„Wrestle-Marine die Zweite"
Die WWE (World Wrestling Entertainment) ist ein äußerst geschäftstüchtiges Unternehmen. Neben diversen Wrestling-Großveranstaltungen ist man seit ein paar Jahren auch im Filmbusiness aktiv. Dabei konzentriert man sich fast ausschließlich auf Action. Ein ebenso cleverer wie letztlich logischer Schachzug, verfügt man doch mit den angestellten Kämpfern über einen ordentlichen Fundus an potentiellen Genrestars. Es ist durchaus möglich, dass irgendwer auch wieder einmal eine Starkarriere hinlegen könnte, schließlich haben ja auch Schwarzenegger, Van Damme, Seagal und Dwayne „The Rock" Johnson den Einstieg rein über den Kampf- bzw. Kraftsport geschafft.
John Cena durfte bereits zweimal für die WWE Studios ran (The Marine, Zwölf Runden). Und obwohl beide Streifen auch unter B-Actionstandards wahrlich keine Offenbarung darstellten, waren sie doch ordentlich profitabel. Den Löwenanteil brachte dabei der Heimvideosektor. So gesehen ist die Entscheidung in Zukunft mehr auf Direct to DVD-Produktionen zu setzten definitiv goldrichtig.
Ein solches Produkt ist The Marine 2, der außer dem Titel gar nichts mit John Cenas Filmdebüt zu schaffen hat. Diesmal gibt Ted DiBiase Jr. den US-Elitesoldaten auf der üblichen „Ein-Mann-Armee walzt sich erfolgreich durch hundert Gegner"-Mission. Der Castwechsel ist bei weitem kein Unglück, brachte Cena doch lediglich den völlig verständnislosen Blick so richtig überzeugend. DiBiase Jr. kann zumindest lächeln ohne dabei an ein amateurhaft in Holz geschnitztes Grinsegesicht zu erinnern. Und das ist durchaus nötig, denn die erste halbe Stunde von The Marine 2 muss er als verliebter Ehemann auf Badeurlaub durchstehen.
Nach einem für ihn traumatisch verlaufenen Einsatz begleitet Marine Joe Winwood (DiBiase) seine frisch Angetraute (Lara Cox) auf eine brandneue südostasiatische Luxus-Ferienanlage. Sie ist dort für die Organisation der Einweihungsfeierlichkeiten zuständig.
Natürlich ist das Ferienidyll trügerisch. Just in dem Moment als sich Joe und mit ihm der Zuschauer ordentlich zu langweilen beginnen, folgt die krachige Erlösung in Form eines schießfreudigen Sturmangriffs mitsamt Geiselnahme. Klar, dass Joe gerade noch so entkommen kann und seine Gattin damit weniger Glück hat. Als das angerückte Militär vornehmlich durch Passivität glänzt und die zunächst in die Schlacht geworfene Söldnertruppe durch Insubordination ausfällt, muss eben doch wieder mal eine US-Kampfmaschine den bösen Buben zeigen wo der Hammer hängt.
Und der schlägt eine für die Geiselnehmer recht schmerzhafte Schneise der Verwüstung in die sich schnell lichtenden Reihen. Da kommen Schusswaffen aller Art, Messer, aber auch die gute alte Handarbeit zum Einsatz. DiBiase macht hier eine recht gute Figur und wirkt weit weniger plump als sein Marine-Vorgänger Cena. Shootouts und Explosionen sind kompetent inszeniert (letztere leider mit etwas zu deutlicher Computerunterstützung) und auch die Zweikampfchoreographien sind für eine aktuelle B-Produktion gar nicht mal so schlecht.
Besonders erfreulich ist der unaufgeregte Inszenierungsstil Roel Reines , der sich ja mit dem Seagal-Vehikel Deathly Weapon bereits erste (allerdings eher rostige) Actionsporen verdient hat. Man reibt sich verwundert die erfreuten Augen ob des völligen Fehlens der hyperaktiven Zappelkamera. Und auch mit dem inzwischen leider obligatorischen Schnittsalat wird man hier nicht belästigt. Dafür gibt es endlich mal wieder längere Kamerafahrten zu genießen, die die für einen B-Film erstaunlich malerischen Kulissen thailändischer Felsenbuchten schön zur Geltung bringen. Vor allem aber kommt man mal wieder in das inzwischen zur Rarität verkommene Vergnügen, bei den zahlreichen Actioneinlagen und Stunts zu erkennen, was eigentlich gerade passiert.
Gut, von der Geschichte sollte man besser nichts erwarten. Jedes Reißbrett dürfte ob der dargebotenen Profanität schwer verärgert sein. „B" steht eben häufig auch für „b"escheidenes Drehbuch. Aber solche Filme machen ohnehin nur in einer Runde Gleichgesinnter B-Gourmets Spaß. Ausgefeilte Scripts und Charaktere sind hier selten die Motivation für den Filmgenuss. Die Erwartungshaltung zielt eher auf nett anzusehende Krawallsequenzen und dafür ist The Marine 2 durchaus ein veritabler Appetitanreger. Natürlich gibt es Besseres auf dem Sektor, aber hinter den letzten Auftritten von Lundgren oder Van Damme muss man sich bestimmt nicht verstecken. Und die Zeit arbeitet für die WWE Studios. Bei einem möglichen fünften Marine-Einsatz sind die alten Recken endgültig auch rein rechnerisch reif für die Pension. An jungen Wrestlern wird es dagegen nicht so schnell mangeln.