Mexiko: Der Straßenkünstler Victor hört, seit er als Kind von seiner strenggläubigen Mutter verkorkst und von dem katholischen Priester José sexuell missbraucht wurde, immer wieder Stimmen, die ihm befehlen, junge Frauen zu ermorden. Elf tote Mädchen hat es bereits gegeben und da Victor, der von der Presse den Spitznamen "Kreuzmörder" erhalten hat, weil er die Leichen seiner Opfer auf dem Rücken mit einem ebensolchen verziert, an den Tatorten keine Spuren hinterlässt, tappt die Polizei weiterhin mit ihren Ermittlungen im Dunkeln. Als er die junge Gabriella kennenlernt und sich in sie verliebt, soll diese eigentlich Opfer #12 werden, doch stattdessen dämmert es dem schwer gestörten Victor, dass sein Treiben ja wohl irgendwie doch nicht ganz normal ist. So lässt er Gabriella frei und kehrt stattdessen in sein kleines Heimatdorf zurück, um sich endgültig von seinen Dämonen zu befreien... Der Blick auf das Cover lässt auf einen düsteren Serienkillerfilm à la David Finchers "Sieben" hoffen, doch so leicht hat es Regisseur und Drehbuchautor Rafael Lara sich (und seinem Publikum) nicht gemacht, denn das eigentliche Vorbild seines Streifens ist ein ganz anderes: Der Psychopath als Triebfeder der Handlung, Fokus des Zuschauer-Interesses und damit irgendwie auch als Sympathieträger... das alles kennen wir so oder so ähnlich schon aus William Lustigs Sicko-Klassiker "Maniac", von dem "Der Kreuzmörder" glatt schon als so etwas wie ein (in den splatterigen Details entschärftes und gemäß der Mentalität des Entstehungs-Landes mit religiösen Inhalten versetztes) mexikanisches Pendant durchgehen könnte. Das Ganze verlangt somit vom Betrachter einen völlig anderen Zugang zur Geschichte als den über "spannende" Polizei-Ermittlungen, rasante Hetz- und Verfolgungsjagden oder bizarre Mord-Tableaus, doch ist dieser Schritt erst einmal getan, so offenbart sich ein in seiner Gesamtheit nicht minder verstörendes Film-Erlebnis. Nun ja, solche Psycho-Studien hatten im Genre ja auch schon immer ihren Platz, und so macht sich "Der Kreuzmörder" demnach auch ganz gut in der Gesellschaft des besagten "Maniac" oder anderer Nachzieher vom Schlage eines "Todesschrei am Telefon" oder "Velvet Dreams - Wenn Träume tödlich enden". Von Vorteil ist dabei natürlich, dass Lara mit Guillermo Iván einen Hauptdarsteller zur Verfügung hat, der es tatsächlich fertigbringt, die innere Zerrissenheit seiner Figur glaubwürdig zu vermitteln... und der eben darum oftmals auch ambivalente Gefühle für den "perversen" Frauenmörder Victor (der seine Opfer nach der Tat übrigens auch noch vergewaltigt!) weckt. Aufgrund seiner nuancierten Performance ist man ergo auch eher bereit, die Titelfigur nicht einfach nur als krank oder abartig zu verdammen, sondern in ihr selbst auch eine Art Opfer zu sehen, dem durch die sexuellen Misshandlungen durch den Priester sowie den religiösen Wahn der Mutter der Weg in den ganz persönlichen Wahnsinn geebnet wurde. Somit fällt es auch wesentlich leichter, die stellenweise etwas dick aufgetragene Botschaft zu akzeptieren, die Lara mit seinem "Der Kreuzmörder" in erster Linie vermitteln möchte und schlussendlich ist man dann auch nicht wirklich überrascht, dass es den Machern hier nicht auf breit ausgewalzte Sadismen oder eben vordergründige Spannungsmache angekommen ist. Was es an blutigen Mord-Details (teilweise sexuell konnotiert) doch noch auf den Bildschirm geschafft hat, ist für sich betrachtet okay, doch insgesamt wurde hier dankenswerterweise Zurückhaltung geübt. So muss/darf man sich ergo mehr auf die recht guten Darsteller sowie die alles in allem solide Machart im Stil gängiger US-B-Movies konzentrieren. Formal gibt sich "Der Kreuzmörder" übrigens durch die Bank international konkurrenzfähig und dürfte neben der gesellschaftskritischen Kannibalade "Wir sind was wir sind" sicherlich auch einer der beachtenswertesten Beiträge der New Wave des mexikanischen Genre-Kinos sein, der wieder mal mit Nachdruck klarstellt, dass die Zeiten von René Cardona Jr., Hugo Stiglitz und El Santo und seinen Ringer-Kollegen nun wohl endgültig passé sind...
6/10