Hinweis: Dieses Review bezieht sich auf die amerikanische Fassung
Ein Satz zu Beginn der meinen Gesamteindruck von WE WERE SOLDIERS völlig wiederspiegelt: Dieser Film ist die Hölle! Und diesmal meine ich es im positivsten Sinne (wenn man es so nennen mag).
Ich war zuerst nicht darauf eingestellt was mich da erwartete. Ich dachte ich sehe einen weiteren 08:15 "Soldat James Ryan" Verschnitt, aber nun sitze ich hier, immer noch leicht verstört und bin um einiges schlauer. Die Wirkung des Films und einiger Szenen daraus wirkt auch jetzt noch sehr stark. Dieser Film ist ein schreckliches Erlebnis und das macht ihn zu einem Referenz-Titel in dem sonst im Pathos ersaufenden Hollywood-Schnickschnack.
Aber fangen wir vorne an:
Der Film ist, anders als ich erwartet hatte, sehr unkompliziert und gradlinig. Es gibt eigentlich nur einen einzigen Handlungsstrang (der Subplot ist eigentlich überflüssig und etwas zu klischeehaft, ist aber dennoch ganz 'nett').
Die Geschichte kommt bereits nach den ersten 20min richtig in Schwung... und denkt gar nicht daran bis zum Ende auch nur ein kleines bißchen abzuebben!
Die Story ist sehr sehr leicht nachvollziehbar, was den Einstieg in den Streifen sehr angenehm macht. Es wird kein allzu großer Wert auf die gesonderte Vorstellung und Vertiefung der Charaktere gelegt, eine Ausnahme bildet natürlich MEL - die Akteure werden vielmehr während der Schlacht eingeführt. Ohne vorher eine Stunde lang sich in das Privatleben der Männer hineinversetzen zu müssen, folgt man ihnen gleich in den Krieg, und hier beginnt man am Schicksal dieser armen Teufel teil zu haben. Und diese Masche funtioniert ganz gut. Natürlich unterliegt diese Charakterisierung derer in Filmen wie SOLDAT JAMES RYAN, die sich recht viele stille Moment nehmen um die 'Helden' der Geschichte besser vorzustellen. Aber WE WERE SOLDIERS handelt in erster Linie vom Krieg, von Schlachten und dem ganzen Wahnsinn innerhalb dieses Limbos, während andere Genre-Vertreter (wie der von Spielberg) mehr menschliche Geschichten und Dramen erzählen wollen, und somit auf eine stärkere Charakterisierungsphase angewisen sind.
Wenn das Platoon erstmal in Vietnam gelandet ist findet man auch als Zuschauer keine Ruhe mehr. Die Schlacht beginnt und zieht sich mehr oder weniger ununterbrochen bis kurz vor Ende des Films durch. Eine Ballerorgie findet statt, die man so selten gesehen hat. Ich weiß nicht genau wie lange es war, aber rund 20 Minuten lang wurde ohne Unterlaß die Hölle auf den Zuschauer losgelassen. Ohrenbetäubender Lärm, harte schnelle und verwirrende Schnitte mitten im Schlachten-Chaos, Bomben reißen mit riesigen Feuerbällen gigantische Schneisen in den Wald während auf beiden Seiten so unglaublich viele Soldaten vernichtet werden, daß man den Death-Toll des Filmes wahrscheinlich nur schätzen kann! Nicht selten ist es der Fall, daß in einer wenige Sekunden langen Szene eine MG-Salve durch die Büsche prescht, und mal eben 20 Soldaten einen dreckigen Tod sterben läßt.
Nach einiger Zeit sitzt man nur noch apathisch vor dem Film und sieht zu wie die schreckliche und sinnlose Vernichtung sovieler Menschen idyllische Felder mit Leichen übersäht. Die erste Schlacht scheint ewig zu dauern. Man hat den Eindruck, als wolle Regiesseur Wallace jeden Tod so authentisch wie möglich nachstellen, und bei dem gewaltigen Massaker was daraus entstand, halte ich das auch für durchaus möglich.
Die Gewalt geht mit jenem Kriegsrealismus an die Nieren, der auch Fans von Splatterfilmen schonmal ein ungläubiges Keuchen über die Lippen huschen lassen kann. Hier hat man als Actionfan keinen Spaß an Maskeneffekten und Kunstblut, hier schockt die Realität des Krieges zu sehr um sich unterhalten zu fühlen. Menschen sterben zu Massen in wenigen Minuten, Bomben wirblen zerfetzte Körper wie Spielzeug durch die Luft. Ein Marine liegt schwerstverletzt am Boden, seine linke Gesichtshälfte ist bis auf den Schädel niedergebrannt und verformt. Er schreit wie am Spieß und windet seine verkohlten Gliedmaßen im blutigen Staub. Ein Freund will ihn in den Hubschrauber legen, fasst an seine Beine um ihn hochzuheben, und schiebt dabei plötzlich das verkrustete Fleisch von dem blanken weißen Knochen seiner Beine, was durch ein noch erbärmlicheres Kreischen und Stöhnen des Opfers begleitet wird. Der Kopf dreht sich und wir sehen eine bizarre Maske aus rotem und schwarzem Fleisch, verkohlten Muskeln und weißlich schimmernen Knochen woh vorher die Stirn war - Auf solche Szenen sollte man vorbereitet sein, wenn man sich diesen Film ansehen möchte. Ich war's nicht, und diese Bilder haben wie ein Schlag in den Magen gewirkt.
Es gibt einige kurze Verschnaufpausen in denen entweder der Grundstein für das nächste Aufbäumen der Schlacht gelegt, oder der eher uninteressante Subplot mit Madeline Sowe weitergeführt wird. Danach steigt der Film wieder voll in den Krieg ein.
In der zweiten Hälfte der Schlacht ist es größtenteils nacht, doch andauernd wird die Umgebung von gleißenden Blitzen erhellt was die andauernde chaotische Atmo aufrecht erhält, auch wenn gerade im Sichbereich der Kamera nicht geschossen wird (was eher selten vorkommt).
Die Musik ist überraschend gut! Mal melancholisch, mal fast schon unheimlich bizarr und auf eine Art auch seicht und dezent, während in Zeitlupe wieder zig Menschen auf beiden Seiten dahingemetztelt werden.
Sicher ist das Score keines derer, die man sich auf Soundtrack-CD anhören möchte. Dazu liefert es nicht die 'Stand-alone' Kapazität, wie z.B. ein Zimmer oder Horner-Score. Diese Musik gehört zu den Bildern und da paßt sie perfekt hin.
Die Cinematographie ist ebenfalls umwerfend! Sehr professioneller Einsatz von Slomo und die Kamera-Führung versetzt den Zuschauer perfekt in die unwirkliche Kriegsumgebung.
Kamermann Dean Semler verstand es auf's Beste das Chaos bei Tage, umrahmt von der schönen Natur Vietnams, und auch nachts, durchflutet von Nebel und Explosionsblitzen in Szene zu setzen. Gefiel mir sehr gut!
Der Ton ist ebenfalls nicht mehr zu toppen. Schüsse, Explosionen, Querschläger überall. Dazu mischen sich unzählige Kampf- und Todesschreie während die oben erwähnte Musik dem ganzen Geschehnis einen äußerst beunruhigenden Zusatz-Schuß verabreicht.
Sehr oft kommt auch ein sehr stilisierter Ton zum Einsatz, in dem man z.B.nur das klinkern der Patronenhülsen, und die Rotorblätter eines Hubschraubers hört, während sich das Massaker in all seiner Dreckigkeit auf der Leinwand fortsetzt. Solche Szenen haben ein ungeheuer abgehobene Wirkung.
Die Effekte (gigantische Explosionen, üble Maskeneffekte, etc) sind fast allesamt sehr gut. Nicht perfekt, aber Digital Domain (die auch Dante'sPeak bearbeiteten) gilt halt nicht als Referenzfirma im CGI-Bereich. Dennoch, für WE WERE SOLDIERS wurde sehr gut gearbeitet.
Die schauspielerischen Leistungen sind nur sehr begrenzt zu beurteilen. Also Gibson wächst nicht gerade über sich hinaus, was aber nicht bedeutet, daß er schlecht schauspielert. Es ist nur leider so, daß die Charakterisierung der Personen in dem Film nicht sehr viel Platz bekam, was zwangsläufig eine etwas dezentere Leistung der Schauspieler zur Folge hat. Aber wie gesagt: das schadet dem Film nicht.
Madeline Stowe liefert ebenfalls die von ihr zu erwartende Performance (währe nur diese halbherzige Subplot nicht, in den sie gesetzt wurde).
Die meisten anderen Darsteller sind (zumindest vom Namen her) weitgehen unbekannt. Umso erstaunlicher ist es, was für eine gute Leistung sie an den Tag legen.
Sicherlich nichts Oscrarreifes dabei, aber man sah schon schlechtere Leistungen von Schauspielern. Und man sollte immer im Auge behalten: Der Hauptdarsteller in WE WERE SOLDIERS ist der Krieg!
Den ansonsten üblichen übermäßigen Pathos und den extremen Patriotismus findet man in WWS glücklicherweise nur sehr rar gesäht, obwohl es schon Szenen gibt in denen ein sterbender Soldat keucht "Ich bin froh für mein Vaterland sterben zu dürfen...!" Aber das hält sich wirklich in Grenzen. Und wenn man gegen Ende eine kleine US-Flagge auf einem Holzpfosten wehen sieht, daneben aber Soldaten gerade einen Haufen von vietnamesischen Leichen auftürmen, wirkt die Szene doch eher gedämpft und Stolz wird bei den Amis in solchen Szenen nicht unbedingt aufkommen.
Die Aussage ist nicht neu: Krieg ist immer schlecht, und Sieger gibt es in einem Krieg auch nicht. Die überlebenden Soldaten sind am Ende gebrochene Männer.
Erwähnenswert wäre noch, daß auch der 'Feind' fair in Szene gesetzt wird. Es wird nähmlich klargemacht, daß sich die Schicksale der US-Soldaten nicht sehr von denen ihrer Gegenspieler unterschieden. Auch die vietnamesischen Soldaten hatten Familien die trauern, Frauen die ihre Männer und Kinder die ihre Väter verloren. Ein guter Schritt den ich sehr begrüßenswert finde, denn diese Hollywood-Hetze wie wir sie aus SOLDAT JAMES RYAN von Spielberg und PEARL HARBOR von Bay kennen sollte nun wirklich langsam abgestellt werden.
Alles in allem muß ich sagen, daß WE WERE SOLDIERS ein Film ist, der mich aus den Socken gehauen hat (was auch daran liegen mag, daß ich eine völlig andere, sehr niedrige Erwartung hatte).
Ich habe im Bereich "Anti-Krieg" für mich jedenfalls einen neuen Referenz-Film gefunden. Denn wenn ein Film zeigt wie pervers, sinnlos und menschenverachtend Krieg sein kann, dann ist es dieser Film!
Steht bei mir gleich neben DER SCHMALE GRAT, der die ganze Sache ja eher poetischer angeht, aber letztenendes auch ein unterschätztes Meisterwerk ist.
Umso mehr verwundern mich die abgrundtief negativen Bewertungen deutscher TV- und Kino-Magazine, die an WWS kein gutes Haar lassen, Jahre zuvor jedoch Filme wie Der Soldat James Ryan in den Himmel gelobt haben, wobei es außer Frage steht, daß Ryan amerikanische Kriegs-Klischees propagiert wie schon lange kein moderner Film mehr zuvor.
Sicher ist WWS kein "intelligenter" Film (in mega-fetten Anführungszeichen!), wie DS.GRAT aber eine strunzdumme und gewaltverharmlosende Ballerorgie die im Ami-Militär-Pathos ersäuft (wie einige Zeitschriften es gerne darstellen) ist er definitiv auch nicht.
-- Unterm Strich:
Einfach und nicht zu komplex, dafür umso so schwerer im Magen liegend ist WE WERE SOLDIERS ein akkurates, bombastisches und sehr bedrückendes Potrait des Vietnamkrieges das seines Gleichen sucht.
Und da können wir die Minuspunkte wie die platte Storyline und den nicht vorhandenen Tiefgang sowie die manchmal(!) zu 'hollywoodisierte' Aufmachung zum größten Teil ignorieren..... man, muß Krieg scheiße sein!
8 von 10 Punkten
Hui, bin ich stolz! :-) Mein schickes Review war das Erste
(C) 2002