Der 2009er Dokumentarfilm „Home“ (nicht zu verwechseln mit dem zeitnah gedrehten, gleichnamigen französischen Familiendrama) liefert ein Plädoyer für Umweltschutz und den massiven Ausbau erneuerbarer Energien, um den drohenden Klimawandel und die Zerstörung zahlreicher Biotope auf der Erde zu stoppen. Dazu schwelgt er in atemberaubenden Bildern rund um den Globus und intensiven Monologen eines Off-Erzählers, der die Schönheit der Welt ebenso feiert, wie er ihre Zerstörung durch den Menschen beklagt.
Technisch ist „Home“ ein wahrlich beeindruckendes Werk, das mit zahlreichen Drohnen- und Satellitenaufnahmen die Erde aus der Vogelperspektive in all ihren Variationen zeigt: eruptierende Vulkane, gigantische Tropenwälder, Tierherden, sturmgepeitschte Meere; im Kontrast dazu dann menschliche Errungenschaften und Bauwerke wie riesige Tierfarmen, Kohleminen, Mega-Citys und Wolkenkratzer. Die einzelnen Bilder, aus denen der Film zusammengesetzt wird, sind wahrhaft beeindruckend und können durch ihre Weitwinkelperspektive immer wieder ein Gefühl für die titanische Größe unseres Planeten verleihen, im Vergleich zu der wir einzelnen Menschen verschwindend geringe Objekte sind.
Auch die Texte des Erzählers sind darum bemüht, eine gewisse übermenschliche Größe zu schaffen: In mitunter pathetischen, aber wortstarken Beiträgen werden die gezeigten Bilder erläutert oder in einen bestimmten Kontext gesetzt – so dienen etwa die Vulkanausbrüche als Visualisierung der frühen Erdgeschichte, als der Planet noch eine glühende Gesteinsmasse war. Auf digitale Sequenzen zur geschichtlichen Erläuterung oder wissenschaftliche Interviewte wird hier konsequent verzichtet, vielmehr strebt „Home“ an, die Zuschauenden auf eine Reise rund um die Welt mitzunehmen, die sich aus Bildern und Informationen sowie teils gar poetischen Gedanken um unsere Existenz und unser Verhältnis zu den Lebensgrundlagen, von denen wir abhängig sind, dreht.
Das alles ist wie gesagt visuell spektakulär und inhaltlich ansprechend aufbereitet, kann aber in seinem Grundkonzept so manche Schwäche nicht ganz ausradieren. So bleibt die Menge an wirklich neuen Informationen für jeden halbwegs informierten Zuschauenden überaus begrenzt; auch dramaturgisch gerät „Home“ mitunter etwas ungelenk, wenn er mit einem erdgeschichtlichen Abriss beginnt, dann aber vom ersten Auftauchen der Menschen und der ersten Land- und Viehwirtschaft direkt zum Zeitalter des Erdöls und der Massentierhaltung springt – nach knapp 35 Filmminuten hat man von der Entstehung der Erde bis ins 21. Jahrhundert gewechselt. Auch werden, bedingt durch den gewaltigen Umfang der thematisierten Inhalte und die begrenzte Laufzeit des Films, viele Themenbereiche nur recht oberflächlich angesprochen, viele Informationen und Daten nur unkonkret formuliert und vieles übersprungen.
Hinzu kommt, dass die Inszenierung, so spektakulär und beeindruckend sie auch ausfällt, mit der Zeit reichlich eintönig wird: Fast alle Bilder funktionieren nach demselben Prinzip, einer Kamera, die von weit oben einen Bogen über das Abgebildete beschreibt, manchmal ein wenig hineinzoomt, aber immer ein gemächliches Tempo beibehält, damit sich die ganze Vielfalt des Bildes entfalten kann. Mit der Zeit schwächt diese immer gleiche Wiederholung die visuelle Kraft des Films doch ein wenig, ebenso wie die mitunter zu inhaltslosen und zu pathetischen Monologe. Auch bleibt es wohl Geschmackssache, wie belehrend man einen solchen Film finden möchte – das Plädoyer für eine drastische Veränderung der menschlichen Art, den Planeten zu plündern, fällt hier wirklich überdeutlich und enorm belehrend aus. Auch bleibt „Home“ bis kurz vor Schluss überaus pessimistisch, bevor er dann noch ganz schnell innerhalb von zehn Minuten abzählt, was doch schon alles an guten Entwicklungen begonnen hat – wenn das einen optimistischeren Ausgang für die Zuschauenden erzeugen soll, kommt das viel zu knapp, nachdem man so lange nur gehört hat, was alles katastrophal läuft.
Insgesamt besticht „Home“ durch seine grandiosen Bilder und den interessanten erzählerischen Ansatz, kann dann zwar dramaturgisch und inszenatorisch nicht immer das Beste aus seiner Grundidee herausholen, bleibt aber trotz Schwächen ein gelungenes Beispiel dafür, wie man wichtige Inhalte und kurzweilige Unterhaltung miteinander vereinen kann. Für sein Thema ist er auf jeden Fall ein packender, sehenswerter Beitrag.