Mit Stichwörtern, deren Bedeutungen nahe an einander grenzen füllt Sumimasen, Love sein Plotareal; gespeist aus dem Prolog von Serependity, den Ruhepunkten von Before Sunrise und dem kommerziellen Anliegen eines Love in Macau. Im Grunde ist der Film und damit auch die Liebesgeschichte darin die Ausrede für etwas Anderes, sollte nicht das sich kennen lernende Pärchen im Mittelpunkt des Geschehens stehen, sondern die Stadt Kaohsiung selber; ist das Projekt von der Theorie kritischer Abhängigkeit her dazu gedacht, den Tourismus der zweitgrößten Metropole Taiwans zu fördern und die Schar Ausflugsbegeisterter in die Attraktion und seine Umgebung zu locken. Eine sightseeing tour, an der man hierbei ebenso teilnimmt wie man sie später in realiter nachvollziehen kann, am Besten mit seinem ganz persönlichen Herzstück an der Seite.
Die Geschichte ist dabei eigentlich nur rhetorische Figur, und leider kann der aufstrebende Regisseur Lin Yu-hsien diesen Eindruck einer rein formalen Einfassung auch nicht jedes Mal widerlegen, fehlt die innere Begeisterung dahinter, das Leben, ruht man sich zu sehr auf kurzer Laufzeit und dünnem Plot aus, in dem man die Nichtswürdigkeiten erhält und die Besonderheiten nicht mit größerer Kraft zeichnen kann. Ein Tag Zeit haben Mann und Frau, sich näher miteinander bekannt zu machen, aus dem Zufall getroffen heraus, zu entscheiden, wie es nun weitergehen und ob es mit Demjenigen in Begleitung geschehen soll. Ein Tag in vollständiger Zusammentragung aller scheinbar wesentlichen Umstände, in der man über die Vergangenheit ebenso spricht wie über die Gegenwart und Zukunft, und trotzdem nicht zum Vorschein kommt, was wirklich geschieht oder auch weiterhin möglich ist:
Schauspielerin Tanaka Chie verliert bei einem Kinobesuch ihre Brieftasche. Da sie bereits vorher dem Filmvorführer Wu Huai-chung aufgefallen ist, nutzt dieser die Gunst der Stunde, der eigentlich aus Japan stammenden Schönheit mit einem 500 NT$ Schein auszuhelfen und dabei das Schicksal erneut herauszufordern. Er lässt sie Namen und Telefonnummer auftragen und das Papier dem Geldfluss übergeben, sollte es auf unwahrscheinliche Umstände wieder in seine Hände zurückgelangen, so dürften sich beide als Freund und Freundin bezeichnen. Da Chie am nächsten Tag wieder zurück zu ihrer Arbeit nach Taipeh muss und auch Wu nur bedingt Auszeit nehmen kann, zeigt er ihr für die nächsten Stunden die Stadt, wobei sie sich gegenseitig genauso nahe kommen wie sie gleichzeitig auch mehr über sich selber erfahren.
Die Inspiration dahinter und das so durchgezogene Leitmotiv ist feinfühlig romantisch und idyllisch friedvoll; genauso wie die beiden Menschen und ihre Begegnung als ein einziger Gedanken in der Handlung feststeht, so wird sie auch mit empfänglicher Stilart vollzogen. Die Kamera folgt Ihnen nicht nur auf Schritt und Tritt durch die kosmopolitische Betriebsamkeit, verweilt im geschäftigen Trubel, sucht die Ausflucht in entfernte Ecken, in das Hafenviertel zur Sicht auf das Meer oder dem Ausblick über die Stadt, sondern drängt sich auch in intimer Zutraulichkeit und als verschwiegen fragiler Traum an die Gemeinschaft heran. Gedreht mit leicht unruhigen Handkameras, wie aus der Hüfte geschossen und versehen mit einem eher weichlichen und auch etwas grießigen Bild verleiht man dem Ganzen das Flair einer noch sehr brüchigen Verbindung, analog zu der Gelegenheitsbekanntschaft, die auch jederzeit mit den falschen Sätzen oder zu forschen Schritten auseinander brechen kann.
Dabei agiert man mit durchaus geschickten taktischen Kunstgriffen, fängt die Geschichte eigentlich früher an, als man von den bisher gezeigten Szenen zu denken glaubt und setzt man das Publikum als erst Außenstehenden auch schnell in die emotionale Garantenpflicht: Nicht bloß, dass der Auftakt als pov-shot gedreht und in die Kameralinse gesprochen sich direkt an den Betrachter wendet, auch der Geldschein kommt eher zurück als erwartet, nur von Ihm unbemerkt und von Ihr verschwiegen, was Uns in die theoretische Überlegung des Eingreifens oder Nichteingreifens versetzt.
Ausgestattet mit dieser eigenen ästhetischen Eigenschaft, in der man sich wie als unsichtbare Natur an das Gespann heftet, ohne deren innerliche Empfindungen stören oder auch ihre langsam beginnende Vertrautheit entblößen zu können, ist man der Wirkung des Vorgetragenen allerdings auch ohne weitere Ablenkung völlig ausgesetzt. Der Spaziergang durch die Stadt wird von Dialogen begleitet, voll Improvisation und Gestelztheit und Verpflichtung oder Planung zugleich, die trotz hartnäckiger Wiederholung gerade aufgrund der Steifheit der Sprecher und der banalen Erahnbarkeit des Gesagten die ansonsten anschauende Erkenntnis eher behindern als sie weiter fördern.
Dabei redet vor allem Wu, der sowieso der Führende, fast schon Drängende in der Angelegenheit, aber auch Derjenige ist, der als noch gar nicht bereit für eine Beziehung erscheint. Wu hat ganz andere Träume und leider auch ganz andere Probleme; wie die Sehnsucht nach seinem vor Jahren verschwundenen Vater, dessen Heim jetzt Baumaßnahmen weichen soll und die langweilende Routine in der einstmals elterlichen Firma, wo er im Hauptjob als Schweißer tätig ist. Er badet im [Selbstmit]Leid und sucht nach einem Ausweg, einem Zuhörer, einer Frau, die seine Geheimnisse teilt und behält. Chie ist dafür schlechterdings die komplett Falsche, ein komplettes Nervenbündel, die keine weiteren Tragiken, sondern selber führende Unterstützung braucht; was er und vielleicht auch sie nicht wahrhaben will, der Zuschauer aber schon lange vor der gründlichsten Konversation auch abseits philosophischen Nachdenkens über die Rätsel des Daseins merkt. Momente der Schüchternheit weichen denen der Flüchtigkeit; nie ergibt sich daraus ein Flirt, eine Verliebtheit, geschweige denn eine tiefe Romantik. Eine wenig rührende Wahrheit, die auch trotz Verweilung auf den Vorstellungen und aller anführenden Beredsamkeit nicht zusätzlich Bedeutung erlangt und vielmehr den Charakter der Kontaktarmut beibehält.
Wenigstens erschafft das Gedankenerlebnis in seiner eigentümlich eingeschränkten Bearbeitung den Blick auf die Vorgänge und Wesenheiten der äußeren Welt. Das Geschehen um die beiden Menschen und ihr Plauderstündchen herum wird zwar fast nie und wenn dann auch nur beiläufig und wie abgeschottet verschwommen in Augenschein genommen, stellt durch sein allgegenwärtiges öffentliches Gemurmel aber fast den interessanteren Teil der Aura dar und weiß gerade dort und in dem kurzen Abstecher in das Cinema Paradiso die Konstellation in eine lebendige schöpferische Idee auch über ein Kaffeekränzchen hinaus zu verwandeln.