Review

China, Zweiter Weltkrieg.
Während einer Veranstaltung des Zirkus Shanfa geht durch einen Fliegerangriff das Zelt in Flammen auf; nur mühsam können sich die Artisten um Direktor Shen Tin-yi [ Wu Ma ] retten.
Sie entfliehen dem Chaos in Shanghai und lassen sich in einer anderen Stadt nieder, um einen Neustart zu versuchen. Doch vor allem der Trapezkünstler Lo Yi-tung [ Yuen Biao ] zieht durch seine aufmüpfige Art nur Ärger mit dem Polizisten Tang Fa [ Donnie Yen ] an; und stösst dann noch auf einen von Lung [ Ken Lo ] und Owan [ Bey Logan ] durchgeführten Opiumhandel...

Von seiner Machart her ungewöhnlicher, aber gerade dadurch auch nicht wirklich guter Martial Arts Flick, der allein von seiner Besetzung her schon viel besser sein sollte und auch nur dadurch noch irgendetwas retten kann.
Auffallend seltsam ist vor allem die Regie Wu Mas, der hiermit nach 30 Jahren Tätigkeit im Filmgeschäft sein vorläufiges Abschiedswerk kredenzt; 2005 sollte mit Insuperable Kid noch eine so gut wie unbekannte Arbeit in Co – Regie folgen.

Wu tut sich mit der Inszenierung hier keinen grossen Gefallen und hätte den Stuhl lieber jemand anderem überlassen sollen; das Gleiche gilt übrigens auch für seinen Vorgänger Kickboxer, der ähnlich ruppig zusammengestellt ist.
Beide würden gern so etwas wie Once Upon a Time in China darstellen und bewegen sich mit der Geschichte und ihrem Setting auch direkt im Fahrwasser, aber haben weder die Mittel noch das Talent zusammen, um auch nur annähernd an das grosse Vorbild aufzuschliessen.
Stattdessen wird nur so getan als ob. Hier und da sieht es dann auch mal nach mehr Budget aus, besonders die Bombardierung des Zeltes als auch der Beschuß des Hafens gibt erstmal ein imposantes Bild ab. Aber im Gesamtkontext will man grösser wirken als man es sich leisten kann und induziert sich dadurch noch mehr zu einer Billigproduktion.

Vor allem die Location erscheint oftmals recht schäbig und könnte im Normalfall den perfekten Schauplatz für einen C – Actionreisser abgeben. Nichts dagegen, wenn man mal nicht im gelackten Hochglanz schwelgt, aber hier sieht es ja aus, als ob Godfrey Ho am Regler steht. Alles so schön heruntergekommen und grob und schief zusammengezimmert.
Dasselbe gilt ironischerweise für Drehbuch und Regie, die sich dann auch tatsächlich in ihrer Arbeit ergänzen: Das eine schneidet die Geschichte in viele kleine Stücke, mal mehr, mal weniger zusammenhängend und selten die wichtigen Sachen beachtend. Ein Großteil passiert einfach so, ohne das es erklärt wird; das Skript selber reisst nur an und verbleibt in seinen wenigen Stichworten. So steht im Prolog zum Beispiel als geschichtlicher Hinweis nur „In 1942, Japan invaded China“. Mehr nicht, derartig kurz sind auch alle anderen Hinweise gegeben; den Rest kann man sich aus den Bruchstücken selber zusammenreimen, wenn einem danach ist.
In diesem Fall natürlich darauf bezogen, ob man nun einfach einen Fehler in der Aussage gemacht hat und eigentlich meinte, dass es bereits 1942 sei. Der Zweite Japanisch-Chinesische Krieg startete ja bekanntlich Juli 1937; und wenn schon Verwirrung darüber besteht, zu welcher Zeit der Film spielt...
[Zusätzlich dazu erwähnt man dann auch nicht, wo man sich denn nun befindet.]

Den Hintergrund des Krieges hat man nach der Einführung übrigens vergessen; nicht die einzige Option, die zwar registiert, aber dann schnell fallengelassen und so vergeudet wurde.
Schlimmer ist dann noch, dass die Handlung wieder von vorne anfängt, wenn man mit seinen wenigen Weisheiten am Ende ist.
Durch die Wiederholungen werden die Aussagen breitgetreten und die Fehler darin noch mehr offensichtlich; so reden die Zirkusleute wirklich die ganze Zeit nur von ihrem Wiederaufbau, aber das auch nur hypothetisch. Also sie würden gerne, aber...Oder sie machen es, wenn...Oder es ist es alles sinnlos, weil...
Die Inszenierung dann geht sehr flink vonstatten, die Szenen huschen ballast-, da aussagefrei nur an einem vorbei; man weiss nach einer Weile gar nicht mehr, wo einem der Kopf steht. Da auch ständig entweder gar nicht betont wird oder falsch muss man sich schon selber zurechtfinden; selber entscheiden was für einen wichtig ist und was eben total belanglos, aber trotzdem laufend in der Bildmitte vorzufinden ist. Ein stimmiger Aufbau ist nicht gegeben, die Anschlüsse hapern und es passiert eine ganze Zeit nichts Bestimmtes.

Dadurch bewegt sich der Film trotz der Schnelligkeit, mit der er abläuft nicht wirklich vom Fleck, da er sich selber nicht weiterentwickelt.
Die Bösen in der Geschichte tauchen nur sporadisch mal auf und selbst ihr Motiv muss öfters reininterpretiert werden, weil Wu nicht richtig erzählen kann. Die Polizei läuft auch okkasionell übern Weg; die Figur von Captain Tang Fa ist nur wegen der Besetzung mit Donnie Yen irgendwie auffällig und scheint auch nur daraus seine Existenzberechtigung zu erhalten. Stattdessen wird sich auf die Zirkusfamilie konzentriert und dort sowohl Drama als auch Komödie versucht, wobei sich das eine im langweiligen, depressiven Kitsch auflöst und das andere in Kinderkloppe.
Durch die Häßlichkeit der Szenerie und den stetig behäbigen Gesprächen plus den vielen Stolpersteinen auf dem Weg zieht einen der Film auch eher runter als das er unterhält. Zudem machen alle lange Gesichter; da hat man den Spruch vom traurigen Clown wohl zu wörtlich genommen.

Auch die Action ist mehr von der betrübten Gestalt, zumindest wenn man sich die beteiligte Könnerschaft und damit die Voraussetzungen ansieht. Sicherlich hält man hierbei noch einen guten Standard, aber mit den Leuten vor der Kamera sollte man mehr als properes Mittelmaß erwarten dürfen. Schon auffällig, dass gestandene Leute wie Yuen und Yen dabei gar kein [offizielles] Mitspracherecht hatten, trotzdem ist die Choreographie der eher unbekannten Baan Yun Sang, Yuen Mao und Mandy Chan noch das Beste am Film. Drahteinsatz ist zwar vorhanden, wird aber nur selten auf die Spitze getrieben. Man verlässt sich nicht nur darauf und bringt auch ohne einige gescheite Bewegungen und Kombinationen zustande, die auch immer mit viel Akrobatik verbunden sind. Zudem wird man im Showdown auch ausführlicher, sieht dort trotzdem nur aus wie der kleine Bruder vom Drunken Master 2. Dass es dann nicht so richtig kickt, mag zum einen daran liegen, dass das Bild entweder viel zu sehr aufgezoomt ist [ Australische DVD, Force Entertainment ] oder die Kamera wirklich so dicht dran, viel sehen von den eigentlichen Kämpfen tut man jedenfalls nicht, weil an allen Seiten Platz fehlt. Ausserdem sind häufig Schnitte direkt in die Bewegung hinein vorzufinden, und Zwischenszenen werden auch noch eingefügt, was jeden Rhythmus zerstört. Abgesehen davon ist man jetzt natürlich nicht mehr emotional beteiligt und beobachtet einfach nur so, ohne wirklich dabei zu sein. Zumindest fällt noch auf, dass die Explosionen durchweg grösser sind.
Vielleicht hätte man diese gleich durchgängig bringen sollen.

Schade für alle Anwesenden, dass es hiermit nicht so klappte. Besonders Yuen hätte man es ja gewünscht, nachdem er in OUATIC zum Hasenfuss degradiert wurde; aber das Einspiel von gerade mal HK $911,790.00 hat ihm sicherlich kaum weitergeholfen. Nun verschwand er wirklich im B – Film Dschungel, auch Donnie Yen sollte ihm für eine Weile nachfolgen. Circus Kids ist das Stellglied.

Details
Ähnliche Filme