Plot: "The weekend has landed" - Die 5 Freunde Jip, Lulu, Koop, Moff und Nina verabschieden sich am Freitagabend von ihrem eher angewiderten Alltag und stürzen sich in ein Wochenende voller Techno, Drogen und Emotionen. Die Reise führt durch verschiedene Clubs, Parties und geistige Sphären der Londoner Rave-Szene der 90er Jahre.
Machart: Die Geschichte von "Human Traffic" wird meist durch rasante, aber zum Teil auch melancholische Bilder erzählt. Der Film ist gespickt mit Rückblenden, überdreht bebilderten Gedankengängen der Protagonisten und witzigen Intermezzi aus der Geschichte der britischen Rave-Kultur. Dadurch ist eine komödiante Erzählweise entstanden, die den Film für Szene-Kenner äusserst unterhaltsam macht. Der Soundtrack ist mit guten House-, Jungle- und Trance-Tracks der entsprechenden Zeit gefüllt (Tracks von Fatboy Slim, CJ Bolland, Energy 52, Armand van Helden etc), bunt gemischt wie es in England üblich war und gemixt von Star-DJ Pete Tong.
Cast: Die 5 Hauptfiguren werden von den Schauspielern John Simm (Jip), Shaun Parkes (Koop), Danny Dyer (Moff), Nicola Reynolds (Nina), sowie der absolut bezaubernden Irin Lorraine Pilkington (Lulu) gespielt. Alle diese Schaupieler waren vor "Human Traffic" höchstens durch (Neben-) Rollen in TV-Serien und kleineren Filmen in Erscheinung getreten. Und da bin ich eigentlich auch beim spektakulärsten Element des Films angelangt. Alle 5 spielen ihre Rollen derart perfekt, dass man streckenweise fast das Gefühl haben könnte, sie seien wirklich "stoned", obschon man weiss, dass es sich tatsächlich um eine klasse schauspielerische Leistung handelt . Besonders hervorheben muss man diesbezüglich die Diskussion von Jip und Koop am Glastisch. Ich denke, es ist nicht gerade einfach einen Ecstasy-Trip authentisch darzustellen. Diesen 5 ist dies eindrücklich gelungen. Wer die Szene kennt und in den 90er Jahren auch zur "Chemical Generation" gehört hat, weiss beim Betrachten des Films, was damit gemeint ist.
Die DVD: Der Kritik liegt die deutsche Fassung von Sunfilm zu Grunde, welche über eine gute Bild- und Tonqualität verfügt. Leider ist nur die deutsche Fassung als DD5.1-Tonspur vorhanden, bei der englisch Fassung hat man es bei einer DD2.0-Spur belassen. Dies rechtfertigt es allerdings dem Liebhaber des Films, sich die englische Remixed-DVD anzuschaffen. Das gilt ebenfalls wegen der sehr mageren bzw. inexistenten Extras (nur Trailer). Auch hier lohnt sich die Anschaffung der Human Traffic Remixed DVD, welche über 60 Minuten nettes Bonusmaterial sowie einen anderen Soundtrack verfügt.
Fazit: Human Traffic ist ein Film mit einem eingeschränkten Ziel-Publikum. Wer mit Techno, Rave und Party-Drogen nie etwas am Hut gehabt hat, wird den Inhalt und vor allem die Ironie des Films kaum verstehen (zB "Spliff Politics"). Es geht hier nicht darum, den Konsum von Drogen zu verherrlichen, wie das wohl von vielen missverstanden werden könnte. Vielmehr ist es ein sehr gut gelungener Versuch zu zeigen, was die technoiden Partygänger in den 90ern an den Wochenenden gefühlt haben. Ein Einblick in die Seele des Ravers mit all seiner Euphorie, Melancholie und mit seinen Ängsten, mit Up's und Down's, sehr authentisch und gut gespielt. Im Gegensatz zu vollkommen üblen Versuchen die Rave-Szene der 90er Jahre filmisch in bare Münze umzuwandeln (zB der Film-Flop "Groove - 130 BPM", der kläglich an fehlender Authetizität, schlechter Musik und einer dämlichen Mahnfinger-Story scheitert), will "Human Traffic" nicht belehren oder verteufeln, geschweige denn erwachsen sein. Mit einer glaubhaften Echtheit, die nur von einem Staff aus wirklichen Szenekennern der Techno- und House-Kultur erschafft werden konnte, lässt der Film beim Betrachter Erinnerungen an die eigene Zeit als Raver aufkommen, welche einerseits schier unerschöpfliches Gelächter auslösen und einem andererseits auch zu Tränen rühren kann.
Die Bewertung ist nicht wirklich "schwierig", wie es viele Kritiker immer wieder nennen. Eigentlich ist es ziemlich simpel: Wer die Techno-Szene der 90er miterlebt hat, muss sich diesen Film unbedingt ansehen und wird es nicht bereuen. Alle anderen werden damit nicht viel anfangen können. Da ich zur ersten Gruppe gehöre: 10/10