„Wir waren Helden“ oder wie verlorene Kriege gewonnen werden
Krieg – ein ultimatives Thema. In der Literatur ebenso wie im Kino. Kaum ein bedeutender Regisseur, Autor oder Schauspieler der sich nicht an dieser wohl extremsten aller menschlichen Verhaltensweisen versucht hätte. Der dunklen Faszination des Themas erliegen Filmemacher wie Publikum immer wieder seit es das Kino gibt. Das Genre ist nicht totzukriegen. Die Spannbreite reicht dabei von der düsteren Germanenschlacht in dem ansonsten grottenschlechten „Gladiator“ bis hin zu genialen Farcen wie „Dr. Strangelove“ oder „Catch 22“.
Was aber ist die adäquate Form der Auseinandersetzung mit dem Grauen? Wie können die richtigen Bilder und Worte gefunden werden um das unbeschreibliche zu beschreiben? Auf diese Frage gibt es verschiedene Antworten in der Geschichte der Kriegsfilme. „Wir waren Helden“ hat jedoch keine gefunden. Zunächst zum einzigen Punkt den man diesem Film nicht vorhalten kann: Den bescheuerten Titel. Den hat sich der deutsche Verleih ausgedacht.
Gedreht nach dem Buch „We were soldiers once – and young“ von Harold G. Moore und Joseph L. Galloway ist dieser Film eine weitere Zusammenarbeit des „Braveheart“ Erfolgsteams Wallace/Gibson.
Der Plot ist einfach: Es geht um das erste größere Gefecht zwischen der US Armee und dem Viet- Cong sowie regulären Nordvietnamesischer Einheiten im Tal von Ia Drang im Herbst 1965. Gibson spielt Colonel Moore, den kommandierenden Offizier der 1. Schwadron der 7. (!!) Kavallerie. Er führt seine Männer in einen aussichtslos scheinenden Kampf gegen einen überlegenen Gegner. Seiner Tapferkeit und seinem taktischen Geschick ist es zu verdanken, dass die unabwendbar erscheinende Katastrophe sich doch noch in einen Sieg verwandelt. Schluss.
Sowenig dieser Film Antworten findet, sowenig stellt er Fragen. Er nimmt den Krieg und das massenweise Töten als gegeben hin. Moore und seine Männer tun was getan werden muss. Und sie tun es voller Überzeugung und man entblödet sich nicht, einen sterbenden Soldaten beteuern zu lassen, er sei stolz darauf für sein Vaterland sterben zu dürfen.
Politische oder gar moralische Probleme werden nicht thematisiert.
Gibsons Col. Moore denkt nicht in solchen Kategorien. Eigentlich denkt er garnicht. Er betet, schiesst und fordert Napalm an. Er ist der schlichte Soldat wie Ihn jede Armee braucht. Jederzeit bereit eine möglichst grosse Anzahl von Gegnern ins jenseits zu befördern und ihnen mitsamt seinen Männern dahin zu folgen. Und diese Bereitschaft wird festgehalten in teilweise grandiosen Bildern. Von beeindruckend fotografierten Totalen und atemberaubenden Helikopterszenen bis hin zum Close-Up auf die vom Napalm verbrannten Gliedmaßen eines Verwundeten ist „Wir waren Helden“ ist ein weiteres Beispiel dafür wie Hollywood handwerkliche perfekte aber in jeder Hinsicht uninspirierte Filme abliefert. Wo ist Coppolas dunkle Reise ins Ich aus „Apocalypse Now“, wo sind Ciminos gebrochene Charaktäre aus „Deer Hunter“? Was mit der meditativen und zweifelnden Auseinandersetzung mit dem Bösen aus „The Thin Red Line“? Wallace/Gibson wollen Ihre Zuschauer nicht fordern. Nichts soll von der einfachen Botschaft ablenken: „Leute, glaubt an Gott und tut eure Pflicht – so wie diese Männer. Vietnam wurde verloren weil wir zuwenige Col. Moores hatten.“ Auch die anderen Figuren sind simpel. Wo in Kubricks kaltem Drama „Full Metal Jacket“ mit dem Sgt. Hartman eine eindringliche Studie des inhumanen Systems „Militär“ gelingt, zeichnet „Wir waren Helden“ den dümmlichen Haudegen Sergant Major Plumley als Mutter der Kompanie. Eine Knallcharge wie sie so auch schon in diversen anderen Militärfilmchen zu sehen war. Statt des ironischen und desillusionierten Journalisten Adrian Cronauer aus „Good Morning Vietnam“ bekommen wir es hier mit einem heldenhaften Berichterstatter zu tun, der am Ende die Kamera mit dem Sturmgewehr eintauscht. Wer sich da an „Green Berets“ erinnert fühlt – dem 60er Jahre „Vietnam ist zu gewinnen“ Machwerk von und mit John Wayne – hat sicher nicht ganz unrecht. Aber Vietnam ist nicht mehr zu gewinnen. Genauso wenig wie Wallace' einfältige Piloten „Pearl Harbour“ nachträglich gewinnen konnten. „Wir waren Helden“ ist ein pyrotechnisches Großereignis. Eine bluttriefende Nicht-Geschichte und der weitere Tiefpunkt eines Genres, dass für Hollywood anscheinend verloren ist.