Review
von Leimbacher-Mario
DIE Geistergeschichten
Ich liebe japanische Geistergeschichten ala "The Ring" oder "Shutter", eine Fahrt in der Geisterritschka des Phantasialands bei Köln ist bei jedem Besuch dort Pflicht. Ich liebe ebenso viele der wieder in Mode gekommenen Horror-Anthologien ala "VHS" oder "Southbound". Wie könnte ich also den Ur-Vater japanischer Geistergeschichten, ein Film mit vier der gruseligsten je erzählten Stories, nicht bewundern?
"Kwaidan" erzählt 4 klassische Gruselgeschichten, die zum Großteil auf japanischen Legenden beruhen. In der lehrreich-hypnotischen ersten Episode verlässt ein Ehemann seine Frau für eine wohlhabendere Frau, um bei seiner Rückkehr mehr als nur Läuterung zu erfahren (7,5/10). In Geschichte Nummer 2 geht es um einen hübschen Eisdämon, der einem Mann schwört ihn zu töten, falls er jemals jemandem von dessen Erscheinung erzählt (9/10). Im darauffolgenden, prachtvollen Centerpiece & der längsten Episode, geht es um einen blinden Musiker, der von einem Geist gerufen wird, für dessen Armee von verstorbenen Kriegern zu spielen & von deren Schlachten zu singen. (9/10) Und in der anschließenden, kürzesten Geschichte, dreht sich alles überraschend humorvoll um einen Geist der verschluckt wird, da er sich im Tee widerspiegelt. (7,5/10)
Fast alle Geschichten haben einen moralischen Ansatz & die Charakter büßen, brechen Versprechen oder begehen Fehler. Am auffälligsten ist aber die Gemeinsamkeit einer unsagbar künstlichen Schönheit. Ein paar der buntesten & prachtvollsten Studiokulissen aller Zeiten unterstreichen eine Andersweltlichkeit & kollidieren angenehm mit der gruseligen Atmosphäre. Und sogar heute noch gruselig, denn wenn die blasse Schneefrau zum Todeshauch ansetzt oder dunkle Haare den Protagonist verfolgen, ist das nicht nur unübersehbar Inspiration für den Horror der folgenden Dekaden gewesen, sondern auch heute noch erfreulich gänsehauttreibend. Es finden sich in "Kwaidan" an jeder Ecke Elemente, die später weltweit Wellen schlugen & mehrere Generationen erschreckten. Seien es lange, schwarze Haare vor Gesichtern japanischer Frauen oder Geistersamurai, blasse Masken oder Körper voller Schriftzeichen. Opulent, verführerisch, magnetisch, erschreckend. Jeder der also nur den Hauch einer Anziehung zu japanischen Gruselsagen verspürt: hier ist wahrscheinlich DER heilige Gral dieser!
Fazit: ein Trip, so bunt wie verstörend, so wunderschön wie schaurig. Nicht nur auf Grund seiner Bilder, Ideen & Atmosphäre so wichtig, sondern auf Grund seiner epischen Bandbreite & Schönheit ein Monument im Horrorgenre, dessen Versenkung hierzulande nicht weniger als eine Schande ist!