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Es gehört schon eine gehörige Portion Mumm dazu, einen Film wie „Inglorious Basterds“ auf die Leinwand zu bringen – doch Tarantino hat mit jedem Film aufs Neue bewiesen, das er nichts beweisen muss und sich schon gar nicht einer Erwartungshaltung des Publikums anbiedert. Wieder wird Skeptikern kaum etwas übrig bleiben als die Waffen zu strecken, dem neuen Film des gefeierten Kultstars Respekt zu zollen und anzuerkennen, das hier jemand am Werk ist, der Kino als Handwerk sowie als Leidenschaft vollends verstanden zu haben scheint. Nur so lässt sich erklären, mit welcher Virtuosität jede einzelne Szene inszeniert ist und wie leicht dem Regisseur dies von der Hand zu gehen scheint. Kein Zweifel, nur bei den ganz Großen kann es so einfach aussehen.

„Inglorious Basterds“ bringt nicht nur die Kaltschnäuzigkeit mit, die Nazi-Schergen als Pulp-Bösewichte zu zeichnen und das geschichtlich so sensible Thema der Judenverfolgung im Dritten Reich bewusst im Sinne zynischer Unterhaltung auszuschlachten. Das Trivial-Epos erdreistet sich darüber hinaus, ganz ohne Gewissensbisse, die Geschichte signifikant umzuschreiben und sowohl Hitler als auch Goebbels mitsamt der restlichen Nazi-Prominenz im Kugelhagel sterben zu lassen. Dieses revisionistische Detail wird mit souveräner Selbstverständlichkeit vollzogen und hebt die Künstlichkeit der Groschenroman-Story explizit hervor, die sich lose am italienischen Exploitation-Kultfilm „Ein Haufen verwegener Hunde“ mit Fred Williamson orientiert.

Nur jemand wie Tarantino kann es sich wohl erlauben, einen derartig aus dem Kontext gehobenen Film zu erzählen, der sich rein kinematografisch definiert und sich vehement jeder ideologiekritischen Leseart verwehrt. „Inglorious Basterds“ will nicht zu Tode analysiert und interpretiert, sondern als audiovisueller Rausch genossen werden, als Trip in das eskapistische Wunderland des Kinos. Hier ist es dann auch möglich, Goebbels als psychisch labilen Lustmolch darzustellen und Hitler als einfach gestrickten Machtmenschen, der sich selbstverliebt porträtieren lässt mit der Reichsflagge als Umhang. In der betreffenden Szene ähnelt Hitler einem ins Gegenteil verkehrten Trash-Superman des Nationalsozialismus, inklusive buntem Cape – doch dieser geifernde, hässliche alte Mann zeigt keine Spur von heroischer Größe sondern ist reine Karikatur.

Auch wenn sich Hitler von allen Figuren der Geschichte wohl am besten eignet für Spott und Parodie, geht Tarantinos Ansatz noch einen entscheidenden Schritt weiter: Wenn der Führer und sein Propagandaminister zum Schluss gut sichtbar in Fetzen geschossen werden, dann nimmt ihnen die perfide Inszenierung jede verbliebene Menschlichkeit und jeden Respekt vor ihrem Tod. Sie werden vereinnahmt vom Exploitation-Kino, das bei Tarantino selbstredend eine besondere artifizielle Note erhält und mit oft zitierten Vorbildern des Regisseurs wenig gemein haben. Dennoch ist jede Bildkomposition ein Kniefall vor Sergio Leone, vor dessen epochalen Western sich Tarantino schon seit „Kill Bill Vol. 2“ aber keineswegs mehr verstecken muss. Unverhohlen zitiert der Film auch ausgiebig die faschistische Ästhetik der Propaganda-Werke von Leni Riefenstahl, doch durch die absolute Entbindung des Geschehens von der verbürgten Geschichtsschreibung nimmt sich Tarantino ganz frech jede künstlerische Freiheit, ohne politische Korrektheit berücksichtigen zu müssen.

Einmal mehr erweist sich der Kultregisseur als Meister der Montage und der feinsinnig geschriebenen Dialoge, deren Lakonie immer noch wie aus dem Ärmel geschüttelt wirkt, die sich inhaltlich aber enorm weiter entwickelt haben. Das gleiche gilt für die sichere Hand bei der Typ-Besetzung jeder noch so kleinen Rolle – selbst Til Schweiger, Mike Myers oder Eli Roth fügen sich trotz ihrer limitierten Fähigkeiten nahtlos in das eindrucksvolle Ensemble. Eine besonders intensive Leistung zeigt der in Cannes mit dem Darstellerpreis prämierte Christoph Waltz, der als verschlagener und hoch intelligenter „Judenjäger“ eine Figur von ausgeprägter seelischer Abartigkeit schillernd und charismatisch-anziehend anlegt. Auch August Diehl und die betörend schöne Französin Mélanie Laurent können sich zusätzlich hervor tun, was aber nicht die Gesamtleistung des Ensembles schmälern soll.

Jede Geste, jede mimische Regung, jede noch so unscheinbare Nuance wird von Tarantino versiert zu einem makellosen Meisterwerk verdichtet, das diesen inflationär verwendeten Begriff in vollem Umfang verdient. Denn nur ein Meister kann ein solches Werk schaffen – einen Film, der sich sein eigenes Paralleluniversum schafft, in dem das Kino alles möglich macht. Eine Was-wäre-wenn-Geschichte wird allerdings nicht erzählt, am Ende ist einfach alles machbar. So wie es im Kino eben sein sollte.

Von jeder moralischen Verpflichtung befreit und aller historischer Vorgaben entledigt, gelingt Tarantino ein Film, der nicht durch die Summe einzelner Qualitätsmerkmale ins Auge fällt sondern ein ästhetisch kohärentes Gesamtwerk darstellt, das mit einer seltenen Geschlossenheit und Dichte brilliert. Jedes weitere Wort wäre überflüssig, denn selten hat ein Film so allumfassend für sich selbst gesprochen...

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