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"Affären à la Carte" ist ein Familienfilm und zwar im wörtlichen Sinn. Während Mutter Danièle Thompson gemeinsam mit ihrem Sohn Christopher das Buch schrieb, führte sie Regie und er übernahm eine der Hauptrollen. Vielleicht behielt deshalb der Film seinen leichten, letztlich optimistischen Ansatz, obwohl alles für die großen persönlichen Katastrophen bereitet wurde.

Es ist ein 21.Juni - in Paris findet ein Musikfest statt, die Menschen feiern auf der Straße und Marie-Laurence (Karin Viard) und Piotr (Dany Boon) bereiten ein gemeinsames Essen mit ihren Freunden vor. Während der gebürtige Pole eine heimatliche Spezialität zubereitet, hat seine Frau andere Probleme. Die toughe Anwältin hat von Lucas Mattei (Christopher Thompson) ein sehr gutes Angebot für eine Anstellung erhalten, weshalb sie diesen auch zu dem Essen eingeladen hat, dazu muss sie sich den dauerhaften Avancen ihres Liebhabers Jean-Luis (Laurent Stocker) erwehren, der sich nicht damit abfinden will, dass Marie-Laurence die Verbindung beendet hat. Jetzt erfährt sie, dass Piotr ausgerechnet Jean-Luis eingeladen hat, weil er sich in der Zeit, als dieser die neue Küche in ihrer Wohnung eingebaut hatte, selbst mit diesem angefreundet hatte.

Wie immer kommen ihre alten Freunde, das Ärzteehepaar Mélanie (Marina Foïs) und Alain Carcassonne (Patrick Bruel), zum Essen, denen der Sinn auch nach anderem steht. Sie hat schon seit längerer Zeit ein Verhältnis mit einem Jockey, den sie bei ihrem Reitunterricht kennen lernte und von dem sie Alain an diesem Abend noch erzählen will, während er nur in Gedanken bei einem Patienten ist, der im Sterben liegt. Immer schwerer fällt ihm seine Arbeit, weil er das ständige Leid nicht mehr ertragen kann. Beziehungsprobleme hat auch Anwalt Mattei, der eigentlich seine Frau Sarah (Emmanuelle Seigner) mitbringen wollte, aber diese stieg nach einem Streit aus dem Auto, weshalb er bei der Ankunft beim Essen den Gastgebern eine Lügengeschichte auftischt.

Um so peinlicher ist es für ihn, als sie dann doch auftaucht, aber letztlich zwingen sich alle Beteiligten äußere Contenance zu bewahren, außer Juliette (Marina Hands), die Schwester der Gastgeberin, als sie verfährt, dass auch ihr gemeinsamer Vater kommt. Seitdem dieser ihre inzwischen verstorbene Mutter verließ, hasst sie ihn und will nichts mehr mit ihm zu tun haben. Mit dieser - für den jeweils anderen verborgenen - Stimmung beginnt Jeder mit dem abendlichen gemeinsamen Essen.

Aus dieser Konstellation ließe sich problemlos ein Katastrophenszenario entwickeln. Nur eine winzige Bemerkung könnte das Fass zum Überlaufen bringen und sämtliche Wahrheiten hervor bringen, was die Gemeinschaft zum platzen brächte und dem Filmemacher die Möglichkeit gäbe, über die Verlogenheit der bürgerlichen Gesellschaft zu räsonieren. Das der Film diese Gelegenheit auslässt, ist keineswegs inkonsequent, sondern nur folgerichtig. Letztlich werden hier keine wirklich fundamentalen Probleme, sondern die normale Entfremdung unter Paaren, persönliche Desorientiertheit und Enttäuschung innerhalb einer finanziell abgesicherten Gruppierung der 30 bis 40jährigen geschildert. Der Film vermeidet dabei jedes Extrem und bleibt auch bei tatsächlichen Schicksalsschlägen ohne übertriebene Tragik.

Das „Affären à la Carte“ nicht auch umgekehrt zum uninteressanten Geplänkel verkommt, ist den Darstellern zu verdanken, der französischen Eigenart, Leichtigkeit und Unterhaltungswert auch in alltägliche Themen zu integrieren, und dem gemeinsamen Familien-Drehbuch, dass zwar viele Konflikte in Wohlgefallen auflöst, aber andererseits auch nicht vor unangenehmen Einsichten des Einzelnen zurückschreckt. Gelungen ist in diesem Zusammenhang auch der Kniff die Handlung mit den Ereignissen des 21.Juni im darauf folgenden Jahr zu verzahnen. Immer häufiger springt der Film hin und her, bis er endgültig im Folgejahr angekommen ist. Dadurch lassen sich die manchmal tragischen, oft auch erfreulichen Konsequenzen für den Einzelnen mit leichter Hand schildern, ohne die tatsächlichen Geschehnisse innerhalb des abgelaufenen Jahres darstellen zu müssen – c’est la vie! (7,5/10).

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