Review

Kriegsfilm aus den USA!
Allein bei dieser Aussage müßte es schon allen Filmfreunden kalt über den Rücken laufen, denn was immer sich die Vereinigten Staaten in letzten Jahren auf diesem Genre zusammenproduziert haben, ist bestenfalls belanglos (von dem höchst durchschnittlichen "James Ryan" mal abgesehen), schlimmstenfalls reaktionäre Post-11.September-Rotze!
Hier haben wir es aber mit einem ganz besonderen Scheißfilm zu tun, der auch noch Mel Gibson in der Titelrolle anzubieten hat. Fast schon Höchststrafe.

Zu den Details: jaja, ich weiß, US-Kriegsfilm ohne Patriotismus geht nicht. Sollte es zwar, tut es aber nicht. Schön, dann aber in Maßen. Das heißt nicht, in Maßkrügen. So kommt "Wir waren Helden" allerdings daher.
Zum Thema haben diese lustigen 138 Minuten (im Original) den ersten echten Kampfeinsatz anno 64 (oder 65) in Vietnam, knackig in den Krieg gezogen und dort den Arsch versohlt bekommen, zumindest anfangs. Wäre herbe gewesen, hätte man mal zugestanden, daß man in Vietnam nichts zu suchen gehabt hat. Tut der Film aber nicht. Kein Wort der Kritik, kaum ein Zweifel, nur ein wenig Trauer um die Gefallenen.

Moment, das wird noch schlimmer! Gehen wir mal chronologisch mit diesem Brechmittel vor:
Prolog: eine Gruppe französischer Soldaten wird aus dem Hinterhalt Kriegsopfer der Vietnamesen. Jaaaa, der Feind hat lange kein Gesicht und wenn, dann sehen alle gleich aus. Das ist recht brutal und gnadenlos gemacht und sagt uns deutlich: die Franzmänner können das nicht, laß doch mal Onkel Mel ran! Der ist zwar Australier, aber nur die Uniform zählt.

Onkel Mel kommt derweil in seinem neuen Stützpunkt an. Er hat eine liebe Frau, die auch nach fünf oder sechs Kindern immer noch verblüffend knackig ausschaut und das in der Prä-Jogging-Ära.
Gibson ist alles in einem: Soldat, Mann, Vater, Herrgott und bester Freund. Er trainiert seine harten Hunde und flößt Vertrauen für den kommenden Krieg ein. Helikopter heißt die Geheimwaffe, dicke Guns haben wir auch und die Rekruten sind wie immer zu jung. Scheiße auch!
Doch da ist kein Zweifel, der nicht mit Gottvertrauen auszuräumen wäre. Zwischendurch kniet sich Gibson erstmal zum Abendgebet ans Kinderbett, knuffelt dann seine Frau, bis er wieder Überlebens- und Moraltips im Trainingscamp geben darf.
Wer bis jetzt noch sein Essen drinbehält, folgt uns dann vielleicht zur Kleintochterfrage, vor der wir uns die ganze Zeit gefürchtet haben: Was ist Krieg, Papi?
Ich kann richtiggehend hören, wie Madeline Stowe (die Mami) diese Frage am Nachmittag auf ihren Gatten geschoben hat und der zieht die Stirn in Falten und kommt uns glatt mit der Entschuldigung Nr.0-8-15!
Kind, Krieg ist eine Sache, die es nicht geben dürfte, aber einer muß sie ja machen. Wenn schon, dann schnell. Wenn schnell, dann ich, weil man ja eingreifen muß, wenn eine Seite unberechtigt was von der anderen will.
Während ich mit Würgreflexen kämpfe, kommt mir die Idee, ob sämtliche CIA-Mitarbeiter, die sich in diesen Film verirrt hatten, hier wohl Standing Ovations gegeben haben.

Aber diese Tortur geht noch weiter: Gibson räumt alle Zweifel vor dem Feinde aus, denn wer nicht schneller ist, ist länger tot. Wie im übrigen alles Militärische kennen wir das viel besser aus "Full Metal Jacket"!
Zum Aufheitern (oder Weinen, ganz wie es beliebt) dann mal ein Intermezzo: Frauenrunde! Kaffeeklatsch! Strickfaktor 10! Wir opfern 25 Filmsekunden für Hautfarbenungerechtigkeiten, die es in der Armee oder zumindest im Motiv des Kampfes fürs Vaterland natürlich nicht gibt! Dann platzt eine Fruchtblase und der Ernstfall tritt ein (schlaues Kind!).

Nach gut 40 Minuten (ächz!) naht das Abschiedsfest. Düstere Wolken ziehen auf, einer mahnt: die sehen wir nicht alle wieder! Und erstmalig kommen Gibson so richtig dolle Zweifel. 12000 Meilen ist dieses Vietnam weg, wenn das mal nicht in die Hose geht.
Aber anderntags hält er eine feurige Rede in Schlachtmontur, gut aufpoliert: ich bin der erste, der aufs Schlachtfeld geht und der letzte, der es wieder verläßt. Leute, das wars, die Pizza will wieder raus!

Immerhin: wenn sie dann endlich in Vietnam angekommen sind, geht's schnellstmöglichst zur Sache. Auf ins Gefecht, nur der Hügel zählt, mögen wir auch noch so viele Opfer haben. Und die fiesen Schlitzaugen, die ihr Hauptquartier fieserweise auch noch UNTERirdisch haben (kapiert, Leute?), schlagen aus dem Hinterhalt zu, bis Blut kommt. Und es kommt reichlich.
Schön, ich gebe zu, die Kriegsaction hat so ihre Qualitäten, da summt und knallt und spritzt es nach Herzenslust und unsere Helden haben einen schweren Stand. Aber unter Druck ist Mad Mel ja immer am besten. Wer also mit glänzenden Augen vor "Pearl Harbor" gesessen hat (aus welchen Gründen auch immer), der ist hier ebenso richtig.

Ich könnte mich allerdings besser amüsieren, wenn es jetzt nicht sülzig bis lächerlich werden würde. Der hoffnungsvolle Authoritätsträger stirbt als Erster, der Zweite murmelt noch "Sagt meiner Frau..." Der Rest entgeht mir, weil ich von sowas Kopfschmerzen bekomme.
Der nächste Migräneschub folgt sofort, denn während die wackeren GI's sogar liegend vor dem Fangschuß nicht sicher sind, steht Onkel Mel stets aufrecht im Dauerfeuer, weil er ja Vorbild sein muß. Und freundlicherweise rennen die Vietnamesen wie die hohlsten Buschmänner in Massen wildfeuernd aus dem Geäst auf die Amis zu, nach dem Prinzip: es gibt ja genug davon, hobeln wir sie weg.

Während also die Jungen reifen und die Alten Schiß kriegen, erleben wir den Daheimhorror der Damenwelt, wenn per Taxi die Todesnachrichten gebracht werden. Klaro, Mels Schöne übernimmt den Job und ist fortan 16 Stunden pro Tag mit Briefaustragen beschäftigt. Für einen Moment erwische ich mich mit einem beklommenen Gefühl, als uns die angsterfüllten Frauenaugen gleich vierfach entgegenstarren, doch da kommt auch schon als Überblendung eine wehende US-Flagge mit dazu und was immer jetzt kommt, habe ich mindestens gestern gegessen.

Da delektiert man sich fortan noch an Mini-Inserts von den Vietnamesen, von denen einer (immerhin) sogar im Vorspann dabei ist, dessen Ratschläge aber nicht recht in die Tat umgesetzt werden können, weil er ja im Bunker hockt und Gibson nicht. Dann wird noch auf einen überhitzten Granatwerfer gepißt und Barry Pepper müht sich als in die Kampfzone geratener Kriegsberichterstatter um seinen Hals, was uns etwas freundlicher stimmt.

Wir nähern uns dem Ende. Per "Broken Arrow" wird der Napalmeinsatz befohlen und 1000 Schlitzies gegrillt, aber als zwei Deppen der US-Armee sich die Fresse verbrennen, weil sie vorneweg gerannt sind, wird das in allen Einzelheiten gezeigt. Schon erschreckend, aber bei Vietnamesen hätte es mich noch mehr erschreckt.
Schnell noch der Kenn-One-Liner des Films : "Sir, Custer was a pussy!" und dann befehlen wir im Morgengrauen den Sturmangriff. Hilfe, die Amis kommen! Da kann natürlich kein Vietcong gegenhalten und so fallen sie zu Hunderten, weil sie immer noch planlos jodelnd aus dem Gebüsch gerannt kommen. Aus dem Off garniert Gibson dann markig einen mürben Schlußkommentar samt angefetzter US-Flagge, wobei nur noch fehlt, wie er der Family in die Arme sinkt.

Fazit: Schlimm! Ganz schlimm!
"Wir waren Helden" gibt zwar vor, in die Richtung Antikriegsfilm zu tendieren, wiederholt aber nur sämtliche reaktionären US-Überlegenheits-Klischees, die man seit dem Tod John Waynes endlich ausgestorben geglaubt hatte, von den glücklichen Familien über Sterben fürs Vaterland bis zu gesichtslosen Gegnern. Für Actionfreunde gemacht, ist der Film moralisch Dreck, vordergründig bibelfest und damit extrem heuchlerisch. Und bedenklich dazu, da er auf einer Buchvorlage basiert. Eine Beleidigung für denkende Menschen, selbst wenn sie sich nur unterhalten wollen. (2/10)

Details
Ähnliche Filme