Lars von Triers neuestes Werk "Antichrist" ist ein Brett von einem Film. Abseits des sterilen Hollywood-Mainstream schuf der exzentrische Filmemacher aus Dänemark ("Dogville", "Idioten") hier einen nur schwer verdaulichen, zugleich ruhigen wie grausamen Psychothriller um ein Ehepaar mittleren Alters, welches nach dem Tod des gemeinsamen Kindes in der Abgeschiedenheit der Wildnis wieder zueinander finden möchte. Doch was als erfolgversprechende Therapie beginnt, endet in einem perversen Alptraum von (HC)Sex, abartiger Gewalt und grotesken Wahnvorstellungen.
Mittel, den schleichenden Irrsinn adäquat auf die Leinwand zu bringen, hat von Trier jedenfalls gefunden. Der in stimmige Kapitel eingeteilte "Antichrist" punktet durch eine wunderbar stilvolle, individuelle Inszenierung, die klar die Handschrift ihrers Schöpfers erkennen lässt. Düstere, mitunter ins Surreale tendierende Natur-Bilder ergänzen sich mit atmosphärischen Klängen und zwei großartig aufspielenden Hauptdarstellern. Nennenswerte andere Figuren gibt es praktisch nicht, womit der Film praktisch ausschließlich von Willem Dafoe ("Der blutige Pfad Gottes") und Charlotte Gainsbourg ("21 Gramm") getragen wird.
"Antichrist" läd zum Versinken ein. Tempo und Spannung sollte man besser nicht im Übermaß erwarten. Hier stehen vielmehr die Charaktere im Mittelpunkt, die Faszination des Filmes speist sich aus dem faszinierenden Psychoduell der beiden überragenden Protagonisten - bis schließlich zum Finale hin apokalypseähnlich alle Dämme der Trauer, des Schmerzes und der Vernichtung brechen.
Fazit: Wer oder was hier der Antichrist ist, bleibt Interpretationssache. Seine Existenzberechtigung hat Lars von Triers filmgewordener Schlag in die Magengrube, der defintiv mehr Arbeit als Vergnügen darstellt, jedenfalls eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Vor allem das großartige schauspielerische Duell zwischen Willem Dafoe und Charlotte Gainsbourg sticht heraus - ob man alle finalen Gewaltszenen in dieser Deutlichkeit hätten zeigen müssen, bleibt dagegen dahingestellt...