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Paul Graynor ist ein ganz normaler Geschäftsmann. Sein tägliches Leben wird von seiner Arbeit bestimmt. Ein Leben, welches sich an jenem Tag radikal ändert, als Paul brutal überfallen wird. Als er Tage später im Spital erwacht wird ihm gesagt, dass alles wieder gut werden wird. Doch Paul weiß, nichts wird je wieder gut werden. Alles hat sich verändert, nichts wird mehr so wie früher sein. Sein Leben wird von nun an von Angst, Wut und Rache bestimmt.


Es ist schon wirklich erstaunlich, welch beeindruckende Werke manche Regisseure schon mit ihren Debutwerken an den Tag legen und auch Brendan Muldowney hat mit seinem vorliegenden Spielfilm-Debut "Savage" eine geschichte üräsentiert, die dem Zuschauer sichtlich unter die haut geht und zudem auch noch sehr nachdenklich stimmt. Auf den ersten Blick erhält der Betrachter den Eindruck, das es sich um einen handelsüblichen Rache-Thriller handelt, was sich allerdings ziemlich schnell als Trugschluss herausstellen soll, denn "Savage" unterscheidet sich doch von anderen Genrevertretern wie beispielsweise "Die Fremde in Dir" oder auch "Death Sentence" auf ganz erhebliche Art und Weise. Denn stat einem eiskalten Rächer, der gnadenlos Jagd auf Verbrecher macht, bekommt man hier eine sehr intensive Charakterstudie des Opfers (Paul) zu sehen, in der einem die Wesensveränderung des jungen Mannes nach einem brutalen Überfall in 4 Abschnitten (Angst, Kontrolle, Zorn, Rache) präsentiert wird. Dabei werden diese Veränderungen nicht durch harte Action oder blutige Passagen in Szene gesetzt, vielmehr erhält man einen äusserst tiefen Einblick in die Seele eines Menschen, dessen Leben sich innerhalb weniger Minuten durch brutale und sinnlose Gewalt für immer ändern soll.

Es ist einmal eine sehr wohlwollende Abwechslung, das in diesem Film einmal die bei Regisseuren sehr beliebte Rache-Thematik auf eine vollkommen andere Art dargestellt wird, denn werden in anderen Genrevertretern die seelischen Blessuren der Opfer eher nur oberflächlich angekratzt und der Rachegedanke steht im Focus des Geschehens, so bekommt man hier einmal die Entwicklung präsentiert, bis es überhaupt zur Rache kommt. Und gerade die intensive Darstellung dieser einzelnen Entwicklungsstufen sind die ganz große Stärke dieses Thrillers, der eigentlich vielmehr wie ein wuchtiges Drama erscheint und vom absolut brillanten Schauspiel seiner Hauptfigur Paul (Darren Healey) lebt, denn verleiht Healey dem von ihm dargestellten Charakter doch eine ungeheure Authenzität und Glaubwürdigkeit, das es schon fast erschreckend ist. Man leidet förmlich mit diesem Mann mit, der überhaupt nicht mit der gegebenen Situation zurechtkommt und mehr und mehr an ihr zerbricht. Dabei werden die einzelnen Veränderungsstufen wunderbar herausgearbeutet und von Healey dargestellt, das die Geschichte trotz einer eher ruhigen und bedächtigen Erzählstruktur eine unglaubliche Wucht entfaltet, die den Zuschauer wie ein Tiefschlag in die Eingeweide trifft und ihn streckenweise in eine Art Ohnmacht versetzt.

Phasenweise fühlt man sich wirklich wie paralysiert, ist es doch erschreckend mitanzusehen, wie ein Mensch hier innerlich immer mehr zerfällt, obwohl sein Wesen ja scheinbar stärker wird. Doch ist diese Stärke absolut trügerisch und lediglich als blinde Wut zu sehen, die sich am Ende des Filmes mit einer ungeheuren Agressivität entlädt, so das die Ereignisse in einer menschlichen Katastrophe enden. Dieses Ende ist aber letztendlich nur die logische Schlussfolgerung eines detailiert geschilderten Weges, den die Hauptfigur hier beschreitet. Denn ohne sich in irgendeiner Art dagegen wehren zu können, muss Paul erkennen, das der seelische Verfall nicht aufzuhalten ist und er von einem ängstllichen Opfer zu einem agressiven racheengel mutiert, der seine angestauten Gefühle nicht mehr beherrschen kann. Die Übergänge zwischen Angst, Kontrolle, Zorn und Rache erfolgen dabei fließend und erlangen eine visuelle Intensität, die man kaum in Worte fassen kann. Dabei verzichtet Brendan Muldowney bis auf das bittere Ende seiner Geschichte eigentlich vollkommen auf blinden Aktionismus und explizit dargestellte Härte und beschränkt sich fast ausschließlich auf die mentale Verfassung seiner Hauptfigur, wodurch sich für den Betrachter eine äusserst beklemmende Atmosphäre ergibt, die einem streckenweise die Luft zum atmen nimmt.

Nun gibt es nicht gerade wenige Rache-Thriller, die allerdings größtenteils mit viel Action angereichert wurden, um besser beim Zuschauer anzukommen und sicherlich auch, um den reinen Unterhaltungswert zu steigern. "Savage" geht da prinzipiell einen ganz anderen Weg und sticht so fast schon zwangsläufig aus der breiten Masse heraus. Mit fällt kein ähnlich gelagerter Film ein, in dem das Hauptaugenmerk der Geschehnisse so extrem auf die Gemütsverfassung und die vollkommene Wesensänderung eines Opfers gelegt wird. Dadurch entsteht eine total andere Sichtweise des Zuschauers, der sich auf einmal nicht mehr mit actiongeladenen Racheaktionen auseinandersetzen muss, sondern die seelischen Qualen eines Mannes miterlebt, der innerlich an den ihm zugefügten Aktionen zerbricht und zum Ende hin nur noch von blinden und unkontrollierbaren Rachegefühlen geleitet wird, die sein Leben für immer verändern sollen.


Fazit:


Dieses Langfilm-Debut von Brendan Muldowney ist ein kleines Meisterwerk und zählt ganz sicher zu der Art von Filmen, die einem sichtlich unter die Haut kriechen und auch ihre Spuren hinterlassen. Ein wirklich dramatischer Rache-Thriller, der durch das brillante Schauspiel seines Hauptdarstellers ein immenses Maß an Intensität erlangt und eine tiefgehende Charakterstudie bietet, die einem die Tränen in die Augen treiben kann. Man kann sich der Faszination aber auch der ausgehenden Schockwirkung beim besten Willen nicht entziehen und leidet mit einem Menschen mit, dessen seelischer Verfall nicht mehr aufzuhalten ist und so auch der Auslöser für die am Ende stattfindende Katastrophe ist.


9/10

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