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Ein kleines Dorf an der australischen Küste. Die Einwohner, die größtenteils vom Fischfang leben, kennen einander gut und so machen Gerüchte und Tuscheleien hinter vorgehaltener Hand schnell die Runde. Auch dass das langjährige Paar Jess und Rob keine Kinder bekommen kann, ist in dem Ort längst kein Geheimnis mehr. Auf Jess wirkt sich diese Tatsache auf Dauer jedoch immer belastender aus, wünscht sie sich doch nichts sehnlicher, als dass ihr Wunsch endlich in Erfüllung geht und sie stolze Mutter werden kann. Zu diesem Zeitpunkt verschlägt es einen jungen Burschen namens Ewan in das Dorf, der dort in dem Fischereibetrieb anheuert, in dem auch Jess arbeitet und der Mitdreißigerin alsbald eindeutige Avancen macht. Von dem Sonderling zunächst nicht merklich angetan, lässt sich Jess nach einem Streit mit Rob im volltrunkenen Zustand doch auf Ewan ein, was sich kurz darauf als schwerwiegender Fehler herausstellt. Als sich ein Schwangerschaftstest daraufhin als positiv entpuppt, glaubt Rob an ein Wunder, doch Jess weiß es besser und findet sich plötzlich in einer äußerst unliebsamen Situation wieder. Diese verbessert sich dann auch nicht gerade dadurch, dass sich Ewan plötzlich als ausgemachter Psychopath erweist, der nun mit äußerst rabiaten Mitteln Anspruch auf Jess und das ungeborene Kind erhebt...


Coffin Rock - dieser Titel dürfte dem einen oder anderen bewanderten Horrorfilmfreund im ersten Augenblick schon Hoffnungen auf den langerwarteten, dritten Teil der Blair Witch Project Reihe machen, doch weit gefehlt. Statt Horror serviert diese australische Produktion aus dem Jahr 2009 seinem Publikum einen kleinen Thriller aus der etwas eingeschränkteren Preisklasse, der jedoch trotz einiger Mankos im filminternen Drive durch seine klassische Story um einen psychopathischen Stalker noch recht solide zu unterhalten weiß. Regisseur Rupert Glasson, der zuvor lediglich zwei Kurzfilme inszenierte und mit Coffin Rock nun sein Langfilmdebut in den Kasten brachte, liefert mit seinem Thriller im Grunde genommen eine versierte Arbeit ab, welche über die humane Laufzeit von 89 Minuten auch passabel unterhält und ohne inszenatorische Hänger daherkommt, den großen Knall aber stets schmerzlich vermissen lässt. Die allgegenwärtige Erwartungshaltung des Zuschauers in Folge einer soliden Spannungskurve verpufft nach einem etwas lieblos ausgefallenen Finale schließlich im Nichts und lässt diesen Streifen somit im Nachhinein sogar ein wenig schlechter dastehen als er eigentlich ist.  

Das große Plus dieses Psychothriller ist sicherlich die Nähe zu den Charakteren, welche über die gesamte Spielzeit fein herausgearbeitet werden und stets im Zentrum des Geschehens stehen, statt wie in ähnlichen Genre-Vertretern irgendwelchen belanglosen Schauwerten weichen zu müssen. Rupert Glasson schafft mit der Kulisse einer kleinen Küstenstadt seinen eigenen Mikrokosmos, in der jeder jeden kennt und in dem die Welt noch in Ordnung scheint. Rob und Jess sind ein typisches Paar in ihren mittleren Ehejahren, denen ihr Kinderwunsch jedoch bislang verwehrt blieb und die ansonsten ein bescheidenes und glückliches Leben führen. Ansonsten scheint die Stimmung in dem Nest harmonisch, doch mit der Ruhe ist es nach dem ersten Auftritt des Charakters Ewan bald vorbei. Zunächst scheint er noch nett zu sein, ein wenig sonderbar vielleicht, aber keineswegs dem typischen Bild eines Bad Guys entsprechend. Spätestens, wenn Ewan in einem Anflug von Wahnsinn dann allerdings ein Baby- Känguru erschlägt, wird klar, dass der Bursche einen gewaltigen Dachschaden mitbringt. Als zentrales Ereignis des Films stellt sich dann Jess' spontaner Seitensprung mit dem Psychopathen heraus, der für sie und ihren Mann alsbald bedrohliche Folgen haben soll, denn Ewan gibt sich mit einer Abfuhr nicht so einfach zufrieden. War Coffin Rock bis zu diesem Zeitpunkt noch ein Film der eher langsamen Erzählstruktur, so hofft man spätestens nun auf einige spannende Einlagen, doch Glasson entscheidet sich auch weiterhin für eine eher ruhig angelengte Inszenierung, die letztendlich eher durch ihre subtile Spannung, als durch etwaiige Schockeffekte oder gar Brutalitäten in Erinnerung bleibt.

Zwar darf dem Regisseur, der hierfür auch selbst das Drehbuch schrieb, durchaus attestiert werden, dass er auch mit dieser eher unspektakulären Erzählweise für einen ordentlichen Unterhaltungswert sorgen kann, denn Langeweile kommt bei Coffin Rock keineswegs auf, auch wenn die Laufzeit einen merklich längeren Eindruck als 89 Minuten macht. Glasson versteht es, die Spannungsschraube immer merklicher anzuziehen und die hilflose Jess immer mehr in die Ecke zu treiben. Immer dann, wenn man aber endlich einen Höhepunkt erwartet, macht einem der Film einen Strich durch die Rechnung, was auch auf das antiklamatische und vorhersehbare Finale zutrifft. Coffin Rock kommt insgesamt eine deutliche Spur zu zahm und zurückhaltend daher und lässt eine gewisse Härte vermissen, die zur Unterstreichung der Thematik sicherlich förderlich gewesen wäre. Die augenscheinliche Freigabe ab 18 Jahren erweist sich außerdem als glatter Etikettenschwindel, rührt sie doch von dem auf der DVD befindlichen Bonusmaterial her, während Coffin Rock selbst von der FSK ab 16 gekennzeichnet wurde. Dessen sollte man sich bewusst sein, da der Film den ansonsten gestellten Ansprüchen vermutlich nicht gerecht werden kann. Jedoch wurde von Seiten der Verantwortlichen auch einiges richtig gemacht. Das Casting der Schauspieler erweist sich beispielsweise als reiner Glücksgriff. Lisa Chappell in der Rolle der ins Zielvisier eines Irren geratenen Mitdreißigerin weiß ebenso zu überzeugen wie Robert Taylor, der manch einem sicherlich noch aus Storm Warning in Erinnerung sein dürfte und hier den bärbeißigen Ehemann gibt. Den besten Eindruck hinterlässt jedoch zweifellos Sam Parsonson als unberechenbarer und zu allem bereiter Psychopath, dessen Schauspiel hier regelrecht mit der nicht immer überzeugenden Charakterzeichnung seiner Figur konkurriert.

Insgesamt ist Coffin Rock ein Thriller, dessen einigermaßen spannend erzählte Story für solide Unterhaltung beim Zielpublikum sorgen wird, der aber eine deutliche Spur zu zahm daherkommt und eine wohldosierte Härte ebenso vermissen lässt wie gelegentliche Höhepunkte in der nicht sonderlich nervenaufreibenden Erzählung. Wer sich für kleinere Thriller abseits des Mainstreams begeistern kann, darf hier zwar noch einen Blick riskieren, doch letztendlich bewegt sich Coffin Rock deutlich hinter seinen Möglichkeiten und somit auch unter dem Durchschnitt dessen, was man sonst aus dem Genre kennt.


Coffin Rock
Australien, Großbritannien 2009, 89 Min.
Freigabe: FSK 16
Regie: Rupert Glasson

Darsteller: Lisa Chappell, Terry Camilleri, Robert Taylor, Sam Parsonson, Geoff Morrell, Joseph Del Re, Jodie Dry

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