Versucht man in ein paar Jahrzehnten etwas über den Massengeschmack des frühen Jahrtausends zu erfahren, böten sich Michael Bays Filme signifikant an. So wie es aufschlussreicher ist, einen Heimatfilm der 50er Jahre oder einen Peter Alexander-Film der 60er Jahre anzusehen, um etwas über verbreitete Vorlieben im damaligen Deutschland zu erfahren, können Bays Filme fast schon einen weltweiten Geschmack abbilden – speziell für den jüngeren, meist männlichen Teil der Bevölkerung.
Die Darstellung des weiblichen Geschlechts in dauerhaften Pin-Up-Posen, konterkariert von einer hysterisch weinenden Mutter, wenn diese ihren Sohn zum Studium entlässt, das Verhalten von Studenten, dass sich entweder in promiskuitiven Posen oder Verschwörungstheorien faselnden Nerds ergeht, die wiederum von egozentrischen Selbstdarstellern geschult werden, die Heroisierung eines Militärapparates, der sich mit bürokratischen Sesselpupsern herumschlagen muss, für die Worte wie Solidarität (unter verbündeten Kämpfern) und Konsequenz Fremdworte zu sein scheinen, spiegeln die Baysche (und Spielbergsche) Welt in den gewohnt unruhigen Bildern wider, die ohne erkennbare Ironie sämtliche (männliche) pubertäre Fantasien bedient. Wer das als Werbeclip für die US-Armee und Untermauerung vorhandener Vorurteile versteht, kann sich zu recht über „Transformers 2“ ärgern.
Nur gut, dass der Name „Michael Bay“ so deutlich auf allen Werbeplakaten prangt (der Mann macht auch während des Films munter weiter in Sachen Eigenwerbung ), so dass man gar nicht erst den Fehler begehen kann, versehentlich in diesen Film zu gehen – oder schlummern doch kleine Reste von Begeisterung für Bay’s Welt im eigenen Unterbewusstsein ? – Bay bedient so schamlos die gängigen Klischees, dass man gar nicht umhin kommt, hinzusehen, wenn unmittelbar, nachdem Sam (Shia LeBeouf) in seinem Uni-Wohnheim ankommt, gleich eine Blondine aufmarschiert, die selbst Megan Fox Konkurrenz bieten kann, oder wenn die Studentinnen in hochhackigen Schuhen wie Models in der ersten Reihe des Vorlesesaal im Gleichschritt aufmarschieren.
Ähnlich wird die Armee, ihre gesamte Ausrüstung samt neuester Waffen ins oft zeitlupengestählte Bild gestellt, charakterlich sympathisch noch durch ihre vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den guten Autobots um Optimus Prime, denen von den blassen Regierungsvertretern die Schuld am plötzlichen Angriff der bösen Decepticons gegeben wird. Wirklich ernst nehmen kann man das nicht, angesichts eines Waffengangs, der an Gefahr und Hochtechnisierung nicht mehr zu übertreffen ist, der aber gleichzeitig keinen einzigen Toten oder auch nur schwer Verletzten nach sich zieht. Natürlich wird in den Nachrichten von tausenden Opfern gesprochen, was angesichts der städtischen Verwüstung zu Beginn in Shanghai auch nicht überrascht, aber das bleibt ebenso abstrakt wie in einem James Bond Film. Allein wie Shia LeBeouf und seine Freundin durch Raum und Zeit geschmissen werden, erinnert in den Auswirkungen an Tom und Jerry Filme, selbst ein Herzstillstand erzeugt danach keine Atemlosigkeit mehr.
Erstaunlich ist zudem, wie strukturiert Bay seine Story, die inhaltlich nur wenig zu bieten hat, aufbaut. Trotz ausgiebiger Metallschlachtorgien zwischen den Robotern, gibt es auch längere Passagen ohne Krawall, so dass die 150 Minuten durchgehend unterhalten können, auch wenn der zweite Teil nicht mehr mit dem an Spielberg erinnernden Familienleben punkten kann. Die stärkere Hinzunahme von John Torturro, der eine Persiflage auf den einsamen Helden gibt, kommt dem Film zugute, der allerdings auch vor geschmacklosen Scherzen nicht zurückschreckt.
Entscheidend dafür, dass einem der Spaß am offensichtlichen Spiel nicht vergeht, ist aber der Hauptdarsteller. Hätte Shia LeBeouf nur ein wenig kantigere Gesichtszüge, einen etwas gestählteren Oberkörper oder ein leichtes Pathos in der Stimme, dann würde das Ganze komplett umkippen. Während Megan Fox als Mikaela die feuchten Träume jedes Pennälers problemlos erfüllt, ist die untypische Besetzung von LeBoef ein genialer Schachzug. Alles was Bay an Machobildern, Frauenklischees, Militärverherrlichung und emotionalem Ballast auffährt, wird von LeBoef konterkariert. Er bleibt der Junge, der nur spielen will, und deshalb sieht man ihm gerne dabei zu (6,5/10).