Review

Titel: Walhalla Rising
Originaltitel: Valhalla Rising
Regie: Nicolas Winding Refn
Produktionsland: Dänemark, Vereinigtes Königreich (2009)
Cast: Mads Mikkelsen, Maarten Stevenson, Gordon Brown, Andrew Flanagan, Gary Lewis, Gary McCormack, Alexander Morton, Jamie Sives, Ewan Stewart, Mathew Zajac

Story:
Ein stummer, einäugiger Krieger wird von einem Wikingerstamm als Sklave gehalten. Er wird für Duelle auf Leben und Tod zum Kräftemessen mit anderen Stämmen benutzt und scheint unbesiegbar zu sein. Nachdem er sich befreien konnte wendet er sich gegen seinen Clan und beginnt anschließend eine Odyssee zu seinem Schicksal.

Mein Senf:
Etwas manifestiert sich in meinem Kopf. Es frisst sich fest und will nicht mehr gehen – was hat dieser Film nur gewollt?

Kapitel I: Zorn

Da ist dieser eine Mann, ein stummer, einäugiger Hühne von Narben übersät und von Zorn getrieben – unaufhaltsam – so man ihn denn von der Kette lässt. Und diesem Mann ohne Herkunft aber mit klar definierter Zukunft schenke ich nun meine volle Aufmerksamkeit. Der Film bietet auch keine Alternativen! Die raue, unwirkliche Natur (Schottland, Norwegen – es könnte überall sein. Drehort ist aber Schottland, hab ich nachgeschlagen) scheint kein Schutz zu sein, nur vorbestimmter, kalter und einsamer Tod. Ergo folgen wir dem Einäugigen, der tatsächlich kein einziges Wort sprechen wird.

Kapitel II: Der stille Krieger

Ein Zugang zum stillen Krieger wird verwehrt, er ist einfach nur präsent (dem einen Auge geschuldet könnte man dem Gedanken verfallen, dass er eine Manifestation Odins darstellt – es wird sich aber zeigen, dass er nur ein Mensch ist). Seine Stimme mimt ein kleiner Junge, der Teils nervig in Selbstdarstellung und anstrengender Mythisierung seines ausdruckslosen Begleiters aufgeht, teils nach einem Zugang zur Seele des Kriegers sucht aber meist doch einfach nur sein Bedürfnis nach Hilfe und Schutz ausdrückt.

Kapitel III: Männer Gottes

Nach einer Gewaltorgie ergeht sich der Film in bedrückend kalte Landschaftsmalereien um dann die Charaktere in die Arme Heiliger Männer zu führen. Die Landschaft wird hier - untermalt mit dezenter aber aufreibender Musik - zum Trägermedium, bleibt aber kalt und tödlich. Eine wesentliche Verbesserung zur Grundstimmung des ersten Teils ist dies folglich nicht – die heiligen Männer scheinen sich hier auch nicht sehr wohl zu fühlen. Sie suchen das Heilige Land, suchen Jerusalem, Reichtum, Ländereien, Ruhm und Anerkennung. Vor allem aber ein schöneres, lebenswerteres Land.

Kapitel IV: Das Heilige Land

Die Männer Gottes folgen zu Anfang nur ihren Bedürfnissen auf den Pfaden des rein menschlichen Strebens aus dem Elend heraus zu einer verheißungsvollen, besseren Zukunft. An die Hand nehmen und Führen lassen sie sich von dem aus dem Nichts auftauchenden Mann. Er ist einfach nur präsent – er spricht nicht, er handelt ruhig und bedacht, er existiert. Einem Monolithen aus „2001“ gleich, ändert seine Ankunft die Fahrtrichtung – auch wenn das zu Anfang nicht klar ist. Der Vergleich mit „2001 – a space odyssee“ drängt sich unweigerlich auf. In ruhigen, endlos langen Szenen schildert „Walhalla Rising“ nichts anderes als die Wanderung eines Mannes zu seinem Schicksal. Seine Begleiter sind nur Beiwerk – der Einäugige weiß das offenbar auch.

Kapitel V: Hölle

„Walhalla Rising“ ist eine epische Reise – eine Reise aus einem unbarmherzigen, kalten und brutalem Land hinab in die Hölle! Alles Sakrale wird hier umgekehrt, alle Hoffnung wird im Keim erstickt. Wahnsinn ist hier omnipräsent! Aus der Sklaverei heraus über die Entwicklung zum freien Krieger, zum heiligen Krieger – ja – zum Gott der Schutz und Ausweg für Heilige Männer bieten soll führt dieser Film seinen allzu menschlichen, wenn auch unnahbaren Hauptcharakter doch nur unweigerlich seinem Schicksal - der Auferstehung Walhallas – entgegen. Oder eben ganz profan gesprochen: er wandert hinab in die Hölle!

Kapitel VI: Das Opfer


Die Reise ins Heilige Land entpuppt sich als Tortur. Sie führt nicht zu Gott sondern unweigerlich von ihm/ihr fort. In der Zeit der
Missionierung des Nordens wird durch den christlichen Selbstzweck der Eroberung Europas und des Nahen Ostens eben jenem Glauben der Nährboden entzogen an dessen Stelle sich ein schweigender Berserker stellt, der das Volk der Glaubenden in den Wahnsinn und in die Hölle führt und anschließend erst in den sicheren Tod. Er selbst geht seinem Schicksal erhobenen Hauptes entgegen und fordert dies auch wortlos von jedem Begleiter. Wer sich hier aus den Fängen des Geschicks zu lösen sucht ist verdammt – wobei das Schicksal selbst ebenfalls keinen Raum für Hoffnung lässt. Die Fortuna ist hier einseitig grau und blass. Es gibt nur eine Seite der Medaille.
Das Die Männer am Ende in einer Welt landen, die vor ihnen niemand zu Gesicht bekam, und die auch nach ihnen lange Zeit wieder verschollen sein wird (bis ein leicht verrückter Italiener im Auftrag Spaniens einen neuen Seeweg nach Indien suchen wird) ist hier kein Meilenstein der Menschheitsgeschichte. Es ist kein Erfolg einer Flotte, es ist nichts, dass bei der Ankunft gebührend gefeiert wird. Die Ankunft ist vielmehr ein kleiner Splitter im Rad der Fortuna, der mit Pfeilen begrüßt wird und von der Natur bekämpft wird. Das Land selbst scheint sich gegen die Männer zu wehren.

Für „Walhalla Rising“ braucht man Zeit. Viel Zeit! Die knapp 90Min. Laufzeit fühlen sich wie eine Ewigkeit an. Diesen Film kann man nicht mal eben so weggucken. Der Streifen ist tief philosophisch und teils anstrengend lang. Der Film ist schlicht ein Alptraum – und zwar ein sehr guter! Was diesem Streifen zum epischen Meisterwerk fehlt sind lediglich Details. Abgesehen von nervigen handwerklichen Mängeln beim freistellen der Charaktere aus den Farbfiltern – ein Manko das sich sehr schnell zu einem richtigen Ärgernis für meine Augen entwickelte und nur an einer Stelle den sakralen Grundton der Szene wirklich passend untermalte – offenbart „Walhalla Rising“ auch einige Szenen die in ihrer psychodelischen Wirkung einfach zu lang geraten sind. Die unerträgliche Ruhe des 3. Teils wäre auch 10Min. kürzer immer noch wirkungsvoll und ausweglos gewesen. An einigen Stellen wäre weniger, an anderen sogar etwas mehr wünschenswert gewesen. Ja im Detail wirken einige Szenen wenig durchdacht und zu lose ins Gesamtkonzept eingeflochten – Natürlich ist das Haarspalterei auf hohem Niveau und ändert nichts an der ausdrücklichen Empfehlung des Films an alle, die mal wieder etwas Neues mit Anspruch sehen möchten. Dass der Film uns dabei an der Hand nimmt und bei altbekannter Actionkost beginnt um unsere Augen langsam an den Abstieg zu gewöhnen, unterstreicht doch am Ende nur die Essenz. Dieser Film ist ein ganz großer Wurf, aber auch sehr schwer zu verdauen.
9/10

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