Die Angst vor dem Film war groß. Wie viel hatte man im Vorhinein schon von dem „härtesten“ Film aller Zeiten gehört? Was mich persönlich am meisten beunruhigte, war das Setting des Films – ein Konzentrationslager. Sicherlich ist man als Deutscher bei solchen Themen schon sensibilisiert. Also ein Splatterfilm in einem KZ erschien mir irgendwie unangebracht, besonders da ich das Genre Splatterfilm eher in den Unterhaltungsbereich einordne, als in den der reflektierten Filme. Aber es sollte anders werden. Nicht dass „Men behind the sun“ nicht zu den härtesten Filmen gehört, die ich je gesehen habe, sondern dass es sich hierbei nicht um einen Splatterfilm handelt …
Die Geschichte spielt 1944/45 im so genannten Camp 731 nahe der chinesischen Stadt Harbin. Das Camp ist nach außen hin getarnt als Forschungseinrichtung für Prävention von Epidemien und Wasserreinigung. In Wirklichkeit wurden hier allerdings chemische und biologische Kampfstoffe erprobt – am lebenden Objekt! Leiter der Einrichtung ist Shiro Ishii, eine Art japanischer Dr. Mengele, der die „Forscher“ zu immer höheren und schnelleren Leistungen antreibt. Seine Hoffnung ist es, mit noch tödlicheren Waffen, den Krieg gegen die Chinesen noch für Japan entscheiden zu können. Für dieses Ziel ist ihm kein Preis zu hoch. Unter dem Deckmantel der Wissenschaft, führt das Camp 731 Experimente der Kampfstoffe an chinesischen Kriegsgefangenen und Teilen der nahen Bevölkerung durch: Kurz Marutas („Holzklotz“) genannt. Das Erproben von Giftgas, das Verhalten des menschlichen Körpers bei Vereisungen oder die Wirksamkeit von chemischen Bomben – all die grausamen Vorgänge werden akribisch „wissenschaftlich“ von den Herren in weißen Anzügen auf ihre Klemmbrettern notiert. Wie der Zuschauer wird eine Gruppe von jungen Rekruten in das wahnsinnige Leben im Camp 731 hineingeworfen. Im Sinne einer militärisch, wissenschaftlichen Ausbildung wird ihnen der große „Nutzen“ all dieser menschenverachtenden Versuche nahe gelegt.
Wenn man überhaupt noch von einem Höhepunkt der Grausamkeiten in diesem Film sprechen kann (denn den Film anzusehen, ist eine Grausamkeit von Anfang an, die man sich antut), dann ist es die Szene in der ein junger, stummer chinesischer Gefangener in ein Labor gelockt wird. Mit großen Augen betrachtet er interessiert all die Gerätschaften im Raum – die Männer der Einheit 731 belächeln und unterhalten den kleinen Jungen noch - wiegen ihn in Sicherheit - um ihn dann wenige Minuten später, bei lebendigem Leib zu sezieren …
Vielmehr möchte ich als Eindruck und Inhalt über den Film nicht schreiben (und vielleicht ist mir nach dem Niederschreiben der letzten Szene daran auch die Lust vergangen). „Men behind the sun“ ist ein knallharter, schonungsloser Film. Die dunkelste Seite des Menschen wird hier in einem sehr harten Licht bestrahlt. Während man bei Pasolinis „120 Tage von Sodom“ einen gewissen distanzierenden Kunstfaktor nennen kann, der nicht weniger wahr – aber es vielleicht leichter erträglich macht (obwohl das schon äußerst paradox erscheint), besitzt dieser Film einen dokumentarischen Charakter, den er mit Statistiken und historischen Begebenheiten untermauert. Viele der Bilder vermischen sich mit Aufnahmen oder Berichten, die man aus den KZ des dritten Reiches kennt. Somit fällt „Men behind the sun“ nicht etwa ins Splatter- oder Goregenre, sondern ist ein Anti-Kriegsfilm, der eine der bestialischsten Seiten des Krieges/ Menschen aufzeigt. Es ist ein ernsthafter Versuch ein Kapitel in der japanischen Geschichte aufzudecken, der durchaus gelungen ist. Die wenigen, offensichtlichen Gewaltszenen (denn eine immanente Gewaltszene ist der Film von vorne bis hinten) sind schonungslos und erzielen dadurch ihre direkte Wirkung. Ein Film, den ich nur hartgesottenen Filmfans empfehlen würde, denn der Film hinterlässt einen bleibenden und deprimierenden Nachgeschmack. Als Exploitation verstehe ich den Film sicherlich nicht, sondern als einen aufklärenden Anti-Kriegsfilm mit …
10 von 10 Punkten