Ein bisschen schade ist es schon, dass „Miller’s Crossing“ nach mittlerweile 15 Jahren dem Otto-Normal-Filmgucker immer noch kein Begriff ist. Das Frühwerk der Coen-Brüder ist zwar nicht derart meisterhaft, wie Fans es gerne hätten, aber in jeder Hinsicht sehenswert.
Die Szenerie ist hinlänglich bekannt und orientiert sich größtenteils am klassischen Film-Noir der 40er Jahre. Die Geschichte spielt sich irgendwann während der Prohibition in einer typischen amerikanischen Großstadt ab, wobei man nie erfährt, um welche es sich handelt, allerdings ist sie fest in der Hand von Gangsterbanden, die Polizei wird von den mächtigen Bossen geschmiert. Inmitten alltäglicher Schießereien gerät der Gangster Tom plötzlich zwischen die Fronten, weshalb es in der Stadt zu einem Bandenkrieg der Italiener und Iren kommt, im Laufe dessen Tom immer wieder in Lebensgefahr gerät.
Was jetzt nicht folgt, sind ausgedehnte Schießereien oder spektakuläre Actionszenen, was die Coen-Brüder überhaupt nicht vorhatten, bzw. bei dem Budget auch gar nicht möglich gewesen wäre. „Miller’s Crossing“ spielt sich deshalb in weiten Teilen in Gebäuden ab, aufwendige Außenkulissen sucht man vergebens, weshalb der Film ganz in der Tradition klassischer Gangsterstreifen steht. So scheint beispielsweise gleich die Anfangsszene eine Reminiszenz an den „Paten“ zu sein, eine über Minuten gestreckte Dialogsituation in einem unterbelichteten Raum, in dem der Boss mit grimmiger Mine hinter seinem Schreibtisch hockt.
Ganz so packend wie bei Coppola & Co. ist das Ganze zwar nicht, aber ab dem Zeitpunkt, wo man alle Namen richtig zuordnen kann, beginnt sich doch ein unterhaltsames Intrigenspiel zu entwickeln. Die Story ist zwar bisweilen kompliziert gestrickt, aber bei einer gewissen Aufmerksamkeit ohne Probleme nachzuvollziehen und allein wegen der geschliffenen Dialoge und durchtriebenen Figuren interessant. Vor allem Marcia Gay Harden als undurchsichtige Verna sticht hierbei heraus.
Kommt es dann doch einmal zu einem Bruch der ruhigen Inszenierung, dann richtig. Die wenigen Gewaltszenen fallen äußerst drastisch aus und rechtfertigen die Freigabe noch heute. Die bekannteste Sequenz ist aber diejenige im Wald, am „Miller’s Crossing“, wo Tom Bernie erschießen soll und die aufgrund John Torturros wimmernden Flehens ungeheure Intensität erlangt. Leider trübt die Tatsache, dass das Verweilen der beiden anderen Gangster am Auto äußerst unglaubwürdig scheint, die Szene doch etwas.
Ein äußerst unkonventioneller Film ist „Miller’s Crossing“ auf jeden Fall, dafür spricht auch das negative Ende, vor allem aber die unspektakuläre Inszenierungsweise. Ruhige Kameraeinstellungen und lange Dialogsituationen sind längst nicht mehr zeitgemäß, sorgen aber nicht zwangsläufig für Langeweile. Somit ist dieser Gangsterfilm der Coen-Brüder auch nach so vielen Jahren noch sehenswert, weil erfrischend altmodisch. Trotzdem hat es nie zu mehr als einem Geheimtipp gereicht...