Der amerikanische Kriegsfilm in den ersten zwei Jahrzehnten nach 1945 ist für seine Darstellung des soldatischen Heldentums berüchtigt. Wenn Western-Helden wie John Wayne die G.I.-Uniform überzogen, dann standen meist Schall und Rauch im Vordergrund. Spannende Schlachten, ja die gab es - aber eindringliche Szenen, in denen die Absurdität des Krieges zum Tragen kommt, waren oftmals mit der Lupe zu suchen. Erst mit dem Trauma des Vietnamkrieges, der das jähe Ende des militärischen Überlegenheitsgefühls der Amerikaner bedeutete, mehrten sich die kritischen Beiträge.
Zur Ehrenrettung Hollywoods sei aber auch gesagt, dass bereits einige Filmemacher in den Fünfziger Jahren erstaunlich reife Abhandlungen über den Krieg auf Zelluloid bannten. Kubricks "Wege zum Ruhm" oder das "Urteil von Nürnberg", das wohltuend differenziert die Rolle der deutschen Juristen im Nationalsozialismus auslotet, seien exemplarisch erwähnt. Und auch Billy Wilders "Stalag 17" möchte gängige Pfade verlassen- was man zunächst freudig goutieren sollte.
Dabei scheint Wilders Adaption eines Bühnenstückes ganau ins Schema F zu passen. Ein paar verwegene amerikanische Haudegen sitzen in einem Stammlager fest, das von wohlgenährten und mental simpel gestrickten Nazis betrieben wird. Ein Ausbruchsversuch zweier Kameraden endet in einem Fiasko, schnell wird klar: In der Barracke hat sich ein Verräter eingewanzt. Der Blick fällt auf Sergeant J.J. Sefton (William Holden), der vor allem dadurch auffällt, dass er vor Geschäften mit den feindlichen Lagerwachen nicht zurückschreckt...
Tatsächlich ist es Sefton, der in diesem Film den Unterschied macht. Der knurrige Sergeant spuckt der Soldatenromatik ins Gesicht, indem er die übertreibene Betonung von Kameradschaftlichkeit konterkariert. Im Krieg kämpft schließlich jeder für sich um das nackte Überleben. "Jeder ist sich selbst der Nächste", rechtfertigt Sefton sein krämerisches Eigenbrötlertum und wettet auf ein Scheitern seiner ausbrechenden MItinsassen, um neues Tauschmaterial für seine nächsten Gschäfte zu erhaschen. Sefton will partout kein Held sein und er wird es auch nicht, als er zum Schluss einen Gefangenen rettet. Zu groß ist das Eigeninteresse, das er bei seiner scheinbar selbstlosen Tat verfolgt.
Sefton ist also ein Antiheld, geprägt von einer desillusionierenden Sicht der Dinge, ja beinahe eine klassische Figur des Film Noir, der zur Entstehung von "Stalag 17" noch Hochkunjunktur erfuhr. Tatsächlich bediente sich Wilder bei seiner Adaption einigen Stilmitteln des schwarzen Filmes. Sei es bei der Charakterzeichnung seines moralisch fragwürdigen Protagonisten, bei der Erzähltechnik, die auf Rückblenden und einem auktorialen Erzähler aus dem Off zurückgreift oder in der visuellen Gestaltung, die sich in den nächtlichen Szenen immer mal wieder durch kontrastreiche Schattenspiele auszeichnet.
Doch "Stalag 17" ist weit davon enfernt, ein Film Noir im eigentlichen Sinne zu sein. Zwar steht der Verrat an den eigenen Genossen ständig im MIttelpunkt, die Suche nach dem wahren Maul bleibt auch permanent spannend (und kann sogar mit einer überraschenden Lösung aufwarten!) - doch im Endeffekt geht die Geschichte - ohne jetzt allzu viele Spoiler zu setzen - zu gut aus: Der wahre Spitzel wird seiner gerechten Strafe zugeführt.
Zudem wird die geladene Atmosphäre immer wieder von komödiantischen Einlagen unterbrochen; für den Comic Relief sorgen nicht nur die eingangs erwähnten, wenig schmeichelhaft porträitierten Deutschen (wobei Regisseur Otto Preminger in einer seiner wenigen Darstellerrollen als Col. von Scherbach zu parodistischer Hochform aufläuft), sondern auch zwei Inhaftierte G.I.s namens Shapiro und "Nilpferd", die mit ihrem Klamauk ständig die Szenerie an sich reißen. Einige Zoten sitzen, vor allem ihre sicherlich an Chaplin's "Der große Diktator" angelehnte Führerparodie überzeugt. Dem gegenüber stehen infantile Späße, die im Gesamtkontext deplaziert wirken, und eine Synchronisation, die so manche Pointe kastriert.
So wirkt Billy Wilders letztendlich wie ein eigenwilliger, etwas unausgegorener Hybrid aus Fluchtdrama, Kriminalgeschichte und Kriegskomödie, wie sie später in der Serie "Hogan's Heroes - Ein Käfig voller Helden" perfektioniert wurde - auch wenn die Macher immer insistierten, "Stalag 17" sei nie ein Inspirationsquell für sie gewesen (gegen den Plagiatsverworf gingen sie sogar juristisch vor). Ein ungewöhnliches Filmerlebnis, das mit gängigen, zeitgenössischen Spielarten des Kriegfilms spielt, sich ihnen aber nicht komplett entsagen kann. (6,5/10)