Mit der Ehe der jungen Jane (Edwige Fenech) steht es nicht zum besten: Durch die Unachtsamkeit ihres Mannes Richard (George Hilton) kam es zu einem schweren Autounfall, bei dem sie ihr ungeborenes Kind verlor. Seit diesem traumatischen Erlebnis wird sie von bizarren Alpträumen geplagt, in denen sie die Ermordung ihrer Mutter miterlebt und sich auch selbst als Mordopfer sieht. Um endlich ihr mentales Gleichgewicht wiederzuerlangen, sucht sie auf Anraten ihrer Schwester einen Psychiater auf, doch dessen Therapieversuche zeigen keine große Wirkung. Eines Tages begegnet der Killer aus ihren Träumen (Ivan Rassimov) ihr auch in der Realität; er beginnt sie zu verfolgen und versucht schließlich sogar sie umzubringen. Als sie eines Tages einer Nachbarin (Susan Scott) von ihren Problemen erzählt, schlägt diese ihr eine völlig andere "Therapie" vor, die ihr helfen soll, endlich hinter den Ursprung der Träume zu kommen: Sie führt Jane in den okkulten Zirkel McBains (Julian Ugarte) ein, einer dubiosen Satanistensekte, die in einem alten Schloß ihre geheimen Riten und Orgien zelebriert. Jane erlebt bei ihrem ersten Besuch eine schwarzen Messe und wird in den Zirkel aufgenommen. Doch schließlich muß sie bei einem Ritual ihre Nachbarin töten...
Der Originaltitel von Die Farben der Nacht lautet Tutti i colori del buio - zu deutsch: All die Farben der Dunkelheit - und es sind vorzugsweise die dunklen, verborgenen Facetten unserer Psyche, um die es in diesem 1972 in Italien entstandenem Film geht. Eine undurchdringliche, beklemmende Atmosphäre absoluter Paranoia durchzieht die Geschichte, in deren Verlauf die Grenzen zwischen Realität und Wahnvorstellungen für die Protagonistin wie auch für den Zuschauer immer mehr verschwimmen. Die vordergründigen Thriller- und Horrorelemente sind nur Mittel zum Zweck, denn ähnlich wie z. B. in Roman Polanskis Klassiker Rosemary's Baby steht auch hier der mental derangierte weibliche Hauptcharakter im eigentlichen Mittelpunkt.
Für lange Zeit ist es nicht sicher, ob Jane tatsächlich alles nur träumt, an hysterischen Wahnvorstellungen leidet oder tatsächlich einer tödlichen Bedrohung ausgeliefert ist. Selbst am Ende – nach einer "irdischen" Auflösung – bleibt ein unheimliches Element und Jane fürchtet weiterhin, zum Spielball überirdischer Mächte geworden zu sein.
Regisseur Sergio Martino verdiente sich seine ersten Sporen u. a. als Regieassistent von Mario Bava. Wie dieser und Dario Argento zählt auch er zu den Vätern des Giallo, jener italienischen Spielart des Thrillers, die psychologische Komponenten a la Hitchcock mit nicht gerade zimperlichen Sex- und Gewaltdarstellungen zu oft erstaunlich atmosphärischen Umsetzungen verband. So besticht auch Die Farben der Nacht durch eine raffinierte und vielseitige Kameraarbeit und ein Höchstmaß an Styling: Das sanfte Herbstlicht der Außenaufnahmen (die oftmals wie liebevoll arrangierte Stilleben aus Landschaft und Architektur wirken) steht im Kontrast zu effektvoll ausgeleuchteten Innenszenen (hier werden Erinnerungen an Bava und Argento wach) und surrealen Alptraumsequenzen, die sich ausnehmen wie eine LSD-inspirierte Sigmund Freud-Revue. Elegant musikalisch umrahmt wird das ganze von Bruno Nicolai, dessen Soundtrack stark an Ennio Morricone erinnert. Die Besetzung des Films schließlich liest sich für den Insider wie ein Who Is Who italienischer B-Pictures und vermag durchweg zu überzeugen, allen voran Giallo-Queen Edwige Fenech, die hier in einer ihrer allerbesten Rollen zu bewundern ist.