In the Company of Men (1997)
Neil Labute ist den deutschen Zuschauern wohl eher durch Filme wie das „Wicker Man“-Remake oder „Lakeview Terrace“ bekannt, durchaus umstrittene Filme, die aber über Labutes Fähigkeiten wenig aussagen.
Denn Labute ist auch ein ziemlich erfolgreicher Theaterautor in den Staaten, und ein äußerst bissiger noch dazu. Drei seiner Stücke hat er fürs Kino adaptiert, und diese Filme (obwohl in Deutschland alle auf DVD erhältlich) sind leider weitaus weniger bekannt als seine kürzlichen (Auftrags-)arbeiten. Die drei Filme sind „In the Company of Men“, „Your friends and neighbours“ und „In the Shape of Things“ und sie gehören zu den kompromisslosesten Gesellschaftssatiren, die das Land in den letzten Jahren hervorgebracht hat.
Der stärkste dieser Filme ist nach wie vor „In the Company of Men“. Die beiden Angestellten Chad (Aaron Eckhart) und Howard (Matt Malloy) sind frustriert. Beide sind temporär von ihrer Firma zu einer Zweigestellte versetzt worden, weit weg von zuhause. Außerdem kommt erschwerend hinzu, dass Beide von ihren Frauen verlassen wurden.
Eines Tages denkt sich Chad einen Plan aus, um die Langeweile und Frustration zu vertreiben. Sie würden beide eine Frau ausführen, jeder für sich, ein Date nach dem anderen, und sie am Ende einfach fallen lassen, sie doppelt demütigen. „Let’s hurt somebody“, sagte Chad, und Howard erklärt sich einverstanden.
Das ideale Opfer findet Chad in der taubstummen Christine (Stacy Edwards), die bei der Firma als Sekretärin arbeitet. Alles geht nach Plan, bis Howard Gefühle für Christine entwickelt.
Eine derartige Handlung kann man auf verschiedenen Wegen verfilmen. Man kann ein Drama daraus machen, aber auch eine romantische Komödie. Labute macht es jedoch auf seine Art, verzichtet auf jede Dramatisierung und Überstilisierung. So sieht man dem Film seine Theaterwurzeln an, haben wir doch einen stark reduzierten Cast (Drei Hauptpersonen, wenige Nebenfiguren), und viele Dialoge. Lediglich das Setting wechselt ab und an, was einfach filmischer wirkt.
„In the Company of Men“ erkundet mehrere Themen gleichzeitig, und alle drehen sich um den Menschen, so simpel es klingt. Es geht um die Mysogynie seiner Protagonisten, um ihre Verletztheit, ihre Grausamkeit, ihre Einstellung zur Arbeit, zum Leben.
Die Lebenseinstellung, insbesondere von Chad ist durch einen bösartigen Zynismus gekennzeichnet, der jede Art von Empathie im Keim erstickt. Chad ist ein Egoist, und das ist das Netteste, was man über ihn sagen kann. Im Arbeitsleben sieht er nur „Pricks“, die er nicht leiden kann, macht aus seiner Frauenfeindlichkeit keinen Hehl („Never trust anything that can bleed for a week and not die“), und macht seiner latenten Homosexualität Luft, indem er einen Untergebenen dazu zwingt, seine Hosen im Büro runterzulassen. Und dennoch hat er eine Freundin zuhause, die auf ihn wartet, von der er erzählt, sie sei „abgehauen“.
Voller Widersprüche, und doch gesellschaftlich angepasst, ist Chad ein Geistesverwandter von Bret Easton Ellis’ Patrick Bateman, ein menschliches Monster, das man am Ende in irgendeiner Chefetage wieder trifft.
Aaron Eckhart verkörpert den Charakter mit Verve, und stiehlt seinen (ansonsten sehr guten) Kollegen die Schau. Wer glaubt, Eckhart ist fies in „Thank you for smoking“ hat „In the Company of Men“ nicht gesehen.
So grausam Chad sich verhält, so wenig Rückgrat beweist Howard. Physisch eher unauffällig, ein „Normalo“, fehlt ihm einfach die überzeugende, extrovertierte Art von Chad, er ist charakterschwach, und leicht zu beeinflussen. Zu spät erkennt er, was er getan hat, und was er Christine angetan hat, und doch will er sie für sich gewinnen: „Look at you! You are fucking handicapped! You think you can choose? Men falling at your feet?“
Im Internet findet man viele Rezensionen, die dem Film Zynismus und Mysogynie vorwerfen, eine typische, hilflose Reaktion gegenüber einem Film, der auf eine konsequente und kompromisslose Art, eben jene Themen behandelt, ohne dabei auf die Gefühle seiner Zuschauer Rücksicht zu nehmen. Solche Filme werden immer rarer.
Egal, in welche Richtung Neil Labute weiterhin steuert, er hat dem drögen amerikanischen Independent-Kino bereits vorgeführt, wie man starke, unabhängige und eigensinnige Filme macht, die wirklich im Gedächtnis bleiben.