Der mexikanische Regisseur Guillermo del Toro („Mimic“, „Hellboy“, „Pans Labyrinth“) drehte zu Beginn des Jahrtausends in mexikanisch-spanischer Koproduktion mit „The Devil’s Backbone“ ein Mystery-Drama mit einigen Anleihen im Horrorbereich, das im Jahre 1939 zu Zeiten des spanischen Bürgerkriegs spielt.
Ein engagiertes, älteres Paar betreibt allen Kriegswirren zum Trotze ein Waisenhaus für verstoßene und ausgesetzte Kinder in einem kleinen Dorf. Eines Tages stößt der zehnjährige Kriegswaise Carlos hinzu, dem der Geist eines Jungen erscheint. Auch andere Kinder haben jene Gestalt gesehen. Carlos Neugier siegt über seine Furcht und er versucht das Rätsel um die Geistererscheinung zu lösen. Korrupte falsche Freunde und Helfer des Waisenhauses haben es aber auf die Goldvorräte der Einrichtung abgesehen und gehen getrieben von Gier und Egomanie über Leichen. Und der Krieg droht letztlich auch das Dorf einzuholen.
Mit wundervoll aufspielenden Kinderdarstellerin und handwerklich/technisch einwandfrei versucht sich del Toro an einer Art Verarbeitung des spanischen Bürgerkriegstraumas und erzählt seine Geistergeschichte in überaus bedächtigem Tempo und vermutlich in der Hoffnung, dass sich in rauer Atmosphäre eine leicht märchenhafte, allen Widrigkeiten zum Trotz von Menschlichkeit geprägte Atmosphäre entfaltet. Diese wird aber, wenn auch nur selten, so doch immer einmal wieder, zerstört von den nicht wie vielleicht vermutet nur Märchen-/Fanatsy- oder Mystery-artigen, sondern wahrlich gruselig und nach bester Horrormanier umgesetzten Geistererscheinungen. Dadurch wird Kitsch geschickt umschifft und „The Devil’s Backbone“ bekommt seinen rauen Charme.
Interessant finde ich auch, dass der kleine Fernando Tielve als Carlos zwar schon so etwas wie die Hauptrolle inne hat, aber auch vielen weiteren Charakteren verhältnismäßig viel Aufmerksamkeit zugesprochen wird. Insbesondere das ambivalente Verhalten der Kinder untereinander fiel angenehm klischeearm aus. Im Umkehrschluss führt dies allerdings wiederum dazu, dass von Carlos eigener Vergangenheit abgelenkt wird, indem sich bald mehr der des toten Jungen Santi gewidmet wird, während der Zuschauer aufgrund der bisherigen Herangehensweise des Films bald mehr über Carlos und seine neuen Freunde erfahren möchte. Klar, möglicherweise war es beabsichtigt, dadurch nicht in ein „Coming of age“-Fahrwasser zu geraten, andererseits ist dies etwas schade, da die einzelnen Charaktere viel Potential bieten.
Unterm Strich empfinde ich das eigenwillige Drehbuch mit seiner Handlung als etwas unbefriedigend, etwas ernüchternd nach der anfänglichen und lange anhaltenden Begeisterung für all die visuellen und darstellerischen Qualitäten in den Kulissen Spaniens der 1930er-Jahre. Es fehlt irgendwie am entscheidenden Etwas, am genialen Kniff, am Überraschungseffekt oder eben dramatypischer tiefschürfender Emotionalität. Für Letzteres hätte es vermutlich einer genaueren Charakterisierung einzelner Rollen bedurft. Vielleicht hat mich del Toro aber auch einfach auf dem falschen Fuß erwischt und mich mit meiner Erwartungshaltung an der Nase herumgeführt. Aufschluss wird beizeiten hoffentlich eine Neusichtung geben.
Doch genug genörgelt, denn wie auch immer dem nun genau sei, ist del Toro doch in jedem Falle ein sehenswerter, ruhiger Film mit eindrucksvollen Bildern gelungen. Einfach selbst mal ansehen, bereuen wird man es ganz sicher nicht!