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Filmdiven hatte das frühe Hollywood wahrlich genug zu bieten. Bette Davis, Joan Crawford, Jean Harlow, Lana Turner... Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Doch wo liegt der Unterschied zwischen einer Diva und einer Göttin? Wer Greta Garbo in "Mata Hari" gesehen hat, dürfte die Antwort kennen.

Sie war schon einige Jahre erfolgreich in der Traumfabrik unterwegs, bevor sie in die Rolle der geradezu legendären Geheimagentin schlüpfte. Und spätestens mit diesem Film dürfte Greta Garbo auch ihren Status als Star erlangt haben. Als Mata Hari spioniert sie während des ersten Weltkriegs für die Deutschen und bricht dabei auch noch reihenweise Herzen. Schon die erste Szene verdeutlicht, dass manche Männer für die Liebe zu ihr sogar in den Tod gehen. Auch Lieutnant Alexis Rosanoff (Ramon Novarro) scheint ein gutes Opfer für diese undurchsichtige Frau zu werden, verliebt er sich doch auf den ersten Blick in die als Tänzerin getarnte Mata. Jene unterhält allerdings eine Affäre mit dem russischen General Shubin (Lionel Barrymore). Die Lage spitzt sich für die wunderschöne Agentin immer mehr zu. Vor allem, da sie beginnt, aufrichtige Gefühle für Alexis zu entwickeln...

George Fitzmaurice, der mit Greta Garbo ein Jahr später noch "Wie du mich willst" (mit Melvyn Douglas als Co-Star) drehen sollte, hat eine reizvolle Mixtur aus Spionagekrimi und Liebesdrama geschaffen, wobei die Verteilung zu Beginn ganz klar auf ersterem, zum Ende hin deutlich auf letzterem liegt. Maurice mag mehr in die Kerbe "Routinier" schlagen, denn in die Kategorie "Meisterregisseur". Eines muss man ihm aber unbestreitbar lassen: die Garbo setzt er absolut hervorragend in Szene! So werden bei ihrem erstem Auftritt nicht nur Ramon Novarro die Augen übergehen, sondern auch einem Großteil der (nur männlichen?) Zuschauer. Greta Garbo strahlt nämlich eine dermaßen überirdische Schönheit aus, dass man ihren Spitznamen ohne wenn und aber abnickt und sich ganz und gar von ihrem Tanz gefangen nehmen lässt. Aber auch sonst überstrahlt die "schwedische Sphinx" hier alles und jeden. Navarro, Barrymore und Lewis Stone (als Mata Haris Auftraggeber Andriani) mögen gut spielen, aber Garbo übertrifft sie in punkto Ausstrahlung und Charisma bei weitem. Und die Rolle der Mata Hari lässt durchaus ihre Wandelbarkeit erkennen. So darf Garbo nicht nur verführerischer Vamp sein, sondern ebenso Verletzlichkeit und Gefühl zeigen. Besonders gegen Ende.

Hier wird dann noch einmal der Kitschpegel in die Höhe gefahren. Aber es ist schöner Kitsch, der dem Zuschauer vor den Latz geknallt wird und dafür sorgen dürfte, dass sich der ein oder andere seine Tränen nicht verkneifen kann. Damit kein falscher Eindruck entsteht: ein Meisterwerk ist das hier ganz und gar nicht, aber eine solide Fingerübung, die in erster Linie von ihrer überragenden Hauptdarstellerin zehrt. Da verzeiht man auch gern die ein oder andere logische Schwäche (z.B. Mata Haris verminderte Reaktionsfähigkeit in einer Schlüsselszene mit Shubin).

Fazit: "Mata Hari" lässt sich wohl am besten als Popcorn-Krimidrama der 30er Jahre bezeichnen, das sich nicht scheut, auch mal gehörig sentimental zu werden. Wenn auch inhaltlich eher schlicht und recht kalkuliert, kann der Film dank der hinreißenden Garbo durchaus überzeugen und stellt somit eine sichere Bank für Fans des klassischen Hollywoodkinos dar.
7/10 Punkten

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