Review

 Human Traffic
(Sunfilm Entertainment/ Tiberius Film)

Gute Filme liefern dem Zuschauer einen Spiegel (s)einer Zeit, das Portrait einer Generation oder transportieren das damalige Lebensgefühl! Human Traffic, das Regiedebüt von Justin Kerrigan, ist solch ein Film. Treibend und rauschartig wie Trainspotting (auf den im Film auch angespielt wird) gelingt es dem Streifen, eine britische Clique junger Leute von einem Freitag bis zum Sonntag zu begleiten, und zu zeigen, wie sie versuchen, alle ihre Alltagsprobleme hinter sich zu lassen, und mit Drogen und lauter, cooler Rave-Musik zu feiern, als gäbe es keinen Montag! Dabei ist der Film humorvoll und fesselnd, zeigt aber trotz des enormen Tempos auch die leisen, teils tragischen Untertöne, die bei all den Charakteren und ihren Geschichten mitschwingen.

Der junge Jip (John Simm, Life on Mars, Dr. Who) lebt in Cardiff als Angestellter in einem Bekleidungsgeschäft. Er ist unzufrieden, leidet unter sexuellen Versagensängsten, und auch sein familiärer Hintergrund mit einem im Gefängnis sitzenden Vater und einer Mutter, die sich ihr Geld als Prostituierte verdient, ist alles andere als zufriedenstellend. Allerdings steht er mit diesem frustrierenden Leben nicht alleine da, denn nahezu alle Freunde seiner Clique leben in einer ähnlichen Situation. Man fiebert die ganze Woche auf den kommenden Freitag hin, da man dann den grau-monotonen Alltag, der herrlich überzogen inszeniert dargestellt wird, mit Hilfe von aufputschenden Drogen und lauter Musik hinter sich lassen kann. Dass der Film dabei keine reine Drogenverherrlichung und Musikszenenverklärung wird, ist der Punkt, der den Film so interessant macht. Sauber in Szene gesetzt spürt man das Adrenalin, welches am Wochenende freigesetzt wird, und merkt jedem einzelnen Schauspieler, hier sind vor Allem der noch sehr junge Danny Dyer oder eben erwähnter John Simm zu erwähnen, den Spaß an, den sie bei den Dreharbeiten hatten.
Aber da bei einem Film, der so auf die Musik und ihre Wirkung zielt, natürlich ein wichtiger Bestandteil der untermalende Soundtrack ist, wurde hier geklotzt und nicht gekleckert! Aus diesem Grunde konnte man auf Clubhits von Fatboy Slim, Orbital, CJ Bolland, Primal Scream oder Age of Love zurückgreifen, die sowohl untermalender als auch elementarer Teil der Geschichte sind. Dadurch ist der Film ein stimmiger und fesselnder Einblick in die Clubszene Ende der 90er, ein Streifen, der den Zuschauer sogähnlich und durch sein hohes Tempo mitreißt.

Die DVD-Neuauflage des Kultfilms Human Traffic aus dem Jahre 1999 wird von Sunfilm Entertainment und Tiberius Film veröffentlicht. Die Bildqualität ist gut, was gerade bei diesem Streifen jedoch zählt, ist die Soundqualität. Hier werden die Songs des unglaublich coolen Soundtracks, eine entsprechende Anlage vorausgesetzt, wummernd und treibend durch den Raum gepeitscht, die Dialoge sind trotz der teils lauten Hintergrundgeräusche meistens gut und klar verständlich. Im Bonusbereich liegen leider nur ein Trailer und eine Programmshow vor, hier wäre mehr Infomaterial möglich und wünschenswert gewesen!

Human Traffic ist Kult!!! Wer diese Zeit miterlebt hat, und auf die Musik dieser Szene abgefahren ist, wird bei dem Film nostalgische Gefühle bekommen. Regisseur und Drehbuchautor Justin Kerrigan gelingt es in seinem Film hervorragend, ein Lebensgefühl zu transportieren, aufzuzeigen, wie eng Humor und Tragik beisammen liegen, und einer Musikszene ein faszinierendes und dem Beat angemessen lautes Denkmal zu setzen! Also: unbedingt angucken und sich fallen lassen!!!

Christian Funke-Smolka

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