Es ist schon manchmal komisch, mit welchen Erwartungen man in einen Film geht und mit welchen Gedanken man am Ende dann herauskommt. Ich kann gar nicht genau sagen, was ich anfangs erwartet hatte, jedenfalls war es etwas anderes, als das letztlich Erlebte. "District 9" von Regisseur Neill Blomkamp bringt aber nicht nur Potential für Überraschungen mit, sondern noch wesentlich mehr.
Nachdem in jüngster Vergangenheit ein riesiges Alien-Mutterschiff über Südafrika zum Stehen gekommen ist, wurden die etwa 1,8 Millionen Aliens, die an Bord waren und das Raumschiff auf der Suche nach Treibstoff verlassen mussten, in Squatter-Siedlungen außerhalb von Johannesburg untergebracht. In diesem District 9 genannten Gebiet leben sie wie in einem Lager, tauschen mit korrupten Nigerianern für eine Menschenhand nicht bedienbare Alien-Waffen gegen Katzenfutter, auf welches sie extrem abfahren, und werden dann und wann von der MNU schikaniert. Die MNU ist die Behörde, die sich um dieses "Alien-Problem" am Südzipfel Afrikas bemüht. Dabei sind die Aliens nicht feindselig, sondern stellenweise fast etwas unterentwickelt und haben naturgemäß andere Prioritäten als Menschen. Als die Aliens eines Tages umgelagert werden sollen, da sie der Bevölkerung von Johannesburg gegen Strich gehen, kommt es zu einem alles verändernden Zwischenfall, an dem die Aliens selbst nicht mal Schuld sind.
Ab jetzt beginnt eine Tour de Force, die immer mehr Fahrt aufnimmt und einen bis zum Schluss nicht mehr los lässt. Was äußerst amüsant und ausschließlich dokumentarisch beginnt, entwickelt sich nun zu einer spannenden und bisweilen abgedrehten Hetzjagd. War man bis eben nur ein externer Beobachter, so ist man ab sofort direkt dabei und mittendrin im Geschehen. Blomkamp baut Spannung auf, aber streut hier und da immer wieder Humorvolles ein. Man soll scheinbar darüber nachdenken, ob man nun lachen oder doch lieber schockiert sein soll. Eine Vorgabe macht einem der Film nämlich nicht, das muss jeder für sich selbst entscheiden. Eigentlich kommt man um eine gewisse Sympathie für die "Shrimps", wie die Aliens aufgrund ihres Äußeren genannt werden, nicht herum, aber wie wäre es, wenn man dort mit ihnen leben müsste? Und wie sieht es mit den Menschen aus? Die Frage, was denn nun richtig und was falsch war, muss man sich öfter stellen, um die Vielzahl an kritischen Situationen für sich selbst bewerten zu können. Man wird demnach sowohl in Bezug auf die Außerirdischen, als auch beim Menschen zum Verhaltensforscher und ich glaube, dass genau das die große Stärke des Films ist.
"District 9" eröffnet vielleicht ein neues Genre. Ich würde den Film als Science-Fiction-Sozialdrama mit Thriller-Elementen bezeichnen. Der Film ist intelligent, kurios und vor allem sehr erfrischend. Er lädt zum Nachdenken ein und entlässt den Zuschauer mit den unterschiedlichsten Gedankengängen. Die Aliens scheinen keine direkte Bedrohung zu sein und trotzdem tut sich der Mensch schwer mit dem Frieden. Blomkamp filtert dahingehend eine äußerst ironische Quintessenz heraus. Trotz der Anwesenheit von Außerirdischen ist es nämlich der Mensch, der die größtmögliche Gefahr darstellt.