Was für eine Aussicht! Nach dem beeindruckenden „Schindler’s Liste“ ging ich mit großen Erwartungen an Spielbergs nächsten Beitrag zur Serie solcher Filme, die sich mit einem Thema, welches niemals „out“ sein wird, eingehend beschäftigen: Dem Krieg bzw. dem 2. Weltkrieg. Ein mächtig großer Fehler, wie sich sehr bald herausstellen sollte. Bereits der Anfang, welcher die US-Flagge zeigt, lässt eigentlich schon erahnen, worauf es „Der Soldat James Ryan“ in erster Linie abgesehen hat. Dieses Gefühl verfliegt jedoch zunächst wieder, da der Film noch recht verheissungsvoll beginnt: Die anfänglichen 25 Minuten bestehen in einer erstklassig umgesetzten Nachstellung der Landung am Omaha Beach, die nicht zuletzt durch die fast ständig wackelnde Kamera dem Zuschauer einen deutlichen Eindruck davon verschafft, wie es für jemanden ist, mitten im Krieg zu sein. Eine zweifellos respektable Szene, die aber leider auch das einzige ist, was der Film zu bieten hat. Denn alles, was danach kommt, ist einfach zum Wegschneiden. Statt sich um neue Einfälle zu bemühen, bedient sich der Film Unmengen an Klischees, die er in eine äußerst stupide Handlung (geniale Idee, mitten im Krieg mal eben so eine Handvoll Soldaten los zu schicken, um einen einzelnen zu finden!!) einreiht. Zusätzlich verstören auch die zwischenzeitlichen „Witzchen“, bei denen man sich fragt, was sie in einem solchen Film verloren haben. Und als ob das alles noch nicht genug wäre, wird der patriotische Unterton (ja ja ja, die US-Flagge!) ab jetzt so richtig ausgewalzt. Eine der wichtigsten Regeln für einen guten Antikriegsfilm, wie es „Der Soldat James Ryan“ zu gerne gewesen wäre, besteht wohl klar darin, unparteiisch zu bleiben, um die Ereignisse der Realität entsprechend zu zeigen, und nicht durch die Brille des typisch-amerikanischen Wunschdenkens. Doch genau das macht „Der Soldat James Ryan“ aber: Getreu dem „Wir-Amis-wollen-die-Helden-der-Welt-sein-und-weil-wir-es-in-Wirklichkeit-nicht-sind-stellen-wir-uns-im-Film-so-dar“-Motto wird hier alles schön verzerrt, damit das heimische Publikum ja scharenweise ins Kino stürmt. Wenn ich nur an die Nummer mit dem Scharfschützengewehr denke...
Und so geht es praktisch ununterbrochen zu: Amis warten hinter ihren Schlupflöchern seelenruhig darauf, bis die hohlen Deutschen ihnen geradewegs vor die Flinte laufen, zwischendurch spaziert man dann auch mal ebenso auf’s offene Feld, um einem Panzer in aller Ruhe die Ketten weg zu sprengen und so weiter und so fort. Diese Orgie steigert sich kontinuierlich bis zum letzten Abschlussgag, der dann wirklich nur noch peinlich ist. Schmerzhaft peinlich! Einzig die professionelle Regiearbeit sowie die schauspielerischen Leistungen kann man dem Film dabei noch durchgehend gutschreiben.
Ein weiterer wesentlicher Punkt ist die in „Der Soldat James Ryan“ zur Schau gestellte Gewalt, um die bekanntlich auch viel diskutiert wurde. Nicht, dass ich den Film deshalb verabscheuen würde (sonst wären meine Meinungen zu vielen anderen Filmen ganz anders). Aber es ist ja doch bemerkenswert, wie viele Stimmen, die so manchen Film wegen Gewaltdarstellungen, die dort nur als erforderliches Stilmittel dienten, verreissen, dies in „Der Soldat James Ryan“ ignorieren oder mit der plumpen Begründung, dass die Grausamkeit des Krieges nur so gezeigt werden könnte, gar befürworten und sich damit jeder Glaubwürdigkeit berauben. Genau das ist nämlich nicht der Fall! Solche Sequenzen mögen dem Kriegsszenario angemessen sein, aber erforderlich sind sie deshalb keineswegs, das haben schon andere Machwerke bewiesen. Und wer trotz all dem ernstlich meint, eine derart exzessive Darstellung von Brutalität sei unbedingt nötig, um „die Grausamkeit des Krieges“ zu zeigen (ich krieg' mich nicht mehr ein!), soll sich mal andere Filme zum Thema Krieg wie „Full Metal Jacket“ oder „Der schmale Grat“ anschauen. Die kommen mit weit weniger Blut, Gedärmen, Kopfschüssen etc. aus und sind wohlgemerkt um Längen besser. Aber schliesslich musste man ja irgendeinen Ausgleich für die zahlreichen Schwächen, an denen „Der Soldat James Ryan“ krankt, finden, was den Film natürlich alles andere als ehrlicher macht. Auch der scheinheilige Vorwand, der Krieg würde ansonsten verharmlost werden, hilft da nicht weiter.
Fazit: Jämmerlicher, blutlastiger Patrioten-Murks, der immerhin hervorragend inszeniert wurde und schauspielerisch überzeugen kann, aber dennoch nur in den ersten 25 Minuten einen bleibenden Eindruck hinterlässt. Was für eine Schande!