Achtung, leichte Spoiler!
Eine nette kleine Fingerübung zum Überbrücken der beiden voneinander getrennten Drehhälften von „Cast Away“ sollte es werden, damit Robert Zemeckis nicht einrostete.
Es wurde der bessere Film von beiden, wenn auch nicht der erfolgreichere.
Zemeckis erweist hier dem Meister Alfred Hitchcock ein wenig seine Referenz, wenn er Michelle Pfeiffer in einer Variante von „Rear Window“ nach zahlreichen Geräuschen im Haus beim Nachbarn einen Mord vermutet, denn die Ehefrau scheint verschwunden.
Ihr Mann, ein Wissenschaftler, dargeboten von Harrison Ford in einer Art gemütlicher Fingerübung, hat zu viel zu tun, um sich um die wachsende Hysterie zu kümmern, er tut das alles als Nachwirkung eines Autounfalls und als kleines Trauma zum Auszug der Tochter ab.
Was aber als leiser Krimi und möglicher Thriller beginnt, wird nach und nach zu einem ernsthaften Geisterfilm, denn Pfeiffer unterliegt anders als James Stewart nicht nur einem Irrtum, es geht in Wirklichkeit auch um sie und ihren Mann. Und ihr verschwundenes Gedächtnis bezüglich eines Abends in ihrem Leben…
Nach gut einem Drittel beginnt der geschickt zusammengesetzte Film zu kippen, rutscht immer mehr in Richtung Übernatürliches und setzt dann gut dosierte Schockeffekte rund um unerwartete Erscheinungen. Das Rätsel, dass Claire lösen muß, wird zur Besessenheit und das im wahrsten Sinne des Wortes, denn nach einer Art Beschwörung hat sie kurzzeitig sogar den Rachegeist in sich.
Zemeckis macht es sich aber nicht einfach, sondern legt Wert auf Atmosphäre – das einsame Haus, die bemühte Erklärung, alles als Täuschung oder eventuellen psychischen Schaden zu deuten, das Geheimnis im See…
Dabei ist der Film faktisch ziemlich durchsichtig, bezieht aber einen Großteil seiner Spannung aus dem Unwillen der Zuschauer, einen Akteur wie Harrison Ford als Mörder in Betracht zu ziehen.
Dabei geht’s weniger um Tempo, als vielmehr um die Realisierung der schrecklichen Tragweite der Tat.
Das letzte Viertel hat dann wieder klassische Qualitäten, wenn die durch ein Medikament bis auf die Atmung gelähmte Pfeiffer in einer sich füllenden Badewanne ersäuft werden soll – purer Suspense bis zur letzten Sekunde ausgepowert. Und auch danach setzt sich ein mehrteiliger Showdown fort, der es in sich hat, wenn er auch im Finale ein wenig berechenbar und plakativ wird, denn da greift Zemeckis einmal zu tief in die Klischeekiste.
Dafür gibt es aber zwischendurch auch mal deftig Blut oder ein paar Verletzungen, die wirklich aussehen, als würden sie weh tun….
Für Freunde des Übernatürlichen ist dieser erlesene kleine Thriller ein Genuß, Actionfans dürfte er streckenweise zu ruhig sein, aber Licht, Schatten und vor allem Wetter werden atmosphärisch so geschickt eingesetzt, das die Stimmung stets bedrückend bleibt.
Schiere Unterhaltung, aber mit Qualität! (8/10)