Für die meisten Cineasten - auch für die, die schon wenig Anspruch haben - dürfte der deutsche Amateurfilm ein ganz heißes Eisen sein, das man am besten nicht mal mit der Kneifzange anrührt. Zu viel lieblos gemachten Schund hat man schon betrachtet, wohl möglich noch teuer Geld dafür ausgegeben … von der Zeitverschwendung mal ganz abgesehen: Irgendwann mag man einfach nicht mehr. Leider verpasst man auf Grund dieser Engstirnigkeit dann aber ab und an kleinere (deutsche) Produktionen, die mit viel Elan & Herzblut inszeniert aus der Masse heraus stechen zu versuchen, sich aber „Dank“ günstig gewordener HD Kameras der vorsätzlich amerikanischen Konkurrenz behaupten müssen … und leider meist untergehen. Dabei sind die meisten Sachen ganz großer Dreck, der sich im Fahrtwasser von Hostel, Saw & Co. bewegend wenig innovatives bietet & das bekannte noch noch nicht einmal adäquat reproduzieren kann.
Das Geheimnis der Zauberpilze mag zwar mit seinem Budget von 1000€ im Vergleich zu dem was sonst so auf den Markt geschmissen wird geradezu lächerlich billig wirken, aber Regisseure wie Daniel Flügger, für dessen neuer Film Dead Past er sogar die Gosejohann Brüder in Gastrollen verpflichten konnte, zeigen eindrucksvoll was aus Minimalbudget raus geholt werden kann. Und so sind solche Filme wie Sudden Slaughter - Knochenwald 3 dabei viel kreativer & unterhaltsamer als das meiste der Videothenware.
Auch wenn der Name „P.S.Y.C.H.O Productions“ drauf schließen lässt, dass die Budgets hauptsächlich für Alkohol & Drogen investiert werden, die 1000€ die Das Geheimnis der Zauberpilze gekostet hat, wurden bis auf vielleicht ein paar € schon in den eigentlichen Film gesteckt. Zwar wird nach der Maxime „Wenn schon Alkohol im Film getrunken wird, dann richtiger!“ gehandelt, doch exzessive Saufgelage machen sich weder vor, noch hinter der Kamera bemerkbar. Vor allem die technische Seite muss hier lobend erwähnt werden; die Produktionsdauer von einem Jahr spricht für sich – vor allem die mühevolle Nachbearbeitung dürfte ein gutes Stück Zeit gekostet haben. Zwar gibt es so gut wie keine CGI Effekte, aber der ordentliche Schnitt & die saubere Nachvertonung [Synchronisation, musikalische Untermalung] sind im Genre leider keine Selbstverständlichkeit.
Worum geht es im Film eigentlich? Weder ein Dokumentarfilm, noch wirklicher Spielfilm im klassischen Sinne, ist Das Geheimnis der Zauberpilze ein weitgehend entspanntes & ziemlich abgedrehtes Stück Amateurkino ohne wirkliche Handlung– quasi ein leichter Drogenrausch auf „Zelluloid“ gebannt. Denn auch wenn stellenweise schon vorher extrem verschroben und durchgeknallt, seine surrealen Momente hat der Film leider erst in seinen letzten 20 Minuten, dann aber richtig: Schonmal wo einen Riesenpilz jemanden vergewaltigen sehen? Ich nicht, ebenfalls wohl kaum die jungen Männer, die sich in der Rahmenhandlung des Films den eigentlichen Streifen im heimischen Wohnzimmer antun.
Aus der Videothek frisch ausgeliehen, wird mit einer Mischung aus ziemlicher Selbstbeweihräucherung [„Der Herr der Ringe des No Budget Movies!“] und Selbstironie [„Den Scheiß will doch niemand ernsthaft sehen!“] herum gescherzt, bevor sich die beiden Suffköppe auch schon flugs im eigentlichen Streifen wiederfinden. Denn sämtliche Rollen, wie auch der Großteil der technischen Seite, wurde von gerade mal zwei Leuten bekleidet. Auch wenn das ziemlich nach hinten losgehen kann, hier hatte man jedoch zu keiner Sekunde das Gefühl, das Master W in seinen duzend Rollen lächerlich wirkt. Großes Schauspiel darf man zwar weder von ihm, noch von seinem Kumpel Crippler Criss erwarten, aber für so ein sinnloses Großprojekt sind die Leistungen vor der Kamera schon mehr als gediegen.
Der Plot: Zwei Typen betrinken sich im Wald, bei einem bescheuerten Saufspiel erschlägt der Hüne Crippler Criss den kleinen Master W & erinnert sich an dessen seltsame Geschichte von dem Zwerg mit den Zauberpilzen, auf dessen Suche er sich begibt, um den Tod seines Freundes doch irgendwie rückgängig zu machen. Zu seinem Glück erfährt er das die Zauberpilze Tote wieder zum Leben erwecken können, zu seinem Unglück sind dem Zwerg leider die Vorräte ausgegangen, so dass sich Crippler Criss selber auf die Suche begeben muss. Auf seiner Odyssee durch den Wald begegnet er allerhand seltsamer Gestalten, die seinen Weg kreuzen...
Über den Sinn der Handlung mag man hier am ehesten streiten können, aber es wäre unfair Das Geheimnis der Zauberpilze ob seines doch simplen Plots voreilig ab zu stempeln. Immerhin macht sich dieser deutsche Amateurfilm mal die Mühe trotz seiner vor wiegenden Kulisse von Wald & Wiese mal etwas anderes als nur die übliche Zombiethematik zu bieten. Vergleiche zur deutschen Märchenkultur mögen sich kurz auftun, doch seine wahren Wurzeln hat der rund 90 Minuten lange, aber selten langwierige Film eher im Horrorgenre, was sich auf Grund Charakter wie dem Einsiedler-Kannibalen oder dem am Ende kurz auftauchenden Riesenpilz gut belegen lassen. Auch die dezent ein geflochtenen, nie aufgezwungenen wirkenden Splattereffekte lassen die filmischen Vorlieben der Macher erkennen.
Zwar kommt ob der Präsenz von nur zwei Leuten gleichzeitig & der ziemlichen Dialoglast des Ganzen nur in wenigen Momenten Spannung auf, aber der Film ist auch von vorne herein als Spaßfilm konzipiert wurden, bei dem mehr groteske Szenen & hanebüchene Dialoge im Vordergrund stehen als Spannung & Atmosphäre. Dabei ist jedoch letztere in vielen Szenen gegeben, denn gerade der irrsinnige Grundplot mit seinen unberechenbaren voranschreiten der Handlung überrascht in mach Intensität seiner Szene. Vor allem die bereits angesprochenen letzten 20 Minuten mit dem vergewaltigenden Riesenpilz wirken wie ein leicht halluzinogen wirkender Pilztrip; Bild in Bild Effekte, verworrene Traumszenen & psychedelische Musik tragen ungemein zu dieser sonderbaren Bildabfolge bei. Aber auch der Rest wirkt alles andere als „normal“ - man merkt schon die ganze Zeit über: Ein Film von für Freaks!
Und die freuen sich natürlich über solch Späße, erscheint plötzlich ein Schwarzbild während der Ton weiter läuft – man hat eine geschnittene Fassung erwischt! Trick technisch zwar insgesamt doch eher mehr einfach gehalten, sind Goreeinlagen wie die (aus Marzipan geformten) abgetrennten Finger oder andere amputierte Gliedmaße durch den sauberen Schnitt jedoch gleichermaßen unappetitlich wie auch köstlich zugleich anzusehen & wirken dabei nie plump oder billig. Ziemlich überrascht war ich übrigens von der Machart der blutigen CGI Blutspritzern bei einer Erschießung; Respekt – das sah wirklich Klasse aus. Wie gesagt: Von der technischen Seite her ist dieser Amateurfilm wirklich gelungen, hier habe ich absolut nichts zu meckern. Vor allem der Titelvorspann ist absolut Top.
Aber warum ich nur 8/10 gebe? Ein wenig Kritik darf auch gegeben sein: Manche Szene wirkt etwas langatmig & zäh [z.B. das Treffen mit dem geistig umnebelten Soldaten, der sich immer noch im Krieg wähnt], jedoch fangen sich solche Momente in letzter Sekunde. Auch das durchweg aggressive Auftreten von Crippler Criss [insbesondere in den Zwischenszenen] stört die ansonsten recht entspannte Atmosphäre, die den Streifen durchzieht. Das war echt teilweise doch etwas sehr anstrengend, wie das Satzanhängsel „Alter“ irgendwann auch erlahmte.
Dass Das Geheimnis der Zauberpilze keine wirkliche Handlung hat war ja von vorne herein beabsichtigt und dafür das er auch noch knapp 90 Minuten läuft hatte er so gut wie keinen Moment wo ich dachte: „Jetzt spulst Du vor!“. Damit hätte ich nun nicht gerechnet. Wer also Spaß am trockenen, bisweilen sehr wilden & überzeichneten Humor hat, Amateurfilmen prinzipiell eine Chance gibt und vielleicht auch gerne mal einen durchzieht: Lasst Euch ein auf diesen Trip!