Ach Sly, warum hast du so nicht weitergemacht? Der alternde Actionstar hatte es nach „Cliffhanger“ und dem selbstironischen „Demolition Man“ schwer die richtigen Rollen zu finden. „The Specialist“ und „Judge Dredd” waren böse Flops, aber Rollen wie hier hätte Stallone noch zehn Jahre spielen und nebenher ganz in Würde altern können. Unverständlich warum ein Jahr später dann „Daylight“ ans Tageslicht kam.
Sylvester Stallone und sein Filmcharakter Robert Rath haben so einiges gemeinsam. Beide sind Anachronisten, die die Zeit eingeholt hat. Die Zeit der rassigen Actionkracher war für Sly vorbei, Rath ist ein alternder Profikiller, der ausrangiert werden soll. Beide Egos wollen den Neuanfang. Stallone sollte Willen wie Fähigkeit (ganz im Gegensatz zu Arnold Schwarzenegger) dann auch später in „Copland“ unter Beweis stellen.
Das Kinopublikum war seinerzeit vom Overacting des heißblütigen Spaniers Antonio Banderas („Desperado“, „The 13th Warrior“) begeistert, die bessere Leistung liefert jedoch der hier eigentlich unauffällig und nuanciert spielende Stallone ab. Wenn er seine Brille aufsetzt, um auf den Bildschirm seines Desktops zu blicken, am Fenster stehend nachdenkliche Monologe führt und mit traurigem Blick und Unlust seinen tödlichen Auftragen nachgeht, dann sieht man hier jemanden, der sich wirklich in seinen Charakter hineinversetzt und ihn versteht. Schauspielerisch liefert Sylvester Stallone hier seine beste Leistung seit „Rocky“ ab und außer in „Copland“ hat man ihn auch nie wieder so gut gesehen.
Mit Richard Donner („Lethal Weapon“, „Conspiracy Theory”) hatte er natürlich einen alten Fuchs auf dem Regiestuhl sitzen, der lange genug im Geschäft ist, um den alternden Mimen entsprechend zu inszenieren. „Assassins“ gestaltet sich als moderner Thriller mit Actionelementen, bei dem der Fokus auf dem Duell Alt gegen Jung liegt. Der ausstiegswillige und müde Rath will nämlich einen Schlussstrich ziehen, was der junge Heißsporn Miguel Bain nicht zulassen will. Also kommt es zur Konfrontation.
Diese regelmäßigen Zusammentreffen sind dann auch die Highlights des Films. Zwar beinhaltet er die standesgemäßen Autoverfolgungsjagden und Schießereien, doch seine Stärken spielt er aus, wenn Stallone und Banderas sich gegenüber stehen (sitzen) und nicht direkt aufeinander losfeuern. Während ihrer ersten Zusammenkunft im Yellow Cab, nur durch eine Panzerglasscheibe voneinander getrennt und sich wie Raubkatzen belauernd, kann man die Spannung förmlich knisternd hören. Das Selbe gilt für ihr späteres Treffen in der Bank.
Schade, dass man um diese eingeleitete Zepterübergabe nicht einen ebenso spannenden Plot gezimmert hat. Nun waren die Autoren Brian Helgeland (schreibt ja inzwischen von Genie bis Wahnsinn alles mögliche) Larry und Andy Wachowski (Genau, die Matrix-Macher) damals unbeschriebene Blätter, die nur über wenig Erfahrung verfügten, weswegen sie sich an einem altmodischen Element aufzogen und eine Frau ins Spiel brachten.
Electra, gespielt von der von mir nicht sonderlich geschätzten Julianne Moore („Hannibal“, „Evolution“), wird hier als nächste Zielperson auserkoren, worauf ein Wettrennen zwischen Rath und Bain beginnt. Doch Rath, einsam und ausgebrannt, kann sie nicht töten, flüchtet mit ihr und wählt die einzige mögliche Option, als er bemerkt, dass er selbst auf der Abschussliste steht: Er bringt das Zielobjekt, eine Diskette in seinen Besitz und treibt den Preis nach oben, um sich endlich seinen Abgang zu verschaffen und finanziell abgesichert zu sein.
Mit seinen knapp 130 Minuten ist „Assassins“ letztlich etwas lang geraten. Das Finale mit einem abgeklärten Stallone und einem ungeduldig auf seinen Blattschuss wartenden Banderas beispielsweise, für Rath die Neuauflage einer alten Geschichte, ist mit seiner heiß-schwülen Atmosphäre und den verschwitzen Figuren ultraspannend, aber es wird vorweg leider künstlich hinausgezögert. Der Film hätte sich stellenweise wirklich kürzer fassen müssen. Nichtsdestotrotz ist er wie von Donner gewohnt Old School inszeniert und schick fotografiert.
Schade, dass man inhaltlich dann immer wieder diese Klasse vermisst. Man erfährt zu Beginn zwar viel über den Berufskodex und die Mentalität dieser Berufssparte, später handelt es sich bei „Assassins“ aber nur noch um ein Katz- und Mausspiel, dass als Hauptgewinn 20 Millionen Dollar ausspuckt. Hier ist das Duell einfach zu einfallslos und hält zu wenige Wendungen bereit. Ich bin mir sicher, dass hier aufgrund des wenig innovativen Plots das Potential zu einem Klassiker verschenkt worden ist.
Fazit:
Guter Actionthriller mit einem hervorragenden Sylvester Stallone und einem etwas zu abgedrehten Antonio Banderas. Das Duell der beiden Akteure beinhaltet mörderische Spannung und ordentlich gemachte Actionszenen. Könnte das Drehbuch da inhaltlich mithalten, wäre „Assassins“ vielleicht ein Klassiker geworden. So bleibt es bei einem guten Genreprodukt, das halt etwas zu lang geriet.