Eine Frau wird nach Schicksalsschlägen der Vergangenheit von Albträumen und Visionen geplagt. Da Pillen und Psychiater nicht wirklich helfen können, wird auf Anraten einer Freundin eine Sekte besucht, wodurch nach zwischenzeitlichem Kurzerfolg das Grauen in Form von Tod und Entsetzen seinen Lauf nimmt.
Als ich diesen Film vor einigen Jährchen das erste Mal sah, war die Zeit wohl noch nicht reif für den Genuss, denn besonders gefallen hat er mir damals nicht, was aber auch aus falschen Erwartungen resultieren mag, da dies nicht der Giallo im klassischen Sinne ist, als der er angepriesen wird, denn heiteres Mörderraten, der sich hinter Maske und schwarzen Handschuhen verbirgt, wird hier nicht zelebriert. Vielmehr schuf Sergio Martino mit "Die Farben der Nacht" einen mysteriösen Thriller voller Irrungen und Wirrungen eingehüllt in tollen Bildern und Tönen.
So fängt der Film mit der Albtraumszene der Frau an und schafft in dieser eine surrealen Stimmung, die sich im weiteren Verlauf des Öfteren einstellt, beispielsweise wenn der Herr mit den strahlend blauen Augen das Messerchen schwingt oder bei dem Ritual der Sekte. Gekonnt wird man in die Lage der Frau versetzt, denn wie diese kann man sich nie sicher sein, ob das Geschehen nun real oder doch nur Traum oder Vision ist. Am Ende wartet dann eine Auflösung, auf die man mit Sicherheit nicht kommen kann, da sie auch etwas an den Haaren herbeigezogen erscheint, aber keineswegs einen negativen Eindruck hinterlässt.
Sahnestück ist ganz klar die Optik des Films. So herrschen farbenprächtige Bilder voller Beleuchtungswechsel vor und die Kameraführung ist sehr verspielt und experimentierfreudig, so dass es auf dem Bildschirm ständig etwas zu entdecken gibt.
Hinzu kommt der geniale Sound von Bruno Nicolai, der mit dem Zusammenspiel aus Musik und hohen und dumpfen Tönen den Szenen den letzten Schliff verleiht und maßgeblich für die dichte Athmosphäre verantwortlich ist.
Blut wird sehr dezent eingesetzt und übermäßig gewalttätige Szenen sucht man vergebens, aber die hat der Film auch nicht nötig, denn die Bedrohung ist ohne Blutvergießen präsent.
Auf Seiten der Darsteller wird dem Genrefreund einiges an bekannten Namen geboten. So darf unter anderem Ivan "Mondo Cannibale" Rassimov den mysteriösen Blaukontaktlinsenträger spielen, George Hilton spielt den Freund der weiblichen Hauptfigur, die von keiner anderen als der stets liebreizenden Edwige Fenech verkörpert wird und neben ihrer umwerfenden Schönheit vor allem in ihren Angst- und Panikszenen glänzt, da sie diese besonders glaubhaft rüberbringt und das kann mir selbst die meiner Meinung nach unpassende deutsche Synchronstimme nicht madig machen.
Wenn man bei Sergio Martinos "Die Farben der Nacht" also keinen Giallo im klassischen Sinne erwartet, wird man nicht enttäuscht werden, vor allem nicht, wenn man bereit ist, sich von den stimmigen Bildern und der surrealen Athmosphäre gefangen nehmen zu lassen.