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Der erschütternde Roman Erich Maria Remarques über das Sterben einer verblendeten Generation an der Westfront des ersten Weltkrieges ist legendär, die S/W-Verfilmung des Jahres 1930 ein Meilenstein der Filmgeschichte. Wie verhält es sich nun bei der Neuverfilmung des Jahres 1979?
Nun, nach einigem Überlegen bin ich zu dem Schluss gekommen, daß Delbert Manns, freilich in Farbe gefilmtes Remake, zwar unterm Strich zweifelsohne sehenswert aber nichtsdestotrotz eigentlich überflüssig gewesen ist.
Selbstverständlich wirkt das Geschehen nun des technischen Fortschritts wegen realistischer und auch in schauspielerischer Hinsicht hat die 79er-Verfilmung einiges zu bieten.
Dennoch: Das Orginal von Lewis Milestone vermittelt klar die intensivere Atmosphäre, wirkt in der Summe bedrückender und hat darüberhinaus den näheren zeitlichen Bezug zur Historie. Und es sind nicht zuletzt gerade die schwarz-weissen Bilder, die - an echtes Filmmaterial jener unheilvollen Zeit erinnernd - diese Atmosphäre fördern.

Auch wenn Regisseur Delbert Mann anno 1979 viele Szenen des Orginals 1:1 übernahm (z.B. die im Stacheldraht hängenden Hände), so schuf er doch kein reines 1:1-Remake: Die Erzählstruktur seiner Verfilmung weicht von der des Romans und der Erstverfilmung ab. So wurden die Ereignisse nicht etwa chronologisch aneinandergereiht sondern wird vielmehr zwischen Vorkriegs- und Kriegsszenen gesprungen. Anders als die 1930er-Verfilmung eröffnet Delbert Mann so beispielsweise mit einem opferreichen Sturmangriff, erst anschließend bringt er rückblickend erste Schulszenen aus für die jungen Männer friedlicheren Tagen.

Innovativ und garnicht mal so schlecht, mag man zunächst denken. Dem muss ich widersprechen: Mir wollte diese "neue" Erzählstruktur nicht wirklich zusagen, da sie meiner Ansicht nach dem Filmfluss Schaden zufügt. Das geradlinige Original empfand ich als merklich intensiver, obwohl alle relevanten Szenen auch 1979 selbstredend wieder vorhanden sind. Hätte Mann wirklich Aktzente setzen wollen, hätte man hier anstelle einer bestenfalls halbgaren, "modernen" Erzählweise vielleicht das Grauen des Krieges in noch brutaleren Bildern zeigen können - so wie es der Roman ohnehin tut. Schwarz/Weiss-Bilder hatten das aufgrund ihrer historischen Nähe zum Geschehen nicht unbedingt nötig, "Farbe" hätte aber auf diese Weise die schockierende Wirkung des Filmes verdeutlichen können. Da man - was sicherlich auch damit zusammenhängt, was man zu Beginn der 80er im Kino zeigen konnte - aber auf allzu blutige Momente verzichtete, wirkte Delbert Manns "Im Westen nichts Neues" auf mich mitunter doch zu sehr wie ein "x-beliebiger" Hollywood-Antikriegsfilm mit stets sauberem Sterben. Dem Anspruch der literarischen Vorlage wird dies meiner Meinung nach nicht gerecht!

Im Hinblick auf Filme wie "Der Soldat James Ryan" wäre es vielleicht sogar an der Zeit, ein weiteres, ungeschöntes Remake des Stoffes anzugehen, am besten als deutsch-französische Co-Produktion...

Der Verfilmung des Jahres 1979 muss man aber in jedem Falle noch eine sehr ansehliche Besetzung attestieren. In der Rolle Paul Bäumers sehen wir Richard Thomas, der den jungen Abiturienten, so ganz und garnicht der nationalistische Vollblutsoldat, sehr glaubhaft verkörpert. Donald Pleasence (Kantorek), Ernest Borgnine ("Kat" Katczinsky) und Ian Holm (Himmelstoss) sorgen für zusätzliche Starpower.
Fazit: Auch diese Verfilmung ist natürlich ein Ansehen wert und bringt die Vorlage in angemessener Weise auf die Leinwand, dem Buch und der Milestone-Verfilmung kann sie aber nicht das Wasser reichen. Dazu fehlt es dem Film an Mut zur Provokation - oder gar zum Tabubruch, weiss der nicht-chronologische Erzählstil sich zumindest nicht als überlegen zu beweisen, ebenso wie die Darsteller keine weitere Steigerung gegenüber ihren ergrauten Vorgängern mit sich bringen.

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