Men Behind the Sun - Die andere Seite des 2. Weltkrieges, die japanische. Nicht minder grausam und vernichtend, jedoch viel zu selten in den Geschichtsbüchern erwähnt. In diesem Antikriegsdrama geht es um die japanischen Vernichtungslager in China und die grausamen Menschenexperimente, die man dort an den chinesischen "Untermenschen" durchführte, zeitgleich mit den bekannten Gräueltaten in Deutschland. Der Film schildert die "Arbeit" der japanischen Unit 731 im Lager, deren Fanatismus, und den perversen wissenschaftlichen Enthusiasmus, sowie die nüchterne Präzision, mit der die Menschenquälereien durchgeführt wurden.
Fast wie in einem Lehrvideo werden die Experimente an lebenden Menschen vor laufender Kamera durchgeführt und genauestens dokumentiert. Zuschauer sind die jungen Nachwuchskorps, die dabei die totalitäre, antisemitische Ideologie eingetrichtert bekommen. Dinge, die wir kennen - nur von der anderen Seite der Erde. Das Hauptinteresse der Japaner galt jedoch nicht nur der bloßen Vernichtung der Unterrasse, sondern der Forschung mit biologischen Kampfstoffen am lebenden Objekt. Auf zynische Weise wird das im Film klar, als einer der Offiziere davon spricht, dass man Chinesen nicht wahllos erschießen dürfe, da sie so einen großen "Wert" für sie haben.
Die radikale Offenheit und Schlichtheit, mit der "Men behind the Sun" auf jenes weitere schlimme, aber unbeachtete Kapitel der neuesten Zeit aufmerksam machen will, liegt vor allem in der kalten, gefühllosen explizit-authentischen Darstellung der Untaten. Hinzu kommt als Kontrast das Leben der Offiziere mit ihren Frauen und der Jungen, die gerade anfangs die Sache noch nicht so ernst nehmen. Doch wollen wir mal nicht so tun, als ob das alles heftiger und grausamer wäre, als alles bisher da gewesene. Sicherlich ist der Film ein bitteres Zeitdokument ohne Blatt vor dem Mund, doch vergleichbare Werke wie "Der Pianist" oder "Schindlers Liste" stehen dem in nichts nach. Ich behaupte sogar, dass im direkten Vergleich das japanische Gegenstück künstlerisch gesehen das plumpere Machwerk ist. Radikalität im Gezeigten und ausufernde Explizitheit bringen alleine kein erschütterndes, provozierend denkanstößiges Werk zustande, zumal sich die wirklich harten Szenen auch hier in Grenzen halten (es muss ja schließlich auch nicht sein). Die psychologische, menschliche Seite ist dabei viel wichtiger, doch das ist hier nur in Ansätzen zu erkennen. Zu anonym werden die Gefangenen gezeichnet, zu dünn wird die Psychologie der Japaner, vor allem des Doktors, untersucht. Die charakterliche und die inhaltliche Tiefe sind es nämlich, die erwähnte vergleichbare Filme noch intensiver und denkanstößiger machen, ohne dass sie die rohe Abartigkeit immer direkt verdeutlichen müssen.
Es fehlt also gewissermaßen an einem etwas differenzierteren Konzept, das die vordergründige Härte und Radikalität mit dem nötigen emotionalen und rationalen Tiefgang ergänzt. Das gelegentliche Fehlen dieser Intensität und Gedankentiefe führt leider nämlich zu einem Verblassen der eigentlichen Intention gegenüber der Effektfassade. Damit kann ich auch die Meinung nachvollziehen (auch, wenn ich mich ihr nicht unbedingt anschließe), dass der Film ein eher fragwürdiges Spektakel (extremer: "Schund") sei. Ich bin sicher, dass auch ein beträchtlicher Teil der Betroffenen (Angehörige) den Film deswegen nicht akzeptieren kann. Schließlich kann die Realität nie adäquat genug dargestellt und nahe gebracht werden, sodass gerade der möglichst authentische, explizite Effekt seine Wirkung eher verfehlt. Betroffenheit kommt nicht von Abscheu alleine.
Und so kommt es schließlich, dass erst die letzte Szene am Bahnhof die wahre Radikalität und Provokation des Filmes preisgibt. Wuchtig und prägnant bringt er die ganze Brisanz des Themas, das ethische und moralische Dilemma, auf den Punkt, intensiver und härter noch, als das vorher gezeigte. Erst dann wird der zuweilen plakativen Darstellung ihre Wichtigkeit und Bedeutung zuerkannt. 6/10.