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  „Weinendes Blech - nichts Neues an der Krawall-Bay"

„Wow, wow, wow, wow." Ungefähr gefühlte hundert Mal brunften sich die Angehörigen des militärischen Sonderkommandos zur Alienbekämpfung mit dieser direkt aus dem tiefergelegten Artikulationsrepertoire vornehmlich männlicher, juveniler Dünnbrettbohrer entnommenen Lautfolge an. Das sagt nicht nur Einiges über den Intelligenzquotienten der Army-Heroen aus, sondern knallt auch der anvisierten Zielgruppe eine wuchtige Anbiederungs-Breitseite vor den pubertären Bug und umreißt zudem treffend Substanz, Gehalt und Aussage des dazugehörigen Films.
Transformers: Die Rache ist ein an Debilität, Flachsinn und völlig niveaulosen Gags selbst vom Macher nicht mehr zu unterbietendes Krawallspektakel. Das mag viele nicht sonderlich überraschen, schließlich bekommt Regie-Trampel Michael Bay in schöner Regelmäßigkeit die Kritikerschelte standesgemäß großkalibrig um die (leider) stocktauben Ohren geknallt. Bleibt man fair, muss man allerdings zugeben, dass zumindest Werke wie Armageddon, The Rock oder eben auch der erste Transformers inmitten all ihres lärmenden Gedöns durchaus stellenweise (treffenden!) Witz und (teilweise sogar selbstironischen) Charme versprühen.
Gerade bei der Adaption des 80er-Jahre-Kultspielzeugs für die große Leinwand gelang Bay 2006 eine zwar inhaltlich flache, aber schwer unterhaltsame Mischung aus krachigem Bombastkino, gewitzter Pennälerklamotte und beeindruckendem Effektspektakel. Die Figur des unfreiwillig in die Auseinandersetzung zweier verfeindeter Roboterarmeen katapultierte Teenagers Sam Witwiki (Shia LaBoef) hielt den Film in der Balance und bewahrte ihn vorm stetig drohenden Absturz in seelenlose CGI-Ballerei und tumbe Militarismuspropaganda.

Vordergründig ist das Konzept wieder haargenau das Gleiche. Nur während man sich im ersten Film noch relativ viel Zeit für die Einführung der Figuren und ihrer Spleens gelassen hat, bietet der zweite Teil lediglich eine planlose Aneinanderreihung verschiedener, vermeintlich witziger Schlaglichter. Dabei wird so maßlos übertrieben, dass jeglicher Anflug von augenzwinkertem Humor in brachialer Niveaulosigkeit flächendeckend erstickt wird. Unbestrittenes Negativhighlight ist dabei Sams überkandidelte Mutter, die im Drogenrausch nicht nur aus der Sicht ihres Sohnes einen der peinlichsten Auftritte in einem diesbezüglich wahrhaftig nicht unterversorgten Film abliefert. Dazu kommen dann noch rammelnde Hunde und Roboter sowie eine Darstellung des weiblichen Geschlechts, die die Fast and Furious-Reihe wie ein ambitioniertes Feminismusprojekt wirken lässt. So gut wie keiner der geschätzten 1000 Witze zündet. Hier dürfte lediglich der geistige Bodensatz der oben erwähnten Zielgruppe den ein oder anderen  Brüller loswerden.

Neben dem humoristischen Dauer-Tiefflug hat der Film aber noch ein zwei weitere Knallchargen-Bonbons zu bieten. Da wäre zunächst die Story. Gut, in Produktionen dieser Gattung darf man keine durchdachten und logischen Erzählstränge erwarten. Aber was uns hier geboten wird, ist dann selbst für Sommer-Blockbuster-Standards  indiskutabel. Schon die Rechtfertigung für ein erneutes Aufflammen des Krieges zwischen Decepticons und Autobots taucht die Bezeichnung „hanebüchen" in gleißendes Euphemismus-Licht. Die Suche nach einer lebensspendenden Energiequelle, die natürlich vor Urzeiten von Vorfahren der guten Autobots versteckt wurde, dient lediglich als papierdünnes Vehikel für eine Zerstörungsorgie allerersten Ranges.  Ähnlichen Hokuspokus kennt man aus Stargate, Das fünfte Element und der härtesten Konkurrenz im Gurkenrennen: 10 000 B.C.

Das inzwischen mit den Autobots zusammenarbeitende Militär besteht nur aus soldatischen Pin-up-Boys mit edelsten Motiven und dem größten Waffenarsenal der jüngsten Filmgeschichte. Top Gun wirkt im Vergleich wie ein kritischer Dokumentarfilm. Gut, das war jetzt übertrieben. Denn der häufig kolportierte Vorwurf einer Militarismuseloge ist bei genauerem Hinsehen nicht vollends überzeugend. Zwar agieren die auftretenden Soldaten durchweg heldenhaft und überaus photogen, überbieten sich aber gleichzeitig auch an ausgemachter Dämlichkeit. So scheint der kommandierende General im gesamten Filmverlauf nicht den geringsten Durchblick zu haben. So genügt der Anruf eines durchgeknallten Verschwörungsfanatikers (John Torturro in der Neuauflage seiner Rolle aus Teil 1) von einem örtlichen Münzfernsprecher, um die Spezialeinheit binnen kürzester Zeit in Ägypten abspringen zu lassen. Wenig später kontaktiert derselbe Spinner einen  Flugzeugträger, der mal schnell aus Hunderten Kilometer Entfernung treffgenau auf die Spitze einer Pyramide feuert. Na ja, wer fragt schon nach, wenn man mal wieder so richtig knackig in Aktion treten kann. Das es hier um das Hoheitsgebiet eines fremden Landes geht, geschenkt. Wenn sich das amerikanische Militär schon mal die Ehre gibt, will man als „Gastgeber" natürlich nicht störend im Wege stehen oder gar mit lästigen Formalien nerven. Schließlich kann man von solchen Profis nur lernen.

Bleiben noch die Dialoge. Da fehlen einem schlichtweg die Worte. Leider gilt das nicht für die Figuren in Transformers 2. Gerade die Roboter sind überaus geschwätzig. Getreu ihrer Beschaffenheit äußern sie so viel Blech, dass es für einen ganzen Schrottplatzkontinent reichen würde. Während die finsteren Decepticons solch furchterregende Sprüche wie „Die Rache ist unser" absondern, schwadroniert Autobots-Anführer Megatron minutenlang pathetisch über Ehre, Bestimmung und Schicksal. Das ist in seiner erbärmlichen Schlichtheit und platititüdenhaften Wortwahl ein Fest für Fremdschämfanatiker. Ähnlichen verbalen Dünnpfiff hatte zuletzt George Lucas ansonsten allerdings in jeder Hinsicht besserer Star Wars-Vorklapp Episode I zu bieten.

Was gibt es Positives zu vermelden? Eigentlich nichts. Steht man auf Werbeclipästhetik, kann man sich immerhin an den Bay-typischen Sonnenuntergangspanoramen ergötzen. Hier darf dann jeder mal ran. Neben den immer wieder gern genommenen Soldaten und allerhand Kriegsgerät diesmal auch die titelgebende Alienrasse. Dazu gibt es noch die perfekt ins Bild gerückten Touristenmagneten der Pyramiden von Giseh sowie die jordanische Felsenstadt Petra zu bewundern. Das wirkt zwar rein zu diesem Zweck ins Drehbuch geschrieben, aber was solls.
Ach ja. Megan Fox. Ihr erster Auftritt - lasziv hingefläzt auf einer chromblitzenden schweren Maschine - kann ob seines massiv vordergründigen Appells an feuchte Jungenträume noch als Anflug von Ironie gewertet werden. Obwohl man sich bei dem guten Michael da nie sicher sein sollte. Zumal er im Rest des Films noch häufiger - gern auch mal in Zeitlupe - auf diese bereits aus dem ersten Teil bewährte Sabber-Karte setzt.

Letztlich macht Transformers 2 alles schlechter als der für Bay erstaunlich charmante und kurzweilige Vorgänger. Getreu dem Motto „Size matters" werden die Stärken des ersten Teils durch ihre gnadenlose Überzogenheit in einer hirn- und seelenlosen Materialschlacht pulverisiert. So dient der Film lediglich als Viagra für völlig anspruchslose männliche Teenager.
Aber vielleicht ist der Untertitel ja auch Programm und Bay wollte sich einfach nur an den Kritikern rächen, die ihm regelmäßig jegliches Regietalent absprechen. „Seht her, ich kann es noch viel schlechter. Und das mit Schmackes!", scheint einem der Film regelrecht entgegen zu schreien. Bei soviel Stumpfsinn müssen schließlich sogar die Roboter weinen. Ob Bay sich dieser beißenden Ironie bewusst war, darf ernsthaft bezweifelt werden. Aber vielleicht belehrt er uns ja im unvermeidlichen dritten Teil eines Besseren. Dümmer geht jedenfalls nimmer.

 (1,5/10 Punkten)

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