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1973 hatte „Der Mann mit der Todeskralle“ den Crossover-Appeal von Martial-Arts-Filmen mit östlichen und westlichen Stars bewiesen, Raymond Chow hatte via Concord Productions mitproduziert und den Film über Golden Harvest vertrieben. Während die Shaw-Brothers-Konkurrenz schnell nachzog und Crossover-Werke wie „Die 7 goldenen Vampire“ (mit den britischen Hammer Studios) raushaute, ließ auch Golden Harvest sich nicht lumpen und schuft unter anderem „Der Mann von Hongkong“ im Verbund mit Australien.
Nichts verbindet im Actionkino international so sehr wie gemeinsame Verbrechensbekämpfung, man schaue sich Beispiele von diversen James-Bond-Filmen über „Black Rain“ und „Red Heat“ bis hin zu „Rush Hour“ nebst Sequels an. Hier sind es also Hongkong und Australien, deren respektive Drogenhändler zusammenarbeiten. So trifft sich Drogenkurier Win Chan (Sammo Hung) mit seinem australischen Gegenstück am Ayers Rock, die Ware wird übergeben, doch dummerweise rückt die Polente an und nimmt den Hongkong-Chinesen nach Fußverfolgung und Wemmserei in Gewahrsam, während der einheimische Gangster bei einer Autojagd nebst Vehikel geschrottet wird.
Um Win Chan wieder in die Heimat zu überführen, schickt die Hongkonger Polizei ihren besten Mann, Inspektor Fang (Wang Yu). Noch in der Heimat macht der Inspektor die australische Reporterin Caroline Thorne (Rosalind Speirs) klar, um einen Hauch James-Bond-Feeling in die Plotte zu bekommen. Dementsprechend wurde für die Rolle des Oberschurken Jack Wilton dann auch Einmal-Bond George Lazenby gecastet – das Ex-Model hatte nach dem Scheitern seines Bond-Films „Im Auftrag ihrer Majestät“ nicht allzu viel Glück in Sachen Schauspiel und nahm derartige Parts gern an.

Wiltons Namen kann Fang dann in Australien noch aus dem Gefangenen rausprügeln, will diesen anschließend aber brav nach Hongkong überführen, doch ein Mordanschlag macht ihm einen Strich durch die Rechnung. Von da an ermittelt Fang auf eigene Faust in Down Under…
Die Geschichte des rüpeligen Actioncops auf internationaler Verbrecherjagd ist halb Dirty Harry, halb James Bond, wobei der Held in ersterer Funktion mehr überzeugt als in letzterer. Gerade in Sachen Frauengeschichten hat Inspektor bei weitem nicht den Swagger von James Bond, sondern wirkt beim Flirten und Bettgehüpfe mit Caroline etwas mechanisch. Seine spätere große Liebe zu den australischen Farmerstochter Angelica (Rebecca Gilling) zeigt „Der Mann von Hongkong“ dann lieber direkt als Montage der gemeinsam verbrachten Zeit, unterlegt mit seifiger Schnulzenmusik. Das hält allerdings eher den Betrieb auf, da man Fang den romantischen Helden nicht so recht abkauft. So ist er dann als prügelnder Bulle, der Partys crasht, sich nicht um Durchsuchungsbefehle schert und zum Unmut der einheimischen Kollegen Detective Sergeant Morrie Grosse (Hugh Keays-Byrne) und Detective Inspector Bob Taylor (Roger Ward) diverse Leichen hinterlässt, die wesentlich überzeugendere Figur.
Als Haupt-Regisseur und Drehbuchautor weiß der australische B-Movie- und Exploitation-Experte Brian Trenchard-Smith seine Hauptfigur in einem simplen, aber funktionalen Plot zu packen. Fangs Ermittlungsarbeiten beschränken sich in erster Linie darauf Hinweise aus den Taschen getöteter Gegner zu friemeln und dort Stunk zu machen, wo sich Wilton gerade aufhält, während der Schurke einen Mordversuch nach dem anderen an dem stahlharten Inspektor in Auftrag gibt. Das eigentliche Drogengeschäft des Fieslings gerät darüber bald vollkommen ins Hintertreffen, die einheimischen Cops sind auch nur bessere Staffage, auch wenn Grosse als zotteliger Undercover-Bulle im „Serpico“-Gedächtnislook für Auflockerung und ein paar coole Sprüche sorgt. Zudem hat Trenchard-Smith ein paar nette inszenatorische Tricks parat, etwa wenn er die drei Cops beim Gespräch im Laufen aus der extremen Untersicht zeigt und Grosse am Ende der Einstellung quasi auf die Kamera tritt. Vom Niveau her ist das Ganze zwar immer noch die B-Klasse, aber gehobene B-Klasse.

Vor allem aber verliert „Der Mann von Hongkong“ nie das Wesentliche aus den Augen und das ist natürlich die Action. Die Set-Pieces sind gut über den Film verteilt und teilweise von fast schon exzessiver Länge. Hier stechen vor allem der Zweikampf zwischen Fang und einem Attentäter (Grant Page) heraus, die sich durch eine Küche und ein komplettes Restaurant prügeln, eher der Schurke irgendwann den Geist aufgibt, sowie eine Autojagd im letzten Drittel, in deren Verlauf Fang mehrere Henchmen auf Motorrädern und in Autos zur Strecke bringt, während auch mancher zivile Verkehrsteilnehmer im Graben landet. Ebenfalls sehr stark: Die Durchsuchung einer Kampfkunstschule im Alleingang inklusive Entdeckung, bei der sich Fang und seine Kontrahenten mit allerhand Nahkampfwaffen wie Schwertern, Messern und Nun-Chakus gegenseitig beharken. Besagte Passage wirkt wie eine Art Vorläufer ähnlich gelagerter Actionszenen in Filmen wie „Best of the Best 4“. Härte ist nicht nur durch einige graphische Finishing Moves, sondern auch durch eine Kaltschnäuzigkeit gegeben, etwa wenn Fang einen mörderischen Henchmen genüsslich verbrennen lässt. Dass Fang aus dem Oberschurken dann am Ende ein Geständnis herauspressen möchte anstatt ihn einfach direkt umzulegen, passt nur so halb ins Bild, wird durch die Kompromisslosigkeit bei der Wahl der Mittel aber ausgeglichen. Schießprügel kommen in den Actionszenen kaum vor und wenn, dann werden sie schnell aus der Hand geschlagen, damit die Keilerei losgehen kann. Zu den schwächeren Actionszenen gehört ausgerechnet der etwas klein skalierte Showdown: Nach zwei, drei ausgeschalteten Wachen und etwas Fassadenkletterei steht Fang schon vor dem Obermotz, der im Zweikampf auch schneller die Segel streicht als manch anderer Gegner. Choreographie und Inszenierung der Actionszenen sind etwas grobschlächtiger und weniger flüssig als in manchem Konkurrenzprodukt, überzeugen aber trotzdem unterm Strich. Die Stunts sind hübsch anzusehen und wurden vom Hauptdarsteller oft selbst ausgeführt (darunter mehrere Kletterpartien an Gebäuden).
Wang Yu als besagter Hauptdarsteller drehte einigen Quellen zufolge nicht nur einige Szenen des Films als Regisseur ab, sondern bekam sich auch gelegentlich mit dem eigentlichen Filmemacher Trenchard-Smith in die Wolle. Vor der Kamera überzeugt er mit Action- und Stuntqualitäten, als Lead ist er solide, gerade in der Kapazität als Prügelbulle, während man ihm den Frauenhelden weniger abkauft. George Lazenby kommt in den Kampfszenen überraschend überzeugend rüber und wirkt nicht nur aufgrund seiner Körpergröße wie ein würdiger Gegner. Außerdem hat er sichtlich Spaß an der elanvoll gespielten Schurkennummer, bei der er den Helden gern herausfordert oder mit seiner Freundin Wilhelm Tell zur Belustigung von Partygästen spielt. Ansonsten sammelt vor allem Hugh Keays-Byrne als unkonventioneller Bulle Punkte, Roger Ward und Rosalind Speirs sind in größeren Rollen okay, aber mehr auch nicht, und der Rest vom Fest kaum der Rede wert. Auch Sammo Hung, Grant Page und Peter Armstrong haben zwar nominelle größere Rollen als Handlanger Wiltons vor der Kamera, de facto sind dies aber nur Erweiterungen ihrer eigentlichen Kompetenzen als Fight Choreographer und Stunt Coordinator am Set.

„Der Mann von Hongkong“ – dessen Titeleindeutschung als „Der Mann aus Hongkong“ wohl grammatikalisch korrekter gewesen wäre – ist kein sonderlich filigraner Actionfilm, überzeugt aber mit vielen, teilweise ausladenden Verfolgungsjagden, Fights und Stunts. Die Standardstory wird ohne allzu große Längen abgespult, das Casting der Hauptrollen stimmt und die Inszenierung ist auf gutem B-Niveau, da ist für zünftigen Bahnhofskinospaß mit ein paar Schwächen gesorgt.

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