Nachrichtensprecher Howard Beale soll entlassen werden, nach vielen Jahren beim Sender UBS. So kündigt er in seiner Sendung seinen Selbstmord vor laufender Kamera an, was die Verantwortlichen zuerst schockiert, diese dann aber das Potential dahinter sehen. Denn das Interesse an der Sendung geht nach Beales Ankündigung durch die Decke. Und so versuchen alle Beteiligten, aus der Sache in irgendeiner Form Kapital zu schlagen.
Sidney Lumets Satire streut in dieses Szenario immer wieder Kommentare zur Medienlandschaft ein, insbesondere natürlich bezogen auf die des linearen Fernsehens. Das beginnt schon bei der Bebilderung der Sendeanstalten. Von unten gefilmt ragen die Gebäude in den Himmel, Macht und den Anspruch auf Herrschaft ausstrahlend. Und dies wohnte ihnen auch inne, war zur Entstehungszeit das Fernsehen, die Röhre, ein weitreichendes Instrument der Meinungsbildung und -verbreitung.
„Network“ konzentriert sich hier auf die von Beale moderierte Nachrichtensendung, die beteiligten Personen dahinter und der Wirkung des Medienkonsums auf's Publikum. Da herrscht für mein Empfinden immer wieder ein Ungleichgewicht, denn man lädt sich mit all den beteiligten Parteien von der Chefetage bis zur Terrororganisation eine Menge auf.
Besser funktionieren da die Einstreuungen zur Kreativlosigkeit der Entwicklung fiktionaler Inhalte oder das Desinteresse am eigenen Produkt Nachrichten. Diese sind ein Durchlaufposten und gehen so schnell, wie sie kommen. Letztlich zählen Geld und Quoten, Bewertung und Sensationen. Mit Letzteren kauft man den Rest. Doch auch beim Personal wird geschachert und verkauft. Emotionaler, persönlicher, geschäftlicher Profit steht im Mittelpunkt, sodass man selbst beim Sex über die Arbeit redet.
Was Beale angeht, so wird dieser bald zum Messias hochstilisiert, denn die Quote stimmt. Zumindest vorübergehend, denn der Reiz des Neuen und Skandalösen nutzt sich eben schnell ab. Kann man heute ja immer noch beobachten, besieht man sich, wie schnell sich an Schreckensszenarien gewöhnt wird und diese auf der Titelseite nach unten rutschen.
Beales immer noch mit Nachrichten betitelte Sendung verkommt dabei immer mehr zur Farce, einer Bühne für seine Tiraden und Populismus. Die hier immer eingebrachten religiösen Bezüge mögen seinen Zustand unterstreichen, bleiben aber albern. Ebenso wie seine Monologe zum Thema der Wahrheit, die durch die Röhre ausgestrahlt wird. Er thematisiert fiktionale Inhalte und hält sein Publikum damit für reichlich dämlich. Warum nicht sich abarbeiten an der Realität, an der Wissensvermittlung, an den Filtern, denen jede Ausstrahlung von Information vorausgeht? Hier macht es sich „Network“ stellenweise recht einfach und überlagert seinen Satireanspruch mit Geschrei und Getöse.
Und doch findet sich hier einiges, das wirkt. Mag auch manche quasi-Enthüllung (Herrschaft der Konzerne) heute ein alter Hut sein, es macht den Vortrag nicht weniger wahr oder gut inszeniert. Eher frustriert es, dass man dies schon diese Ewigkeit lang hinnimmt. Auch bebildert Lumet effektiv die Macht der Sendenden auf das Publikum, ein immer noch aktueller Punkt. Die Verstrickungen der Figuren hinter der Kamera und die menschlichen Schicksale sind ebenfalls nicht uninteressant. Ein Generationenkonflikt der Mentalitäten mitsamt der Prägung durch den Medienkonsum – da lässt sich durchaus eine Parallele zur heutigen Zeit herstellen.
Darstellerisch ist das alles schon in Ordnung, wobei sich Peter Finch als Beale und Faye Dunaway als Programmchefin Christensen in den Vordergrund stellen. Allerdings weniger durch nuanciertes Spiel denn durch ihr Gebaren. Einer der Kritikpunkte für mich, denn ist die Übertreibung auch ein gängiges Stilmittel der Satire, so bevorzuge ich diese im Hinblick auf den Inhalt und weniger auf die Art der Darbietung. So sind manche Passagen anstrengend, wenn einfach mal wieder herumgeschrien wird um Bedeutsamkeit darzustellen. Dabei hätte das der transportierte Inhalt gar nicht nötig.
Die Welt ist ein Geschäft. Irgendeine Wahrheit predigen, solange sie sich verkaufen lässt. Etwas anachronistisch wirkt „Network“ schon in einer Zeit, in der die Medienlandschaft diverser ist als damals. Und dennoch, die Mechanismen wirken bekannt, sind heute nur auf kleinere Einheiten (sich selbst verkaufende Personen) heruntergebrochen. Aus dem Blickwinkel der Allmacht des TV eine trotzdem gelungene Satire, die mir allerdings zu oft auf verbale Lautstärke setzt, aber den Gebrauch und die Rezeption von Inhalten ansehnlich ebenso seziert wie die dahinter agierenden Figuren.