Trotz seiner prominenten Besetzung war "Buffalo Soldiers" vor 10 Jahren kein großer Erfolg beschieden. In den USA kam er gar nicht erst ins Kino, während er sich in Deutschland immerhin zu einem Geheimtipp entwickelte, wofür noch der Spruch "Army go home!" dem neutralen Titel hinzugefügt wurde. Vielleicht lag es daran, dass dem Film von allen Seiten das Deckmäntelchen "Satire" übergestülpt wurde, möglicherweise auch daran, dass die in Deutschland spielende Handlung des Films nochmals ein Jahrzehnt zurück gesetzt wurde - zum Zeitpunkt des Mauerfalls, Ende 1989.
Warum Regisseur und Autor Gregor Jordan diese Konstellation wählte, schien bei dieser Genre-Einordnung nebensächlich. Doch außer für einen guten Gag, als die in Deutschland stationierten Soldaten ihr fehlendes Wissen über die politische Situation in Ost und West angesichts der Ereignisse an der Berliner Mauer offenbaren, spielt dieser Zeitsprung keine Rolle für die Handlung, die genauso fünf Jahre früher hätte stattfinden können - oder auch später. Der tatsächliche Grund liegt darin, dass es sich bei dem Wissensstand der amerikanischen Soldaten keineswegs um einen Gag handelt, sondern nur um ein Detail einer Realität, der Jordan mit seinem Zeitversatz ein wenig seine Brisanz nahm - Schwierigkeiten bekam der Film in den USA auch so schon genug.
Dieser Fakt war zwar allen zeitgenössischen Kritiken zu entnehmen, genauso wie er immer wieder in diversen Internet-Nachbetrachtungen erwähnt wird, aber Niemand stellte sich die Frage, weshalb die US-Amerikaner so empfindlich auf einen angeblich satirischen Film reagierten. Es gibt eine Vielzahl Satiren über den Krieg und das Soldatentum – doch egal, ob sie „M.A.S.H.“ hießen und einen Oscar erhielten, oder ob es sich um eine von der Bundeswehr unterstützte Klamotte wie „Kein Bund fürs Leben“ handelte – wirklich weh taten sie Niemandem. Dagegen traf Kathrin Bigelow’s „The hurt locker“ durchaus den Nerv und wurde ebenfalls in den US-Kinos ignoriert, aber Niemand kam auf die Idee, es handelte sich bei dem Irak-Drama um eine Satire, obwohl der Film durchaus die darin geschilderte Situation zuspitzt.
Der einzige Anlass im Film, diesem eine gewisse komödiantische Seite zuzusprechen, ist die genial gestaltete Hauptfigur Ray Elwood (Joaquin Phoenix), der es sich als Rang niedriger Soldat schön in der Nachschubkompanie des netten, aber einfach gestrickten Colonel Berman (Ed Harris) eingerichtet hat. Das ein offensichtlich Krimineller zum Sympathieträger wird, liegt nicht nur an dessen rhetorischem Geschick, sondern an seinem solidarischen und fairen Auftreten. Phoenix gelingt es, auf dem schmalen Grad zwischen einer kriminellen Energie, die ihn trotz des Anblicks zweier getöteter Soldaten, sofort das große Waffengeschäft wittern lässt, und einem echten Engagement für seine Freunde und Umgebung, so zu wandeln, das man sein Handeln gar nicht als verwerflich ansieht. Der eigentliche Grund dafür liegt aber in einer Umgebung, die an Korruptheit, Gewalttätigkeit und Unmenschlichkeit nur schwer zu überbieten ist.
Schon in der ersten Szene des Films, als ein offensichtlich zugedröhnter Soldat tödlich beim Football-Spielen im Mannschaftsaufenthaltsraum verletzt wird und das außer Elwood Niemand bemerkt, werden die Weichen hinsichtlich der Sympathie gestellt. Nur lustig ist an dieser Szene nichts, außer man versucht krampfhaft, nichts von dem ernst zu nehmen, was hier – nur mit sehr geringen Übertreibungen – auf den Punkt gebracht wird. In „Buffalo soldiers“ werden noch einige Soldaten blutig geschlagen oder getötet, aber in keiner dieser Szenen existiert auch nur eine Spur von Ironie. Das penetrante Aufrechterhalten angeblich schwarz-humoriger Elemente durch diverse Kritiker, kann nur einer völligen Unkenntnis der Realität entsprungen sein, wie sie in einer von der Außenwelt abgeschotteten Einheit besteht - noch dazu, wenn diese außerhalb des eigenen Heimatlandes liegt - oder an einer, an moralische Verwahrlosung grenzenden, Ignoranz liegen.
Interessanterweise wird ausgerechnet das grundlegende Szenario als satirisch hingestellt, dass nicht einmal im Detail übertrieben ist, denn der schwunghafte Handel mit Drogen oder anderen Dingen, denen man habhaft wird, ist Alltag. Genauso wie die Versuche der Heeresführung, solche verständlicherweise unerwünschten Entwicklungen einzudämmen. „Buffalo soldiers“ behauptet keinen Moment, dass die anfangs von Elwood geschilderten Zustände von der Armee akzeptiert werden, sondern beginnt seine eigentliche Handlung mit dem Auftauchen von Sergeant Lee (Scott Glenn), dessen Aufgabe es ist, den Schweinestall auszumisten. Schnell erkennt er in Elwood den Organisator, weshalb sich ein Konflikt zwischen dem knallharten Vietnam-Veteranen und dem unsoldatischen Hallodri entwickelt, der keinerlei Komik beinhaltet, sondern in ein lebensgefährliches Szenario mündet. Dazu gehört auch die Liebesgeschichte zwischen Lee’s Tochter Robyn (Anna Paquin) und Elwood, an deren Ernsthaftigkeit auch kein Zweifel besteht.
Nicht nur diese Dreierkonstellation, eine Vielzahl weiterer Ereignisse, wie das brutale Zusammenschlagen von Elwoods neuem Stubenkameraden oder der feige Anschlag auf Elwoods Freund, entbehren jeder Ironie, sondern vermitteln den Eindruck eines soldatischen Alltags, der von Gewalt und Unterdrückung geprägt ist. Das der Film trotz seiner ernsten und kritischen Thematik seine Leichtigkeit behält, liegt zum Einen an der Coolness der Hauptfigur, die sich nicht einmal aus der Ruhe bringen lässt, als Lee sein geliebtes Auto zerstören lässt, zum Anderen am schnellen und abwechslungsreichen Erzählstil des Films, der zumindest im Detail auch manche Übertreibung einstreut.
Doch das ändert nichts daran, dass Regisseur Jordan hier nur ganz knapp an einem tiefernsten Drama vorbei schlitterte, für das er nur wenige Elemente hätte ändern müssen. Man kann darüber diskutieren, ob er sich damit einen Gefallen getan hat, angesichts der entstandenen Meinung, bei seinem Film handelt es sich um eine Satire. Andererseits verdeutlicht die Reaktion in den USA auf seinen Film, dass er damit einen wunden Punkt getroffen hatte, und auch ein Betrachter, dem die Verhältnisse innerhalb einer Armee weniger vertraut sind, spürt bei genauem Hinsehen, das hinter der unterhaltende Fassaden verborgene Grauen (9/10).