26 Jahre nach „Ein Richter sieht rot“ taten sich Regisseur und Hauptdarsteller erneut für einen Justizthriller zusammen, das Remake von „Jenseits allen Zweifels“, im Original wie das Remake „Beyond a Reasonable Doubt“ betitelt, das in Deutschland „Gegen jeden Zweifel“ heißt.
Staatsanwalt Mark Hunter (Michael Douglas) ist aber alles andere als ein Held, trotz seiner gewaltigen Erfolgsrate in Sachen Verurteilungen. Genau diese es nämlich, die den Journalisten C.J. Nicholas (Jesse Metcalfe) stutzig werden lässt: Denn nahezu jede Überführung eines Täters wird durch spät eingebrachte DNA-Beweise erwirkt, was in seiner Häufung verdächtig ist. Der junge idealistische Reporter gegen den verhärmten Erfolgsanwalt, der kurz vor einer politischen Karriere als Gouverneur steht, unten gegen oben, Karrierestart gegen Karrierehöhepunkt, so das Konzept der Gegensätze.
Während C.J. die Anwältin Ella Crystal (Amber Tamblyn), eine Mitarbeiterin Hunters, erst bezirzt und dann eine Beziehung mit ihr beginnt, kann er Hunter doch nicht beikommen und wird nach Budgetkürzungen zu belanglosen Lifestyle-Reportagen abgeschoben. Zusammen mit seinem Kollegen Corey Finley (Joel David Moore) fast C.J. einen tollkühnen Plan: Sich eines ungeklärten Mordes bezichtigen und Indizienbeweise auf sich zeigen lassen, die nicht für eine Verhaftung reichen, um Hunter eine Falle zu stellen, wenn dieser DNA-Spuren fälschen lässt. Eine Videoaufzeichnung soll den Beweis bringen und so zeigt „Gegen jeden Zweifel“ in seiner wohl interessantesten Phase die minutiöse Vorbereitung in mühsamer Kleinarbeit.
Jedoch hat C.J. nicht mit der Skrupellosigkeit und der Gründlichkeit seines graumelierten Kontrahenten gerechnet: Der ahnt bald, was der Journalist vorhat und setzt alles daran den Prozess zu gewinnen, da seine Karriere daran hängt…
Es muss natürlich wieder einen Plottwist, eine große Überraschung geben, das ist im Mainstreamthriller der Gegenwart meistens so. Doof nur, dass Regisseur und Drehbuchautor Peter Hyams nicht bloß Hinweise darauf gibt, nicht zum Mitraten einlädt, sondern durch mehrmals überdeutlich ins Bild gerückte bzw. durch die Montage angedeutete Details dieses wichtige Detail schon im Voraus verrät. Das wäre natürlich nicht allzu schlimm, würde „Gegen jeden Zweifel“ trotzdem als spannende Justizgeschichte funktionieren, denn ein Film, der nur seinen Plottwist zu bieten hat und sonst nichts, der ist eh nicht besonders interessant. Leider ist es gerade hier die Vorbereitungsphase, die am stärksten ist, die Suche nach Beweismitteln, das Duell von Staatsanwalt und Journalist, in das Ella zunehmend verstrickt wird, hat kein Feuer, zumal schon recht vorhersehbar ist wie Geschichte endet, wie sie fast schon enden muss.
Ein weiteres Problem dabei ist die Tatsache, dass alle Hauptfiguren bloß Reißbrettcharaktere bleiben und keinerlei Tiefe gewinnen. Mit knarzigem Gesichtsausdruck, großen Reden und Eiseskälte erweckt Hunter nie den Eindruck etwas anderes als ein verdorbener, karrieregeiler Rechtsverdreher zu sein, Zweifel sind da vollkommen ausgeschlossen, während C.J. nie mehr als die freundlich-ehrgeizige Grinsebacke und Ella bloß das idealistische scheue Reh ist, das in den Kampf der beiden Männer hineingezogen wird und daran wächst. Ansonsten haben wir den netten besten Kumpel, den rechtschaffenen Cop und den korrupten Bullen, die sich genauso verhalten wie man es von klischeehaften besten Kumpeln, rechtschaffenen Cops und korrupten Bullen in klischeehaften Filmen erwartet und die genau das Schicksal ereilt, das man von ihnen erwartet.
Problematisch wird es dann auch, wenn die Darsteller da kaum gegen arbeiten können. Jesse Metcalfe bleibt als Jungjournalist profillos und blass, ähnlich wie auch Kollegin Amber Tamblyn, die als Unschuld vom Lande durch die Szenerie stolpert um dann in der letzten Szene des Films kurz einmal tough zu wirken. Bei den Nebendarstellern sieht es ähnlich aus, sodass nur zwei Darsteller positiv auffallen. Zum einen Michael Douglas, der zwar keine erneute Glanzleistung erbringt, aber den Übelwicht mit „Wall Street“-Gedächtniskälte immerhin charismatisch fieselig gibt, zum anderen Orlando Jones, dem man die Rolle des harten, aber gerechten Bullen nicht zugetraut hätte.
Selten vertraut Hyams auf die Attraktionen eines Justizthrillers, bietet kaum mitreißende Plädoyers oder Rededuelle vor Gericht, beleuchtet mögliche Lücken im Justizsystem bestenfalls rudimentär und kann selten den Thrill auffahren, denn das Genre des Thrillers per definitionem braucht. Tatsächlich scheint der im Actiongenre versierte Regisseur dann am ehesten aufzublühen, wenn es an die Schauwerte geht, in Form von zwei Verfolgungsjagden, in denen es Fahrkünste, kleine Stunts und Blechschäden zu bestaunen gibt. Die sind zwar nie herausragend und wirken seltsam unpassend zum sonst eher ruhigen Film, bieten aber mehr Spannung und mehr Thrill als der eigentliche Mainplot, was leider sehr bezeichnend ist.
Da Kameramann und Regisseur Peter Hyams weiß wie man Schauwerte brauchbar ablichtet, kann „Gegen jeden Zweifel“ durch ein paar nette Schauwerte einige Kurzweil bereiten und die Vorbereitungsphase ist durchaus interessant. Leider versteht Drehbuchautor Peter Hyams es weder interessante Figuren zu gestalten noch die Zeit zwischen den Schauwerten sonderlich spannend zu gestalten – und das sollte bei einem Thriller doch die Hauptsache sein. Dass der Film seine Auflösung meilenweit im Voraus telegraphiert, ist ein weiteres Ärgernis.