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Ein intensiver, tragischer, aber zugleich auch sehr poetischer, ruhiger Film von Tom Tykwer. Mit einem unvergleichlichen Gespür für Rhythmus und Timing schildert Tykwer in diesem Drama die bittere Geschichte von Maria, einer ganz normalen Ehefrau in einem tristen, ärmlichen Haushalt unter den Fittichen ihres strengen, gefühllosen Mannes und ihres einschüchternden, ans Bett gefesselten Vaters. Gefangen im albtraumhaften Rhythmus ihres Alltags, wo sie auf die Minute genau den Morgenkaffee servieren muss, einkaufen geht, dazwischen eine Zigarette raucht und abends mit ihrem Gatten schlafen muss, rettet sie sich und versucht sich zu entfalten in kleinsten Banalitäten, EIndrücken und Träumen. Sie sammelt von ihr erschlagene Insekten, sie sieht jeden morgen aus dem Fenster, um einen kurzen Blick ihres schüchternen Nachbarn zu erhaschen, und sie schreibt Briefe an ihre Holzpuppe Fomino, die sie dann hinter einem Schrank versteckt. Dabei verfolgt die Kamera das Geschehen in tranceartiger Ruhe (vergleichtbar mit einigen Sequenzen aus "Der Krieger und die Kaiserin"), der Schnitt bewegt sich im strengen Rhythmus der Zeit. Maria geht förmlich auf in jenen Kleinigkeiten, sie weiß etwa schon kurz vorher, dass ein Zacken vom Kronleuchter herunterfällt. Sie hat sich an das schrecklich einsame Leben gewöhnt und kümmert sich immer noch liebevoll um Mann und Vater, auch wenn diese sie behandeln wie den letzten Dreck.

In Rückblenden, während sie alte "Briefe" liest, wird dann ihre Biografie geschildert und man muss schmerzlicherweise erkennen, dass ihr Schicksal schon bei ihrer Geburt besiegelt war, als ihre Mutter dabei starb. Ihr gebrochener Vater kümmerte sich dann um sie, während Maria schließlich zur hörigen Hausfrau erzogen wurde, einsam und introvertiert, ohne Zuwendung einer sich kümmernden Mutter. Als sie dann langsam ihren Körper und ihre Weiblichkeit kennenlernte, passierte die Tragödie: Ihr Vater bekam einen Schalganfall, war von nun an gelähmt, und es wurde von ihm beschlossen, dass sie einen Poker-Freund ihres Vaters zum Mann nehmen sollte. Geplagt von Schuldgefühlen und abhängig geworden von ihren "Herren" kann sie sich fortan nicht mehr vom familiären Zwang loslösen und versinkt in ein trostloses, zweckfreies und tranceartiges Leben als Hausfrau, ohne Abwechslung oder wahre Freuden. Die einzigen Belohnungen sind kleine Momente der Genugtuung, wenn sie wieder eine Fliege erschlägt, oder beim Einkauf etwas Geld zurücklegen kann, oder wenn sie wieder einen schönen Brief an Fomino geschrieben hat.
Diesen Blick für Details teilt auch die Kamera. Penibel und ausschweifend werden alle kleinsten Handlungen und Augenblicke in Marias Tagesablauf gezeigt. Die langweilige und düstere Wohnung, die penetrante Nähe zu mindestens einem der beiden Herren und ihre finsteren, bizarren Träume äußern sich in fast schon gruseligen, verzerrten und schiefen Perspektiven untersetzt mit stimmungsvoller Beleuchtung und angsteinflößender Soundkulisse. Man könnte es glatt als einen subtilen Horrorstreifen sehen, als Albtraum des Alltäglichen. Neben dieser schnörkellosen Authentizität und gefühlskargen Kälte steht aber auch noch eine seltsame Mystifizierung, die den Film einzigartig macht und weswegen Tykwer gelegentlich auch mit Kieslowski verglichen wird. Da wären ihre angedeuteten Ansätze in telepathischen Fähigkeiten und ihre enge Verbindung zu Fomino, die so weit geht, dass sie selbst einmal zu ersticken droht und Wasser spuckt, als ihr Mann die Puppe ins Wasser taucht. Determination und Schicksal, thematisiert und mystifiziert durch ungewöhlich konstruierte Situationen und überraschende Wendungen in der Geschichte, sind also auch hier zentrale Elemente, was sich in Tykwers anderen Filmen fortsetzt (Winterschläfer, Lola rennt, Heaven, Der Krieger...).

Im Film kommt schließlich eines zum anderen, Maria verliebt sich in den zurückgezogenen Nachbarn, bizarre, metaphorische Träume (die schon ein wenig an Cronenberg erinnern) plagen sie, und ihr Mann macht ihre letzte Hoffnung auf Unabhängigkeit und Selbstverwirklichung zunichte. Ohne den Trance-Zustand zu verlassen rennt die Geschichte auf das unabwendbare, tragische Ende zu. Auf makabre Art und Weise bekommt man die volle Macht des Schicksals zu spüren, die Katastrophe bringt endlich die Befreiung. Zutiefst bewegend, still aber doch so aufwühlend. 10/10.

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