Naturkatastrophe, oder kriegerischen Auseinandersetzung, völlig egal. Von mir erhält der Film 8 Punkte wegen seiner nachvollziehbaren Realitätsnähe und der tollen schauspielerischen Leistung von Viggo Mortensen.