"Der bizarrste aller Eastern", tönt Leo Moser in seinem Eastern Lexikon (Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag GmbH, 2001) auf Seite 124, und trifft damit den Nagel wohl auf den Kopf. The Crippled Masters ist ein haarsträubend krudes Unikat, quasi der Freaks der Kung-Fu-Filme, stehen im Zentrum des Geschehens doch zwei körperlich behinderte Männer.
Der in Taiwan produzierte Streifen ist noch keine Minute alt, und schon steht der unglückliche Kleinkriminelle Lee Ho (Sam Chung-Chuen aka Frankie Shum) ohne seine Hände da. Damit nicht genug beginnt für den Entarmten ein Leidensweg sondergleichen, wird er doch bei jeder Gelegenheit verspottet, gedemütigt und verprügelt. Einfachste Dinge, die zuvor selbstverständlich waren, sind nun kaum mehr zu bewerkstelligen. Allerdings erweist sich der Armlose als wahres Stehaufmännchen und lernt alsbald, mit seiner Behinderung umzugehen.
Beim Angeln trifft er auf seinen Leidensgenossen Tang (Thomas Hong Chiu-Ming aka Jackie Conn), dem man mit Säure seine Beine dermaßen verätzt hat, daß nur noch kümmerliche Füßchen übrig blieben. Lustigerweise handelt es sich bei dem Neuankömmling um den Mann, der Eingangs den Auftrag zu Lee Hos Armamputation gegeben hat, und so steht erst mal Rache auf dem Programm. Just als der Armlose seinen Vorsatz "I torture him to death" in die Tat umsetzen will, treffen die beiden auf einen alten Mann, der seine gar nicht so müden Knochen wie ein Schlangenmensch um seinen Körper schlingen kann und in einem Korb sitzt. Dieser unterbreitet den beiden Krüppeln das Angebot, sie zu trainieren, auf daß sie zusammen blutige Rache üben können. Und tatsächlich raufen sich die zwei zusammen...
Die beiden Protagonisten dieses Filmes wurden bereits behindert geboren. Bei Frankie Shum fehlt der rechte Arm komplett, während sich aus seiner linken Schulter immerhin ein kleiner, beweglicher Stummel gebildet hat, den er geschickt einzusetzen weis. Und bei Jackie Conn sind die kläglichen Beine nicht mehr als ein lästiges Anhängsel, da sie völlig unbrauchbar sind. Ob das Casting der beiden körperlich Behinderten in der Hauptrolle nun ein inspirierter Geniestreich oder doch übelste Ausbeutung der geschmacklosen Art ist, muß jeder für sich selbst entscheiden. Fakt ist jedoch, daß sich ohne diese verblüffende "Hauptattraktion" The Crippled Masters nicht von den durchschnittlichen und rasch wieder vergessenen Eastern unterscheiden würde, wie sie in den Siebzigern zuhauf entstanden sind.
Denn was die beiden Stars so drauf haben, läßt staunen. Sie kriechen und treten, hüpfen und schlagen, klettern und wirbeln herum, und Frankie Shum kann mit seinem Armstummel sogar die eine oder andere Waffe bedienen. Und daß die körperlich beeinträchtigten Männer im knochenbrechenden Showdown ihrem skrupellosen Kontrahenten, der ihnen so übel mitgespielt hat, ordentlich die häßliche Narbenfresse polieren werden, dafür braucht man keinen Propheten. Die faszinierenden Fights, in deren Choreographie die jeweiligen Behinderungen gut integriert sind, machen aus diesem an und für sich öden Streifen etwas Spektakuläres und Besonderes, einfach, weil man so etwas nicht alle Tage zu sehen bekommt. Filmtechnisch ist The Crippled Masters kaum der Rede wert. Der Schnitt ist holprig, die Kamera bestenfalls zweckmäßig, die Schauspieler miserabel, und eine interessante Geschichte sucht man in diesem billigen Streifen ebenso vergebens wie Spannung, Dramatik oder gar Figurencharakterisierung.
Immerhin ist die Musikuntermalung in Ordnung, es gibt ein Bruce Lee-Lookalike zu sehen (in Italien heißt der Streifen Il colpo maestro di Bruce Lee!), und die englische Synchronisation beschert uns außerdem einige schöne Sprüche. So meint ein Arbeiter zu einigen Halbstarken, die ihn drangsalieren: "My God, why don't the bad guys die first in this world? Then life would be so much easier for all the rest of the good people!" Und der Bösewicht Master Lin (Li Ching-Chien), der einen Eisenbuckel mit sich herumschleppt, sagt zu einem hartnäckigen Gegner: "Well, you don't seem to like living very much." Der Film ist nicht ohne Humor (in Kombination mit der Synchro ergibt sich manchmal sogar eine schräge Camp-Qualität), aber meistens ist der Ton doch recht grimmig und erstaunlich grausam.
The Crippled Masters mag ein kleiner, mieser Drecksfilm sein, über den man am besten den Mantel des Schweigens hüllen sollte. Aber gleichzeitig ist man auch schwer beeindruckt, dafür sorgen Frankie Shum und Jackie Conn, die mit ihren akrobatischen Einlagen und ihren famosen Kampfszenen eine sensationelle Show abziehen. Zum Abschluß möchte ich nochmals Leo Moser via Eastern Lexikon zu Wort kommen lassen, der auf Seite 125 schreibt: "Ein Klassiker des Abnormen, den man nicht so leicht vergisst." Dem kann und will ich nicht widersprechen.